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Hénán – ab in die tiefste chinesische Provinz

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Die zweite Reise ist von ganz anderer Natur. Shirley hat mich eingeladen, sie über die Feiertage zu ihrer Familie nach Xìnyáng in der Provinz Hénán zu begleiten.

Hénán wird von den Chinesen als provinzieller, rauer Nordwesten gesehen. Geografisch liegt es jedoch noch in der östlichen Mitte von China in einer Bergregion. Es ist die bevölkerungsreichste Provinz Chinas und gilt als Ursprung der chinesischen Kultur. Im Reiseführer waren auch zahlreiche Sehenswürdigkeiten eingezeichnet, alle entlang des Gelben Flusses – alle im Norden der Provinz.

Shirleys Heimatstadt Xìnyáng liegt weit im Süden der Provinz Hénán. Weit weg von jeglichen Sehenswürdigkeiten. Shirley warnt mich: „Dort gibt es nichts, GAR NICHTS!“ Nur Shirleys Familie. Und genau darum geht es mir.

Trotz seiner 7,9 Millionen Einwohner wirkt Xìnyáng eher wie eine mittelgroße Provinzmetropole. So ein bisschen wie das Ingolstadt von China.

Bemerkenswert ist, dass solch eine Millionenstadt ausschließlich mit dem Bummelzug zu erreichen ist. Die Fahrt dauert zwölf Stunden, das Ticket kostet dafür aber nur umgerechnet 27 Euro. Am Bahnhof in Shànghǎi warten mit uns an die tausend Leute in einem Wartesaal. Auf Kommando aus dem Lautsprecher drängeln sich dann alle Menschen, Kinder und Koffer durch eine klitzekleine Schleuse (mit Karten abzwickendem Schaffner), um zum Gleis zu gelangen.

Wir fahren über Nacht und schlafen in äußerst bequemen Schlafabteilen. An diesen Abteilen kann sich die Deutsche Bahn samt den deutschen Bahnfahrern wirklich ein Stück abschneiden. Wer noch ein Mal behauptet, in China sei alles eng und klein, dem spendiere ich ein Ticket mit dem Nachtzug nach Hénán. Die Betten sind weich, die Decken dick, warm und sauber, die Korridore breit und die Leute diszipliniert. Zudem gibt es bei den sanitären Anlagen einen Hahn für kostenloses heißes Trinkwasser für Suppe oder Tee. Zwischen den Abteilen ist zwar keinerlei Abtrennung, aber auch keine akustische Störung. Denn es sind einfach alle leise – sogar die nicht wenigen Kleinkinder. Um 10 Uhr nachts geht das Licht aus, und die Reisenden schlafen wie auf Knopfdruck.

Davor unterhält uns der Schaffner ein wenig. Zwei Stunden sitzt er auf Shirleys Bett, weil er einerseits Shirley so nett findet und zudem noch nie eine Europäerin gesehen hat. Ich beobachte das Gespräch zwischen ihm und Shirley aufmerksam. Auch wenn ich nichts verstehe, so ist es doch eine offensichtliche Situation: Der Schaffner scheint all seinen Mut zu sammeln, rutscht verlegen auf der Pritsche hin und her und suchte nach Worten. Schlägt die Augen auf und zu und traut sich nicht, Shirley anzusehen. Ich sage zu Shirley: „Er sah gerade so aus, als würde er Dir einen Antrag machen.“ Shirley lacht nur und meint: „Fast – er hat nach meiner Telefonnummer gefragt.“

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