Читать книгу Kartell Compliance - Max Schwerdtfeger - Страница 186
2. Kontrollerwerb
Оглавление7
Der in der Praxis häufigste Fall des Zusammenschlusses ist der Erwerb der Kontrolle über ein anderes Unternehmen (Art. 3 Abs. 1 lit. b). Unter dem Begriff der Kontrolle ist nach Art. 3 Abs. 3 die Möglichkeit zu verstehen, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben. Der bestimmende Einfluss muss an der unternehmensinternen Willensbildung anknüpfen und sich auf die wesentlichen unternehmerischen oder strategischen Entscheidungen beziehen. Unerheblich ist dabei, ob die Kontrolle unmittelbar, etwa durch Weisungsbefugnisse hinsichtlich bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen, oder mittelbar durch die Befugnis zur Bestellung und Abberufung der Mitglieder der Leitungsorgane der Gesellschaft, die wiederum unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen können, ausgeübt wird. Die Kontrollmöglichkeit ist ein rein objektives Kriterium. Es genügt daher bereits die bloße Möglichkeit des bestimmenden Einflusses, ohne dass dieser tatsächlich ausgeübt werden muss oder eine entsprechende Absicht hierzu besteht.
8
Gegenstand der Kontrolle können nach Art. 3 Abs. 1 lit. b ein Unternehmen, mehrere Unternehmen oder Teile eines Unternehmens sein. Während das deutsche Recht beim Vermögenserwerb eine Beschränkung auf „wesentliche Unternehmensteile“ enthält (vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB), fehlt eine solche ausdrückliche Einschränkung in der FKVO. Nach Auffassung der Kommission ist allerdings erforderlich, dass die erworbenen Vermögenswerte als solche ein Geschäft darstellen, dem ein Umsatz auf dem Markt eindeutig zugeordnet werden kann.[9]
Als Mittel, mit denen die Kontrolle herbeigeführt werden kann, kommen in erster Linie der Erwerb von Anteilsrechten (share deal) oder Vermögenswerten (asset deal) in Betracht, ebenso aber auch Unternehmensverträge oder sonstige Vorgänge. Vorstufen des Anteilserwerbs, wie die Vereinbarung einer Option auf den Erwerb von Anteilsrechten, begründen grundsätzlich keine Kontrolle, soweit sie dem Inhaber keine gesellschaftsrechtliche Einflussmöglichkeit verschaffen und ihre Ausübung nicht als sicher erscheint.[10] Problematisch ist, ob auch schuldrechtliche Verträge und eine darauf oder auf tatsächliche Verhältnisse gegründete wirtschaftliche Abhängigkeit zur Kontrollbegründung ausreichen. Die Kommission geht davon aus, dass grundsätzlich auch eine wirtschaftliche Abhängigkeit zur Erlangung der Kontrolle führen kann, wenn beispielsweise langfristige Lieferverträge oder Lieferantenkredite in Verbindung mit strukturellen Verflechtungen einen bestimmenden Einfluss gewähren.[11]
9
Kontrolle kann nach Art. 3 Abs. 1 lit. b von einem oder mehreren Unternehmen ausgeübt werden. Dementsprechend wird zwischen der Begründung alleiniger und gemeinsamer Kontrolle unterschieden. Ein Zusammenschluss i.S.d. FKVO liegt aber auch im Falle eines Wechsels von gemeinsamer Kontrolle durch mehrere Unternehmen zu alleiniger Kontrolle durch ein Unternehmen[12] sowie im umgekehrten Fall des Übergangs von alleiniger zu gemeinsamer Kontrolle vor, da es einen wesentlichen qualitativen Unterschied macht, ob ein bestimmender Einfluss allein oder gemeinsam ausgeübt wird.[13] Wird eine bestehende Kontrolle hingegen verstärkt, indem etwa zusätzliche Anteilsrechte an der Zielgesellschaft erworben werden, so liegt – anders als im deutschen Recht – kein neuer Zusammenschlusstatbestand vor.[14]