Читать книгу This is my China - Martina Schermer - Страница 19
Ānjí
ОглавлениеDas erste Ziel ist Ānjí in der Provinz Zhèjiāng, ca. dreieinhalb Stunden südlich von Shànghǎi. Joy, meine Kollegin, hat die Reise gebucht – eine schöne, chinesische Touristenfahrt. Außer uns im Bus reisen die klassisch chinesische Familie mit Kind und Schwiegereltern, Pärchen, Freundinnen oder der ledige Sohn um die 30 mit einer sehr besitzergreifenden Mutter. Alles in allem echt eine nette Truppe und ein schöner Schnitt durch die Gesellschaft.
Das Programm ist wunderbar auf zwei Tage abgestimmt und wirklich gut: Wir fahren mit einem Reisebus nach Ānjí in eine Gegend, die berühmt ist für ihre Bambuswirtschaft. Tatsächlich besteht die Vegetation fast ausschließlich aus Bambus. Und alle Gebäude, die den Weg säumen, sind holzverarbeitende oder Bambustee-Betriebe. Am ersten Tag sehen wir das größte Pumpspeicherkraftwerk Asiens namens Tiānhuāngpíng, ein Prestigeprojekt Chinas, und einen Bambuswald und baden den Rest des Nachmittags in heißen Quellen. Gut so, denn draußen regnet es wie aus Kübeln. Die heißen Quellenpools sind mit verschiedenen Aromen angereichert: Schokolade, Wein (ausschließlich von einer Horde Männer bevölkert), Jasmin, tibetisches Irgendwas bis hin zu Fischen, die die Hornhaut von den Füßen knabbern (nichts für kitzlige Gemüter, da Höllenqualen).
So weit, so gut. Unglücklicherweise gibt es da so ein paar Haken bei der Reise. Der erste ist: Joy hat ihren Geldbeutel vergessen. Das merken wir, als wir im Bus sitzen und Joy die restlichen Reisekosten für uns beide bezahlen soll. Ich habe Geld dabei, genau 322 Yuán (36 Euro), eigentlich mehr als genug, um in China auf mittelgroßem Fuß für einen so kurzen Zeitraum zu überleben. Die offene Rechnung beträgt allerdings 320 Yuán. Und somit haben wir genau 2 Yuán übrig – 22 Eurocent – für zwei Leute und zwei Tage.
Joys erster panischer Gedanke ist: „Wo um Gottes willen bekommen wir unser Abendessen her?“ Angesichts der Tatsache, dass wir an beiden Tagen ein reichhaltiges Mittagessen inklusive haben, mache ich mir da weniger Sorgen. Zudem hat Joy einen Süßigkeitenvorrat für geschätzte drei Wochen dabei. Die Süßigkeiten entpuppen sich letztendlich zwar unter anderem als getrockneter Fisch und Entenlebern aus der Tüte, aber satt werden wir. Ich steuere stolz meine mitgebrachte rohe Karotte der Essenskollektion bei. Joy ist entsetzt. Ich könne doch jetzt keine rohe Karotte essen! Ich: „Warum nicht?“ Ja, weil die nicht gegart oder gebraten sei. Nein, eine rohe Karotte – DAS könne sie nicht essen!
Somit verspeise ich Karotte, Kekse und Fisch und Joy Kekse sowie die gesamte Packung Entenlebern – 20 Stück.