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Drei Tage später, am Dienstag, hielt es Lena nicht mehr aus. Sie wollte ihn wiedersehen, wenn auch nur kurz. Seit ihrer letzten Nacht haben sie sich nur einige SMS geschrieben und am Sonntagabend kurz telefoniert.

Sie erinnerte sich an das Ferienlager, wo sie ihn kennengelernt hatte. Am zweiten Tag, ebenfalls ein Dienstag, waren ihre beiden Klassen zusammen auf dem örtlichen Sportplatz. Ein kleines Fußballturnier wurde ausgetragen. Natürlich unterhielt man sich am Spielfeldrand. Sie erinnerte sich nicht mehr an alles, was sie mit Simon besprochen hatte, zu sehr war sie davon abgelenkt ihn anzusehen. Doch ein Satz von ihm blieb ihr im Gedächtnis: „Eigentlich hätte ich jetzt gerade Feierabend.“ Da war es circa 14 Uhr.

Selber Tag zur selben Zeit Feierabend, dachte sie sich. Sie hatte schon etwas früher Schluss, Viertel vor eins. Gute Gelegenheit zu seiner Schule zu fahren und ihn abzufangen. Der Nachbarort war nur wenige Kilometer entfernt und sie kannte das Gebäude. Noch wichtiger, sie kannte sein Auto.

Gegen halb zwei erreichte sie die Schule und kurz darauf fand sie auch sein Cabrio. Es stand auf dem Lehrerparkplatz, welcher innerhalb des Schulgeländes lag. Eine hohe Hecke umsäumte diesen und gab einzig von der Straße freie Sicht darauf. Sie würde dennoch nicht dort warten. Es war zum Ersten nicht nötig, es gab nur eine Ausfahrt und zweitens, würden sie eventuell andere Lehrer darauf ansprechen, was sie dort machen würde. Sie würde ihn einfach abfangen, wenn er das Schulgelände verließ.

Eine Bank, im Schatten einer Eiche, am gegenüberliegenden Gehsteig diente als bequeme Sitzgelegenheit. Sie passte sogar zur blauen Farbe von Lenas Kleid. Von dort hatte sie genügend Ausblick auf den Ausgang des Gebäudes und den Parkplatz. Kurz vor 14 Uhr läutete die Schulglocke. Zuerst kamen nur Schüler hinaus. Dann auch zwei Erwachsene, Simon war leider nicht dabei. Sie wartete weiter und bei einem Mann, der das Gebäude verließ, sprang sie schon auf. Doch sie hatte sich getäuscht, wieder ein anderer. Ab da an hielt sie nicht mehr ruhig. Ihr Fuß wippte fortwährend, wenn sie nicht gerade aufstand, ein paar Meter ging und sich wieder hinsetzte. Schlimmer als die Schmetterlinge im Bauch waren die Hummeln im Hintern.

Etwa zehn Minuten vergingen. Sie wollte schon aufgeben, als er dann doch noch durch die Tür schritt. Diesmal blieb sie vorerst sitzen. Simon ging die kleine Treppe zum Parkplatz hinauf und zu seinem Auto. Ihr Puls raste vor Aufregung. Plötzlich hatte sie Angst. Vielleicht war es ihm nicht recht, dass sie ihn hier besuchte, ohne dass er es vorher wusste. Doch sie war nun einmal hier und wollte nicht umsonst gekommen sein.

Sei nicht so schüchtern, du bist ein erwachsenes Mädchen. Sie holte einmal tief Luft und stand auf. Als sie die Straße überqueren wollte, sah sie plötzlich eine weitere Person zum Parkplatz eilen. Eine Frau in einem Rock, der gerade so über ihren Hintern reichte und einer Bluse mit tiefem Ausschnitt – die oberen Knöpfe hatte sie wohl offen gelassen. Lena befürchtete schon das Schlimmste und trat in den Schatten zurück. Simon stand noch neben seinem Auto. Er grüßte die Frau. Die beiden plauderten. Mehr passierte jedoch nicht und die Frau fuhr zwei Minuten später allein los. Simon wartete derweil weiter. Er sah sich ab und an um, doch Lena, die wieder Platz genommen hatte, hatte er noch nicht entdeckt. Sie war erleichtert und überlegte gerade zu ihm zu gehen.

Da kam der Nächste zum Parkplatz. Diesmal wieder ein Mann. Wohl ein Kollege von Simon. Auch die beiden unterhielten sich zunächst. Lena war neugierig, über was sie sprachen. Allerdings war die Entfernung zu groß, als dass sie etwas verstehen konnte. Im nächsten Augenblick war sie sich fast sicher, stattdessen ihr Herz brechen zu hören. Die beiden Männer küssten sich, sie knutschten regelrecht. Die Aufregung war hin, sie wich Zorn und Traurigkeit. Er hatte nicht eine, sondern einen anderen. Sie schnitt sich fast selbst mit den Fingernägeln in die Handfläche, so sehr war ihre Faust geballt. Zu gerne wäre sie zu ihm rübergegangen und hätte ihm eine Ohrfeige verpasst oder ihm gleich in seine Weichteile getreten – am besten beiden. Doch es war ihr zu peinlich. Sie wollte nicht wie ein sitzengelassenes kleines Mädchen wirken, was ihm vielleicht noch nachtrauert. Sicher würde er sie auslachen, dass sie so dumm war und ihm vertraut hatte.

„Arschloch“, murmelte sie vor sich hin – mehr fiel ihr in dem Moment nicht dazu ein. Dann stellte sie sich an den Straßenrand, gut sichtbar in die Sonne. Um Aufmerksamkeit zu bekommen, pfiff sie den beiden zu. Simons Kollege drückte ihn von sich weg und zeigte in Lenas Richtung. Den Schrecken in Simons Blick konnte sie selbst von ihrer Position aus erkennen. So wie er sicher auch ihren erhobenen Mittelfinger sehen konnte. Dabei beließ sie es und ging zu ihrem Auto zurück. Es stand etwas abseits, die Straße hinauf.

Die ersten Tränen pressten sich aus ihren Augen. Als sie Simon zusammen mit dem Typen in seinem Cabrio wegfahren sah, schüttelte sie den Kopf. Gibt es auch noch normale Männer auf der Welt, die keine widerlichen Scheißkerle sind, dachte sie. Dann startete auch sie den Motor und fuhr heim.

Dort angekommen machte sie es sich mit einer Weinflasche auf der Couch bequem. Ein Glas brauchte sie nicht. Die Traurigkeit übermannte sie, als sie sich setzte.

Der letzte Titan

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