Читать книгу Wie aus dem Ei gepellt ... - Martina Meier - Страница 6
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Wir haben da ein Problem
Ostersonnabend
Das Telefon klingelt. „Ja, bitte, guten Tag.“
„Guten Tag Ihnen auch. Hier spricht der Osterhase.“
„Und hier spricht die Weihnachtsfrau, Ehefrau des Weihnachtsmannes, wenn Sie der Osterhase sind“, kicherte nun die Frau.
„Doch, doch, liebe Frau, Sie sind mit dem Osterhasen verbunden. Ich heiße Hans. Und wie heißen Sie, bitte?“, wollte jetzt der Osterhase wissen.
Die Frau wurde ernster. Ein wenig merkwürdig war der Anruf schon. Auf dem Telefon, wo sie sonst immer vor dem Annehmen des Gesprächs lesen konnte, wer sie anrief, erscheint diesmal nur Unbekannt. „Ich heiße Jule“, sagte sie.
„Dann sind Sie die Mutti von Juliane, stimmt’s?“
„Ja, das stimmt“, bestätigte sie.
„Es ist nämlich so“, begann jetzt Hase Hans am anderen Ende der Telefonleitung, „wir haben da ein Problem. Sie wissen wahrscheinlich, dass zum Osterfest viele, viele Osterhasen eingesetzt sind, die Ostergeschenke zu verstecken. Bei der großen Anzahl an Erwachsenen und Kindern kann das ein Hase allein nicht mehr schaffen. Und nun ist seit gestern Abend der Hase, der für Ihr Gebiet eingeteilt ist, er heißt übrigens Schlappohr, krank. Schlappohr hat tatsächlich schlapp gemacht, er hat sich sein Vorderpfötchen verknackst und kann morgen keine Eier verstecken. Wir haben leider keinen Ersatz für Schlappohr gefunden. Alle Osterhasen sind eingesetzt, keiner kann für ihn einspringen und seinen Dienst übernehmen. Aber: Weil er am Ostersonntag-Morgen nicht überallhin die Körbe mit den Ostereiern gleichzeitig schleppen könnte, hatte er gestern Abend schon die Geschenke, von allen Erdenbürgern unbemerkt, zu ihnen gebracht und an einer Stelle versteckt. Auf dem Heimweg ist ihm dann das Unglück passiert. Wenn ich Ihnen gleich sage, wo er die Eier untergebracht hat, könnten Sie dann morgen früh schnell vor dem Aufstehen von Juliane die Eier im Haus verstecken?“, bat der Osterhase Hans. „Ich rufe Sie dann auch am Ostermontag an und erkundige mich, ob es geklappt hat.“
„Ja, lieber Osterhase, das mache ich. Gute Besserung für Schlappohr! Und wo sind die Ostereier abgelegt?“, wollte Jule jetzt wissen.
„Vielen, vielen Dank. Die Ostereier liegen ...“
Knacks, knirsch. Aus. Die Telefonleitung war ruhig. Nur noch ein Freizeichen-tut-tut-tut war zu hören.
„Na, das ist ja herrlich, kann ja morgen früh lustig werden“, dachte sich Julianes Mutti und war jetzt auf den Ostersonntag ganz gespannt. Wo würde sie die Eier wohl finden?
Ostersonntag
Jule konnte in der Nacht zu Ostersonntag genauso schlecht schlafen wie ihre Tochter Juliane. Juliane, weil sie auf die Ostergeschenke vom Osterhasen gespannt war, und Jule, weil sie das Versteck des Osterhasen vor Tochter Juliane entdecken wollte. Sie musste doch die Eier überall erst verteilen. Das hatte sie dem Osterhasen am Telefon schließlich versprochen.
Also stand sie ganz früh auf. Sie schlich ins Wohnzimmer. Dort hob sie jedes Kissen an, klappte jede Schranktür auf, drehte alle beweglichen Teile um. Aber es war nichts zu finden. Sie ging in die Küche, den Flur, die Kammer. Aber auch hier: Nichts, rein gar nichts war zu finden. Nicht ein Osterei, geschweige denn ein ganzer Korb mit Ostereiern oder Geschenken für Juliane.
Jule wurde langsam ungeduldig, denn bestimmt würde ihre Tochter Juliane gleich wach werden und nach den Eiern suchen wollen. Und sie hatte selbst noch nicht ein Ei entdeckt.
Und da kam sie tatsächlich. Juliane kam im Schlafanzug aus ihrem Kinderzimmer. Sie tat dabei so, als wäre sie gerade aufgewacht und sei eigentlich noch ganz müde. Aber ihre Mutti erkannte schon, dass Juliane eine ganze Weile wach gewesen sein musste. Ihre Augen sahen gar nicht mehr so müde aus, wie sie tat.
„Mama, was suchst du denn? Ich kann dir doch helfen“, sagte sie.
„Ach weißt du, Juliane ...“ Weiter kam sie nicht.
