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Aqua alta

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Die Lagune liegt schwarz und unruhig vor San Marco. Der Abend ist kalt, es regnet seit Stunden in Strömen. Die Tage sind noch kurz um diese Jahreszeit, Ende März. Zwischen den Palazzi hasten die Vaporetti von Haltestelle zu Haltestelle durch den Canale Grande. Nur wenige Fahrgäste stehen unter dem Dach; die Panoramasitze an Heck und Bug sind nass und leer.

Das Wasser steigt. Unaufhaltbar und stetig. Beginnt die Piazza San Marco langsam zu überfluten, einzukreisen. Von der offenen Lagune, von den Seitenkanälen und aus den Kanalschächten. Immer glänzender wird der Platz, immer besser spiegeln sich die Lichter in der steigenden Wasserfläche auf der Piazza. Die Kaffeehausmusiker lassen sich nicht beirren. Sie spielen. Klassik. Im vorderen Bereich beginnen die Kellner im dunklen Anzug, weißen Hemd, Krawatte und Gummistiefeln damit, Sofas, Sessel und Stühle auf die Tische ins Trockene zu retten. Zwei Tische weiter hinten wird zugleich der nächste Gang serviert. Mit Musik. Die Melodie von „It`s time to say goodbye“, verbunden mit Bildern eines sinkenden Salons auf dunklem Meer, dringt immer stärker ins Gedächtnis. Stattdessen: Walzer.

Unter einer kleinen Kanalbrücke sucht eine ganze Kolonne Gondeln für ein paar Sekunden Schutz. Die Gondolieri muten wie Außerirdische an, im langen schwarzen Regenmantel, Kapuze, triefend nass. In den Gondeln Asiaten in bunten Regenjäckchen. The show must go on.

(2013)


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