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9 Ein Erbe für AKK

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Also war das nächste Thema, das uns vor-coronisch ablenkte, die Übernahme von Frau von der Leyens Verteidigungsministerium durch Annegret Kramp-Karrenbauer.

An deren Fallbeispiel sich ganz besonders zeigte, dass die Gesellschaft in Deutschland und Europa nicht nur politisch, sondern auch sprachlich auseinanderzufallen begann.

Erregte man sich doch über die, die sich selbst unbeanstandet auch offiziell einfach nur noch AKK nennen lässt, weil sie einen Witz gemacht hatte über Gender-Toiletten und Intersexuelle.

Und das, bevor sie noch durch irgendeine fachliche Qualifikation im neuen Amt aufgefallen gewesen wäre.

Es wurde bei aller Gewalt der aufkommenden Debatte völlig übersehen, dass Frau AKK ihren beanstandeten Witz gemacht hatte im Fasching! Und da war er beinahe schon in den mittleren Niveau-Ebenen anzusiedeln gewesen.

Denn diese Art von Witzen ist Teil von Fasching.

Diese Witze gehören zur Fasnacht und sind als solche gesamtpolitisch und gesellschaftlich nicht diskutierbar.

Es war auch überhaupt keine Überraschung, dass Frau AKK Witze machte im Fasching. Denn ursprünglich kam sie aus dem Fasching. Viele Jahre lang trat sie auf im saarländischen Fasching in der Rolle einer Putzfrau. Mit Besen, Eimer und einem für Putzfrauen typischen Tuch, das sie um die Haare gebunden hatte. In dieser Rolle kommentierte sie jahrelang regionale und nationale und internationale Politik.

Und sie war damit so erfolgreich und so überzeugend,

dass der Vorstand der CDU darauf aufmerksam wurde

und sie vom Fleck weg engagierte als Parteichefin.

In dieser Funktion hatte sie dann in der Karneval-Saison 2019 den besagten Gender-Witz gemacht und sich unter dem Gewitter der Kritik so gut verteidigt, dass man ihr umgehend das Amt des Verteidigungsministers angetragen hatte.

Das nur nebenbei.

Tatsache war, dass sie sich aus der leut- und trunkseligen Karnevalsveranstaltung heraus dem Vorwurf ausgesetzt sah, Witze zu machen über Minderheiten.

Wobei man mit einer gewissen Distanz schon fragen darf, was das allmählich für eine Gesellschaft zu werden droht, wenn sie funktionieren soll ohne Witze über Minderheiten.

Soll man denn dann gar nichts mehr sagen dürfen –

gegen die SPD?

Das wäre für Frau AKK wirklich unzumutbar gewesen.

Über solchen realen und potenziellen Diskussionen verlor sie zunehmend die Kontrolle über die Partei CDU.

Fakt war aber auch,

dass sie diese Kontrolle gar nie gewollt hatte.

Aus Selbstschutz:

Weil sie sie nie hatte, die Kontrolle,

hatte sie sie auch nicht gewollt.

So war sie als CDU-Chefin auf dem besten Weg

aller Vorsitzenden der SPD, nämlich in die Marginalität.

Wenigstens wollte sie als Parteichefin ihre Nachfolge noch bestimmen. Jedoch Friedrich Merz und Armin Laschet trafen sich ohne sie nur unter vier Augen. Mit Jens Spahn wurde ohne sie telefoniert. Und auch Norbert Röttgen machte einen Alleingang ohne sie. Angela Merkel wollte sich nicht mit ihr unter Druck setzen lassen durch einen baldigen Parteitag im Dezember 2019. Und dann kam noch Herr Söder und forderte ohne Rücksprache mit ihr baldige Lösungen.

Frau AKK fiel von einer Ecke in die andere.

Es war ein Hin und ein Her.

Oder man kann auch sagen, es war aus Innensicht der CDU heraus der klare Ausdruck, dass sie allen gerecht geworden war.

Also konnte sie auf die Frage, ob es auch für sie, Frau AKK, als Frau nicht enttäuschend sei, dass sich als Nachfolger für sie als Frau keine Frau aufgestellt hatte, sondern vier Männer, nur zu verstehen geben:

Immerhin müssten diese vier Männer sich ja erst mal als bessere Männer, als sie es ist, beweisen. Und das sei keine Anspielung darauf, dass sie sich als AKK immer klar positioniert hatte gegen die Homo-Ehe und Jens Spahn ja nun verheiratet war mit einem Mann. Als Mensch und Frau müsse sie, AKK, darüberstehen, dass es nur vier CDU-Vorsitz-bewerbende Männer gab und keine Frau akzeptiert wurde.

Aber wenn man ehrlich war, wurde auch Angela Merkel nie als Frau akzeptiert –

seit sie Bundeskanzlerin war.

Zusätzlich wirkten AKKs Verhalten und ihre Zurückhaltung irritierend in Sachen Thüringen, wo ein FDP-Abgeordneter im Februar 2020 durch die Stimmen der CDU, aber auch durch die Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde.

Oder war das eine Strategie der CDU gegen die AfD?

Wie, konnte sich niemand erklären,

weswegen der FDP-Ministerpräsident

auch schleunigst zurücktrat.

Als Ausrede gab AKKs CDU zu verstehen, dass man sich vielleicht schon mal überlegen könnte – wo die Möglichkeiten und die Materialien sowieso zur Verfügung stehen bei dem Kampf gegen Corona – einzelne Städte im Osten, in denen die Rechten besonders stark sind, abzuriegeln und mit Ausgangssperre zu belegen, um die weitere Verbreitung des Virus ›AfD‹ einzudämmen.

Quasi Ostdeutschland zum Sperrgebiet zu erklären.

Denn da läge ja das Epizentrum der Virus-Krise ›Rechtsradikalität‹. Und da im Regelunordnungsfall auch in Italien zur Eindämmung von Corona die Streitkräfte bereitstanden, schien AKK mit ihrer Bundeswehr schon vorbereitet für ein großes gesellschaftliches Experiment:

Die AfD macht Krieg?

Dann besteht doch für die Bundesregierung

der Verteidigungsfall?!

Nun, so weit kam es dann doch nicht.

Das Virus Demokratie?

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