„Du suchst bestimmt danach, ob dir der Osterhase etwas gebracht hat. Du bist bestimmt auch so gespannt wie ich“, fiel ihr Juliane ins Wort. „Ich helfe dir. Und wer das erste Osterei gefunden hat, der darf bestimmen, was wir heute machen.“ Und schon fing sie an, an den gleichen Stellen im Zimmer zu suchen, an denen ihre Mutti schon geschaut hatte. Aber sie fand ... nichts.
Um nicht den ganzen Ostersonntag im Schlafanzug mit Ostereiersuchen zu verbringen, berichtete Jule ihrer Tochter Juliane vom gestrigen Anruf des Osterhasen. Sie sagte ihr, dass der Hase Schlappohr ein krankes Beinchen habe und deshalb heute nicht kommen konnte, er aber am Freitag unbemerkt die Ostergeschenke schon gebracht habe. „Er hat sie hier bei uns irgendwo versteckt, aber als mir der Telefon-Hase sagen wollte, wohin die Eier gelegt wurden, war die Leitung abgebrochen“, berichtete Jule.
Und nun stehen sie da. Sie fanden einfach das Versteck nicht. Und sie konnten auch selbst nicht beim Osterhasen anrufen. Auf dem Telefon erschien ja keine Telefonnummer, nur Unbekannt.
„Jetzt bleibt nur noch, uns heute einen schönen Tag zu machen und auf morgen zu warten. Da will sich ja der Osterhase wieder melden und fragen, wie wir die Eier gefunden haben.“
Juliane nickte zwar zustimmend, aber ein wenig traurig war sie schon. „Ostern ohne Ostereier, na das ist ja eine schöne Pleite“, dachte sie. Sie schlug vor, am Nachmittag ins Kino zu gehen, da gab es einen lustigen Osterhasen-Zeichentrickfilm.
Ihre Mutti stimmte zu und dann machten sie sich beide ein tolles Frühstück. Jede aß ein bunt angemaltes Ei und ein frisches Toastbrot mit Butter und Marmelade. Und ein leckerer Joghurt schmeckten Jule und Juliane ebenfalls.
Ostermontag
Gleich nach dem Frühstück klingelte das Telefon. Unbekannt leuchtete auf dem Apparat. „Das kann nur der Osterhase sein“, dachte Jule. Sie meldete sich: „Hier ist Jule.“
„Und hier ist der Osterhase“, kam sofort die Antwort. „Darf ich fragen, ob Sie das Versteck gefunden haben?“
„Dürfen Sie, lieber Osterhase, gern fragen, aber die Antwort lautet: nein, nicht gefunden!“
Der Osterhase erschrak, er wurde ganz ruhig. „Na, das ist ja ein Ding. Nicht gefunden. Da wird ja auch Juliane ziemlich traurig gewesen sein.“
„Das können Sie wohl laut sagen. Juliane war nicht nur ziemlich traurig, sie war sehr traurig. Und nun raus mit der Sprache, wo hatte Schlappohr die Ostereier versteckt?“
Der Osterhase schluckte und holte tief Luft. Er traute sich nicht so recht, das Versteck zu nennen. „Also Schlappohr sagte mir nach seiner Rückkehr, dass er die Eier im ... Papiermüllkasten vor der Tür abgelegt hat. Da brauchte er ja nicht erst ins Haus. Und weil der Kasten nicht ganz voll war und oben noch Platz war, dachte er, das wäre ein gutes Versteck.“
„Nee, nee, ich fasse es nicht. Oben im Papiermüllkasten, weil da noch Platz war. Mannomann, Schlappohr. Bleib bitte noch am Telefon, Osterhase. Ich flitze schnell raus zum Kasten und schaue nach.“ Jule legte das Telefon ab und machte sich auf, um im Müllkasten zu schauen.
Keuchend kam sie wieder herein. „Da haben wir aber noch mal Glück im Unglück, mein lieber Osterhase. Draußen ist noch alles vorhanden. Morgen ist nämlich unser Papiermülleimer-Abholtag, da wäre alles mit in den Müllwagen geschüttet worden. Das wäre ja eine schöne Pleite. Nee, nee aber auch.“
Der Osterhase bat für das Tun seines Kollegen Schlappohr vielmals um Entschuldigung. Und er versprach, dass im nächsten Jahr alles wieder so ablaufen wird wie früher. Für heute wünsche er noch einen schönen Ostermontag. Jule und Juliane hatten – nach dem merkwürdigen Beginn – trotzdem schöne Ostertage. Und die beiden hatten etwas erlebt, was nicht jedem geschah. Das muss sie unbedingt Oma und Opa berichten.
Charlie Hagist wurde 1947 in Berlin-Steglitz geboren. Nach Grund- und Oberschule absolvierte er eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Während seiner Tätigkeit in der Personalabteilung des Hauses bildete er sich zusätzlich zum Personalfachkaufmann (IHK) weiter. Ehrenamtlich war er als Richter am Amtsgericht Berlin-Tiergarten, am Sozialgericht Berlin und danach am Landessozialgericht Berlin tätig. Charlie Hagist ist verheiratet, hat einen Sohn und lebt seit Beginn seines Vorruhestandes in Dallgow-Döberitz.