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7.2 Probleme des Nagelschen Reduktionsbegriffs

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So weit verbreitet das Nagelsche Modell der Reduktion seit seiner Entstehung sowohl in der wissenschaftstheoretischen als auch der geistesphilosophischen Diskussion war, haben sich über die Zeit doch verschiedene Kritikpunkte daran ergeben212: So zeigt schon das obige Beispiel der Reduktion der Thermodynamik auf die statistische Mechanik, dass Nagel seinen Reduktionsbegriff vornehmlich für die Reduktion von Theorien entwickelt hat. Dies macht ihn jedoch für die geistesphilosophische Diskussion ungeeignet, da es hier ausschließlich um die Reduktion von Eigenschaften geht.213 John Dupré kritisiert außerdem, dass die Reduktion selbst im Fall von Nagels Hauptbeispiel sehr viel komplexer und diskussionswürdiger sei, als von diesem gedacht.214 Darüber hinaus lässt sich mit Lawrence Sklar feststellen, dass es in der Wissenschaftsgeschichte kaum Beispiele von Reduktionen im Sinne des Nagelschen Modells gibt.215 Das vielleicht gravierendste Problem des Nagelschen Reduktionsmodells hat jedoch Jaegwon Kim aufgezeigt. Er weist darauf hin, dass die Existenz von Brückengesetzen mit einer Reihe nicht-reduktionistischer Theorien kompatibel ist:

„The philosophical emptiness of Nagel reduction, at least in contexts like mind-body reduction, if it isn‘t already evident, can be plainly seen from the following fact: a Nagel reduction of the mental to the physical is consistent with, and sometimes even entailed by, many dualist mind-body theories, such as the double- aspect theory, the theory of preestablished harmony, occasionalism, and epiphenomenalism. It is not even excluded by the dualism of mental and physical substances (although Descartes‘ own interactionist version probably excludes it). This amply shows that the antireductionist argument based on the unavailability of mind-body bridge laws – most importantly, the multiple realization argument of Putnam and Fodor – is irrelevant to the real issue of mind-body reduction or the possibility of giving a reductive explanation of mentality. Much of the debate over the past two decades about reductionism has been carried on in terms of an inappropriate model of reduction […].“216

Aufgrund ihrer Kompatibilität mit nicht-reduktionistischen Ansätzen sind Brückengesetze somit keine notwendige Bedingung für einen Reduktionsbegriff. Außerdem unterliegen sie einem weiteren gravierenden Problem: Wenn sie nicht weiter erklärt werden, sind sie ontologisch und explanatorischleer‘, denn sie sagen uns weder etwas über die Relation zwischen dem Mentalen und dem Physischen, noch etwas über die jeweiligen funktionalen oder kausalen Rollen dessen, was sie reduzieren.217 Wie jedoch Joseph Levine betont hat, ist eine Reduktion nur unter bestimmten Bedingungen wirklich explanatorisch zufriedenstellend und damit vollständig: Nämlich nur dann, wenn durch die Reduktion einer Eigenschaft oder eines Gegenstandes die Mechanismen erklärt werden, durch welche die kausale Rolle realisiert wird, welche für die Eigenschaft oder den Gegenstand konstitutiv ist.218 Eine gerade in diesem Hinblick geeignetere Alternative zum Nagelschen Reduktionsbegriff stellt das funktionale Modell der Reduktion dar.

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