Читать книгу This is my China - Martina Schermer - Страница 13
At work
ОглавлениеNeben John, dem Manager meiner Teamkollegen, der mir bei der Wohnungssuche geholfen hat, gibt es noch eine Reihe weiterer Arbeitskollegen:
So etwa die erwähnte Joy, eine 25-jährige Shànghǎierin, die Katzen liebt und mich schon viel in der Stadt herumgeführt hat. Sie redet viel, viel Interessantes (ist ein schlaues Mädel!), aber halt extrem viel. Und auch wenn alles interessant ist, ist man doch nach einem Tag mit ihr ein bisschen erschöpft.
Connor, eigentlich Chinese, hat durch den häufigen Jobwechsel seiner Eltern mehr Zeit in den USA und in Saudi-Arabien verbracht als in China. Jetzt ist er seit eineinhalb Jahren zurück und auch erst seit vier Monaten in Shànghǎi. Connor und ich sind total auf einer Wellenlänge und gleich mal am letzten Freitagabend bis um 4 Uhr morgens durch Shànghǎis Clubs und Bars gezogen.
Brian, ebenfalls mein direkter Kollege. Er ist Taiwanese und bezeichnet sich selbst als „Ausländer“. Sein Heimweh gilt Kanada, wo er einen großen Teil seines Lebens verbracht hat.
Und da gibt es noch Cōng, ebenfalls mein direkter Kollege. Trocken, analytisch, pragmatisch. Und ebenso nett und hilfsbereit. Cōng (ausgesprochen „Tzong“) hilft mir durchs allgemeine Alltagschaos, begleitet mich zum Beispiel zur Bank oder zum Kamerakaufen. Letzteres findet eines Tages in der Mittagspause statt. Ich frage in die Runde der Kollegen, wo ich eine Kamera kaufen könne. Kurzerhand beschließen die Kollegen, dass wir uns in ein Taxi setzen und direkt zum Elektronikladen fahren. Ich will eigentlich nur mal einige Kameramodelle ansehen, Cōng handelt aber unverhofft einen so guten Preis für mein favorisiertes Modell aus, dass ich einfach zuschlagen muss. Ich habe kein Geld dabei, mit Karte zahlen kann man selbstverständlich nicht. „Macht nichts“, sagt der Verkäufer. Wir trommeln die Kollegen zusammen, die sich während des Verkaufsgespräches im Laden verteilt oder sich zum Dösen auf Stühle gesetzt haben. Der ganze Rattenschwanz an Kollegen und ich wandern samt Verkäufer in Richtung Geldautomat. Der befindet sich unten an der Hauptstraße. Ich hole Geld, während sich meine Kollegen angeregt mit dem Verkäufer unterhalten. Auf offener Straße übergebe ich den zentimeterdicken Packen Geld und bekomme im Gegenzug die Kamera in die Hände gedrückt. Wir steigen allesamt wieder ins Taxi und fahren zum Büro zurück.
Das Office selbst ist recht ansehnlich, nur mein Arbeitsplatz ist eher von der Kategorie Katzenplatz in der Gangzone. Aber das ist quasi frei gewählt, denn ich sitze lieber in der Nähe meines Teams als in dem mir eigentlich zugewiesenen Raum. (Nicht, dass Elvis kein toller Zimmernachbar und Mensch wäre, aber leider von einer anderen Abteilung ohne jegliche thematische Überschneidung.) Spektakulär ist der Ausblick aus dem Büro auf das schier unendliche Meer von Shànghǎis Hochhäusern. Und auch der Kuchen, den es jeden Freitag gibt. Kuchen, das ist für Chinesen etwas Unbekanntes, Exotisches, Heißbegehrtes. Somit ähneln die freitäglichen Szenen eher einer Raubtierfütterung. Nur Sekunden, nachdem die Einladungs-E-Mail an alle herausgeschickt wurde, ist die Küche gefüllt, und alle stürzen sich auf die sündhaft teuren Kuchen. Es ist Sitte im Büro, dass alle Kollegen, die befördert wurden, eine Runde Kuchen spendieren. Und die Firma wiederum lädt bei Geburtstagen ein. Insofern kann man sich wöchentlich durch Shànghǎis Auswahl an Konditoreiprodukten essen.