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Italienischsprachiger Kanton Tessin

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Im Besonderen widmet sich die Arbeit Studierenden wie der eingangs erwähnten Stefania, also Studierenden aus der italienischsprachigen Region, die des Studiums wegen in die Deutschschweiz migrieren. Deshalb wird im Folgenden das Tessin etwas genauer beschrieben.

Table 1 zeigt, an welcher Universität sich prozentual wie viele Studierende einschreiben, die vor Studienbeginn im Kanton Tessin wohnhaft waren und dort ihre Matura machten. Die Auswahl der dargestellten Jahrgänge hängt mit der Veränderung der Hochschullandschaft zusammen. In der letzten Zeile wird die gesamte Anzahl Studierender aufgeführt, welche sich an einer Schweizer Hochschule immatrikuliert haben und vor Studienbeginn im Tessin wohnhaft gewesen waren. Dazu zählen StudienbeginnerInnen wie auch Studierende, die beispielsweise ihr Masterstudium absolvieren. Das aufgeführte Total enthält aber nicht alle Studierenden aus dem Tessin; so sind beispielsweise Studierende an Fachhochschulen oder an einer Pädagogischen Hochschule nicht eingeschlossen.

1980 lag die Tessiner Maturitätsquote bei 17.0 %. Während rund 52 % der TessinerInnen an einer Universität in der Deutschschweiz1 eingeschrieben waren, betrug ihr Anteil in der Westschweiz 40 %. An der zweisprachigen Universität Fribourg – an der Sprachgrenze situiert – studierten zu jener Zeit 9 % der TISU. 1980 waren sämtliche (2235) TISUs gezwungen, den Kanton der universitären Ausbildung wegen zu verlassen. Es war aber damals im Tessin bereits möglich, an einer Fachhochschule oder Pädagogischen Hochschule zu studieren.

16 Jahre später, also 1996, nach der Gründung der Università della Svizzera Italiana, hatten jene Tessiner MaturandInnen, welche an einer Schweizer Hochschule zu studieren wünschten, die Möglichkeit, in ihrem Kanton zu bleiben. 4.72 % nahmen diese Chance wahr. 44.96 % hielten sich ihres Studiums wegen in der Deutschschweiz auf, während 29.47 % an einer französischsprachigen Universität und 20.84 % an der zweisprachigen Universität Freiburg immatrikuliert waren.

Im Jahr 2000 studierten 15.24 % der TISU an der halbprivaten Universität im Tessin, d.h. gut drei Mal so viel wie im Gründungsjahr. Die Gründung der Universität Luzern hatte vorerst keinen Einfluss auf das Tessiner Mobilitätsverhalten – die Zahlen unterschieden sich kaum von denen in vorausgehenden Jahren, als die theologische Ausbildung in Luzern bereits möglich war. 37.48 % absolvierten ihr Studium in der Deutschschweiz, 31.69 % in der Westschweiz und rund 15 % der TISU waren in Freiburg vorzufinden.

2005 sah die Verteilung sehr ähnlich aus. 35.41 % der TISU waren an Deutschschweizer Universitäten immatrikuliert – davon 0.47 % der TISU an der fünf Jahre zuvor gegründeten Universität Luzern – während 30 % an Westschweizer Universitäten ihr Studium absolvierten. An der zweisprachigen Universität Fribourg hielten sich 16 % der TISU auf, und 18.48 % blieben im italienischsprachigen Tessin.

Abgesehen von der gymnasialen Maturitätsquote, die 2013 im Tessin bei 28.9 % liegt und somit dem Schweizer Spitzenwert entspricht (wenig tiefer liegen die Quoten in Basel Stadt und Genf), unterscheidet sich die Verteilung auch in diesem Jahr kaum von den Verteilungen der vorausgehenden Jahre. 2013 steigt der Anteil TISU in der Deutschschweiz auf 38.9 %, während er in der Westschweiz auf 27.89 % sinkt. An der Universität Freiburg studieren 17.63 % der TISU, und an der italienischsprachigen Universität scheint sich die Zahl der einheimischen Studierenden bei 15.25 % einigermassen eingependelt zu haben. Bemerkenswert mag sein, dass 2.78 % der TISU in Luzern vorzufinden sind, was seit dem Gründungsjahr 2000 ein verhältnismässig rascher Anstieg der Tessiner Studierendenpopulation darstellt.

Abschliessend sei festgehalten, dass im beschriebenen Zeitraum die TISU ein unstetigeres Mobilitätsverhalten aufweisen als Studierende anderer Herkunftskantone. Wer tertiäre Bildung geniessen wollte, musste das Tessin bis vor zwanzig Jahren verlassen. Ein universitäres Studium auf Italienisch war innerhalb der Schweiz nicht möglich. Das Angebot der USI ab deren Gründung 1996 stoppt die Mobilität einiger TessinerInnen, was sich auf den Anteil TISU in der Deutsch- und Westschweiz auswirkt. Allerdings kehrt ein Anteil von über 80 % der TISU dem Tessin nach wie vor den Rücken. Diese Beständigkeit des Mobilitätsverhaltens könnte auf das beschränkte Studienangebot der USI2 zurückgeführt werden. Allerdings entscheiden sich TessinerInnen auch dafür, ein im Tessin angebotenes Fach in einer anderen Sprachregion der Schweiz zu studieren und somit für die Mobilität. Mit der Möglichkeit einer italienischsprachigen Hochschulbildung wird nicht nur die Mobilität der TISU in einen neuen Blickwinkel gerückt, auch das Verhalten einiger Universitäten ausserhalb des Tessins verändert sich, wie später aufgezeigt werden soll (Kapitel 4).


Table 1: Studierende aus dem Tessin und ihre intranationale Mobilität

Distinktion durch Sprache?

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