Читать книгу This is my China - Martina Schermer - Страница 14
Ein kleiner Exkurs zur Mode
ОглавлениеIch frage mich täglich, woher die ganzen Shànghǎierinnen diese tollen Klamotten haben. Ich muss sagen, Respekt, so viele gutaussehende Frauen habe ich noch nirgendwo auf einem Haufen gesehen! (Mit den Männern ist es übrigens so wie überall, manche sehen gut aus, manche weniger, die meisten durchschnittlich.)
Das Gros der jungen Frauen sieht aus wie Topmodels und kleidet sich auch so: tolle Schuhe, tolle Kleider, tolle Haare. Es wird Wert auf perfektes Aussehen gelegt. Und die Auswahl ist ausgefallen. Das ist keine H&M-Kultur, in der alle zwar gut, aber mehr oder minder gleich aussehen. Es gibt vielmehr verschiedene Farben und Schnitte, jede hat ihren eigenen Stil. Und die Mode ist sehr feminin. Von Connor hab ich mir aber sagen lassen, das sei ein Shànghǎi-Phänomen.
Ich muss ja zugeben, dass ich anfänglich etwas irritiert war. Sehe an meinem ersten Tag eine gestylte Chinesin und denke aus meinem Stereotypendenken heraus: „Oh, eine Prostituierte”, sehe die nächste und denke: „Oh, wieder eine Prostituierte”. Bei der dritten werde ich stutzig. Es ist unwahrscheinlich, dass ich einem kompletten Straßenstrich in der Metrostation begegne. Das ist eben deren Art, sich zu kleiden. Ich habe daraufhin sehr schnell meine Wahrnehmung geändert. Was bei uns als aufreizend und unhaltbar angesehen wird, gilt in China lediglich als feminin. Und wenn man genau hinsieht, ist es das auch. Denn zwischen feminin und aufreizend oder billig gibt es eine große Spannbreite. Nur dass diese Grenzen in unserer westlichen Welt verschwommen sind und einer strengen, zum Teil recht unfemininen Etikette Platz gemacht haben. Im Kleinen Schwarzen und High Heels ins Büro kommen – in Deutschland sehe ich schon die Leute sich die Mäuler zerreißen – in China normal. Kompliment an die Kollegin, sie sehe heute wieder fantastisch aus. Was sie schließlich auch tut.
Noch habe ich nicht herausgefunden, woher die Frauen das Zeug haben, aber wenn ich es tue, dann geh ich mal groß shoppen! (Sofern mir nicht alles zu kurz und/oder zu klein ist.)
In einem Thema allerdings bin ich nicht so d’accord mit dem lokalen Modegeschmack: Und zwar ist es die Salonfähigkeit von Flip-Flops. Im Büro tragen die Leute ein schickes Kleid oder Kostüm – und dazu des Öfteren Flip-Flops. Aber so richtig schön mit Schaumstoffsohle und Plastikriemchen.
Oder letzte Woche das chinesische Brautpaar hier vorm Haus. Die rückten mit den großen Limousinen an. Das Brautpaar trug westlichen Stil, Anzug und aufwendiges, wahrscheinlich unendlich teures, weißes Kleid. Und als der Bräutigam die Braut hochhob, um sie auf seinen Händen ins Auto zu hieven, blitzten sie hervor: die weißen Plastik-Flip-Flops unterm Brautkleid.