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2.1.3 Die aktuelle Binnenmobilität der Schweizer Studierenden: einige Zahlen
ОглавлениеNach dieser Rückschau auf die Geschichte der Bildungsmobilität geht es im Folgenden darum, ein Bild der aktuellen Mobilität der Hochschulstudierenden innerhalb der Schweiz zu zeichnen. Dabei ist die Mobilität über Sprachgrenzen hinweg im Fokus. Es wird dargestellt, welche und wie viele Studierende1 ihre Sprachregion verlassen und anderswo ein Studium absolvieren2. Diese Übersicht ist vorwiegend deskriptiver Natur und stützt sich auf Zahlen des Schweizer Bundesamts für Statistik (BFS). Es ist zu beachten, dass die Erstsprachen der MaturandInnen nicht erfasst werden, sondern die Zahlen nur Aufschluss darüber geben, in welchem Kanton sie vor dem Erlangen ihrer Studienreife – also der Matura – wohnhaft waren. Daraus kann man zwar meist3 folgern, in welcher dominanten Sprache die SchülerInnen beschult wurden, jedoch nicht, ob z.B. in ihrem sozialen Netzwerk Anderssprachige vorkommen (u.a. solche, die der Sprache des gewählten Studienorts mächtig sind) oder ob sie erst kurz vor Studienbeginn in den Kanton, wo sie wohnen, gezogen sind. Haben sie ihren Wohnsitz in einem mehrsprachigen Kanton (z.B. im Kanton Bern), so wird nicht immer deutlich, welche Sprache an ihrem Gymnasium Erstsprache war. An manchen Orten wird auch die bilinguale Matura angeboten. Wird eine Universität als „zweisprachig“ (etwa Freiburg) bezeichnet, bedeutet dies, dass es im Kanton, wo sie sich befindet, zwei Amtssprachen gibt und auch an der Universität in diesen Sprachen gelehrt wird. Nicht jeder offizielle zweisprachige Kanton verfügt jedoch über eine zweisprachige Universität. An der Universität Bern (Im Kanton Bern gehören Deutsch und Französisch zu den offiziellen Amtssprachen.) wird dem Französischen nicht der amtliche Status beigemessen4.
Wie die Bezeichnung der Figure 1 bereits sagt, widerspiegelt die Abbildung die Verteilung der Hauptsprachen in den Kantonen. Diejenigen Sprachen, die nicht diesen Status geniessen bzw. zu „klein“ sind (wie etwa die Landessprache Rätoromanisch), sind unter „andere Sprachen“ zusammengefasst (vgl. Legende). Dies soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass unter diesem Sammelbegriff ein beachtlicher Teil der in der Schweiz gesprochenen Sprachen (und damit diejenigen, welche sie sprechen) anzusiedeln ist5.
Figure 1: Verteilung der Hauptsprachen in den Kantonen 2010
Trotz dieser Ungenauigkeiten ist eine solche nationale Übersicht sinnvoll. Sie soll dazu beitragen, die Mobilität der Studierenden aus dem italienischsprachigen Tessin – um die es in erster Linie geht – derjenigen von MaturandInnen aus anderen Kantonen bzw. Sprachregionen gegenüberzustellen. Die Darstellung soll Aufschluss über das aktuelle binnenschweizerische Mobilitätsverhalten geben, wobei unter „aktuell“ die drei vergangenen Jahrzehnte zu verstehen sind (1980 bis 2013). Diese Zeitspanne ermöglicht es, das gegenwärtige Mobilitätsverhalten der Studierenden zu erfassen, ohne die Gründungen der zwei jüngsten Universitäten (Universität Luzern 2000 gegründet, Università della Svizzera Italiana 1996 gegründet) zu unterschlagen. Zudem sind die Daten erst seit 1980 (und bis 2013) in dieser Form aufbereitet und verfügbar.
Um die Übersicht zu erleichtern, werden die Zahlen in den meisten Fällen in Prozentwerten ausgedrückt. An einzelnen Stellen – dort, wo für die Lesenden eine solche Angabe wichtig ist – sind die absoluten Werte genannt. Es muss vorausgeschickt werden, dass in der Schweiz im Vergleich mit den Nachbarländern die gymnasiale Maturitätsquote tief ist6. Diese hat sich jedoch in der Schweiz von 1980 bis 2013 verdoppelt. 1980 lag sie auf den Jahrgang bezogen bei 10,6 %. 2013 legte jede/r 5. junge Erwachsene eine gymnasiale Maturaprüfung ab (Stand 2013, BFS). Dabei unterscheidet sich die Situation in den Kantonen stark; so findet man im Kanton Glarus eine Quote von gut 10 % vor, während im Tessin und in Basel Stadt ca. 30 % der Jugendlichen die Maturareife erlangen (BFS, 2013). Diese Differenzen beruhen einerseits auf
traditionellen Bildungsmodellen, wonach in den Kantonen der Westschweiz eher der akademische Bildungsweg favorisiert wurde, während in der Deutschschweiz die Berufsbildung einen sehr hohen Stellenwert innehatte. Andererseits sind die weniger dicht besiedelten Kantone, z.B. [diejenigen] der Innerschweiz, eher von populations- bzw. migrationsbedingten Schwankungen betroffen, was die gymnasiale Maturitätsquote in diesen Kantonen von Jahr zu Jahr stark schwanken lässt. (BFS, 20137)8