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b) Zulässiger Inhalt der Verteidigerpost
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Das Verteidigerpostprivileg besteht jedoch nur insoweit, als es „unmittelbar der Vorbereitung oder Durchführung der Verteidigung dient“.[41] Überschreitet der Verteidiger diese Grenzen, so läuft er selbst Gefahr eigener Verfolgung wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 OWiG. Die Vorschrift sanktioniert zwei unterschiedliche Sachverhalte, nämlich zum einen die unbefugte Übermittlung von Nachrichten, zum anderen die unbefugte Übermittlung von Sachen an einen Gefangenen. Unbefugt handelt der Verteidiger immer dann, wenn er unter dem Deckmantel des Verteidigerpostprivilegs Sachen oder Nachrichten nach innen oder außen befördert, die nicht unmittelbar der Verteidigung dienen. Sowohl die Versendung von Briefmarken an den Mandanten[42] (ein beliebtes Tauschobjekt in Justizvollzugsanstalten) oder die Weitergabe privater Schreiben[43] von oder an Familienangehörige oder andere Personen liegt unzweifelhaft außerhalb des Schutzbereichs des § 148 Abs. 1 StPO und stellt daher auch für den Verteidiger eine unzulässige Umgehung der Briefkontrolle dar.
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Gerade der Wunsch eines Inhaftierten auf Weiterleitung privater Nachrichten oder Briefe an die Familie oder Freunde wird sehr häufig an den Verteidiger herangetragen. Dies ist angesichts der besonderen Belastungen der Untersuchungshaft und der mit der Briefkontrolle einhergehenden Beförderungszeiten auch durchaus verständlich. Der Verteidiger hat derartige Ansinnen jedoch strikt abzulehnen. Unabhängig davon, dass selbst in dem vermeintlich harmlosesten Brief zwischen den Zeilen versteckte Hinweise enthalten sein können, riskiert er im Falle einer Entdeckung nicht nur eine Disziplinarmaßnahme gegenüber seinem Mandanten und im schlimmsten Fall die Annahme oder Verstärkung des Haftgrundes der Verdunkelungsgefahr. Er nimmt damit zudem in Kauf, dass der gesamte Schriftverkehr und auch seine Handakten über eine Beschlagnahme dem Zugriff der Staatsanwaltschaft unterliegen und damit das Verteidigungskonzept oder den Mandanten belastende Umstände bekannt werden. Ebenso wie der mündliche Verkehr[44] unterliegt der schriftliche Verkehr dann dem staatlichen Zugriff, sobald in der Person des Verteidigers ein gewichtiger Teilnahmeverdacht entsteht. In diesem Fall ist auch die von § 148 Abs. 1 StPO geschützte Verteidigerpost nicht mehr beschlagnahmefrei, da das den ungehinderten schriftlichen Verteidigerverkehr garantierende Beschlagnahmeverbot des § 97 Abs. 2 StPO entfällt (vgl. § 97 Abs. 2 S. 3 StPO).
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Dass der Ruf des Verteidigers bei der Justiz bleibenden Schaden nimmt, wenn bekannt wird, dass er für seinen Mandanten Briefe etc. schmuggelt (und damit die Sicherheit und Ordnung der JVA in Gefahr bringt), bedarf keiner besonderen Erwähnung. Dem Mandanten sind daher die Risiken einer unzulässigen Umgehung des Briefkontrolle über die Verteidigerpost eindringlich aufzuzeigen und der Verteidiger hat in geeigneten Situationen durch entsprechende Anträge für eine stärkere Frequenz von Angehörigenbesuchen Sorge zu tragen, um einer besonderen psychischen Belastung des Mandanten durch die Untersuchungshaft auf diese Weise entgegenzuwirken.