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ОглавлениеDas Klirren eines Windspiels erklang, als die beiden Männer den Buchladen betraten.
„Was für ein hübsches kleines Geschäft William. Läuft es gut?“
„Gut genug, dass man über die Runden kommt. Lasst uns in mein Büro gehen.“ Nichts lag William ferner als Smalltalk. Er wollte ihn außerdem schnellstmöglich wieder loswerden, bevor er sich bei ihm noch wohl fühlt und öfter vorbeikommt.
„Geht nur vor, ich folge.“
In dem kleinen Zimmer, im hinteren Teil des Ladens, befanden sich ebenfalls unzählige Bücher in den Regalen. Wie hätte es auch anders sein können? In der Mitte stand ein alter Schreibtisch, der wohl nicht viel weniger zu erzählen hätte, als eines dieser Bücher.
Sie setzten sich. Aus der Schublade holte William ein kleines Kästchen heraus. Er entnahm ihm eine Zigarre und zündete sie an, danach hielt er es seinem Gegenüber hin – aus Höflichkeit, nicht aus Freundschaft.
„Auch eine?“ Die Frage klang fast so kühl, wie er es empfand, in diesem Raum zu sitzen. Er fühlte sich in seinem Laden besser als auf der Straße, etwas sicherer. Bei Weitem jedoch nicht so wohl wie in Lindas Restaurant.
„Nein danke, und ihr solltet auch nicht, vor allem nicht in eurem Alter William.“
„Als ob ihr euch Sorgen um mein Alter machen würdet.“ William lehnte sich in seinen Sessel. „Also, warum seid ihr zu mir gekommen?“
„Wirklich nette Büchersammlung, einige Werke sind älter als wir beide zusammen.“ Auch wenn er damit abschweifte, er hatte recht. Die eine oder andere Bibliothek wäre neidisch gewesen. Nicht nur von einigen neueren Büchern standen Erstausgaben in den Regalen. Manche waren aus dem 18. Jahrhundert oder sogar noch älter und hatten einen Wert von mehreren Hundert, wenn nicht Tausend Dollar.
„Hört auf damit, was wollt ihr Edward?“
„Nun … oh, 'Der grüne Heinrich', ein Original?“
„Lasst den Unsinn endlich und sagt mir lieber, warum ihr hier seid.“ Ihm riss allmählich der Geduldsfaden.
„William, warum so feindselig zu einem alten Freund?“
„Freund? Ihr ward es nie und werdet es auch nicht mehr sein. Jetzt sagt, was ihr wollt.“ William wollte diese Farce nicht länger ertragen, als es notwendig war. Seit etlichen Jahren kam Edward ab und zu bei ihm vorbei. Es handelte sich immer um dasselbe Thema.
„Ihr verletzt mich, aber gut. Es überrascht mich auch, dass ihr euch nicht denken könnt, warum ich zu euch komme. Ich vermute jedoch, ihr wisst bereits, dass 'sie' ebenfalls auf dem Weg zu euch sind.“
Scheiße, natürlich wusste er es. Spätestens ab jetzt konnte er es nicht einfach mehr als irgendein dummes ‚Gefühl‘ abtun. Wenn es schon andere außer ihm wussten, war es mehr als ernst und er musste handeln.
„Ja, ich befürchtete es schon. Doch was habt ihr damit zu tun?“
„Das Siegel William. Seid ihr in Gefahr, ist es dies auch. Wir könnten es schützen und euch ebenfalls.“
Selbstverständlich ging es um das Siegel. Dieses verflixte Ding, womit alles begonnen hatte. Welches sein Leben zerstört hatte und weswegen er verfolgt wurde. Dennoch durfte er es nicht einfach weggeben, er war ein Wächter und er hatte die Verantwortung dafür zu tragen. Soviel hatte er in seiner Zeit in Amerika herausgefunden. Und auch wenn er nicht wusste, welchen Zweck das Siegel erfüllte, widerstand er wiederholt dem Drang, es in die nächste Mülltonne zu werfen oder es Edward zu überlassen. In seinen Augen wäre das auf dasselbe hinausgelaufen.
William verschluckte sich am Rauch seiner Zigarre als er zu Lachen begann. Edward sah ihn dabei mit entsetzten Augen an. Eine Zornesfalte machte sich auf seinem Gesicht breit. „Was ist daran so lustig?“
„Ihr wollt mich 'und' das Siegel schützen?“
„Ja, so ist es.“
„Macht euch nicht lächerlich. Wenn ihr wüsstet, wo es ist, hättet ihr es längst gestohlen. Mein Leben schert euch einen Dreck. Wenn ich mit dem Siegel zu euch komme, wären 'sie' nicht mehr die größte Bedrohung für mich, sondern ihr.“
„Erneut verletzt ihr mich William. Ihr habt einmal zu uns gehört, warum sollten wir uns nicht um euch sorgen?“
„Nichts dergleichen habe ich. Ich war einmal Priester in Deutschland, ja. Aber mit euch habe ich nichts zu tun. Ich diente lediglich Gott und meiner Gemeinde. Und auch damit war es vorbei, als ich flüchten musste und mir dabei niemand geholfen hat.“
„Unsere Brüder in Europa wussten nichts von eurem Schicksal, wie hätten sie euch helfen sollen?“
„Wussten nichts? Ich bin mir sicher, sie haben mich beobachtet, seit dem mir mein Großvater das Siegel anvertraute, genau wie ihn davor.“
„Das sind alles haltlose Unterstellungen.“
„Redet was ihr wollt, von mir bekommt ihr es jedenfalls nicht.“
William zerdrückte seine Zigarre im Aschenbecher. Der Stuhl fiel beinahe um, als er ihn zurückschob. Er ging zur Tür und öffnete sie.
„Ihr könnt nun gehen, bei mir gibt es für euresgleichen nichts zu holen.“
Edward trat aufrecht vor William. Dieser würdigte ihn keines Blickes.
„Seid nicht so dumm Priester, ihr allein könnt es nicht beschützen. Dieses Siegel ist das letzte bekannte, die restlichen haben 'Sie' höchstwahrscheinlich schon. Wenn es in ihre Hände fällt, wird die Apokalypse Wirklichkeit.“
„Mein Blut schützt es schon lange Zeit und das erfolgreich. Ich, mein Großvater und dessen Ahnen vor ihm. Und wir werden weiterhin darauf aufpassen. Euch brauchen und wollen wir dafür nicht. Jetzt geht!“
Er streckte den Arm aus und zeigte auf seine Ladentür. Edward folgte seiner Aufforderung und schritt hinaus. Als er die Tür öffnete und den ersten Fuß schon auf den Gehsteig setzte, drehte er sich noch einmal um.
„Ihr macht einen Fehler William. Ein alter Mann wie ihr kann es nicht mit 'ihnen' aufnehmen. Wenn die Welt zugrunde geht, seid ihr schuld!“
„Ich habe genug Last auf meinem Rücken zu tragen, das bisschen geht dann auch noch. Jetzt kümmert euch um euch selbst!“
Alter dummer Narr. Edward knurrte in sich hinein. Er schlug die Tür hinter sich zu und verschwand aus Williams Augen. Alleine war er dennoch nicht, das spürte er.