Читать книгу Der letzte Titan - Maximilian Wagner - Страница 19
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ОглавлениеEine halbe Flasche Wein später hatte sie sich etwas beruhigt. Als sie im Badezimmer vor dem Spiegel stand, fragte sie sich selbst, wie blöd sie eigentlich ist, auf so einen Arsch hereinzufallen. Sie wusch sich die letzten Spuren ihrer Tränen aus dem Gesicht und ging in ihr Wohnzimmer zurück. Diesmal jedoch nicht auf die Couch, sondern vor ihren PC. Sie hatte Wut im Bauch und diese musste sie nun rauslassen. Im Kopf malte sie sich schon aus, was sie Simon schreiben würde. Was sie von ihm hielte und was sie ihm wünschte. Es waren keine schönen Dinge, soviel ist sicher.
Sie hämmerte ihr Passwort für ihren Email-Account in die Tastatur. Nur im Augenwinkel nahm sie wahr, dass ihr Posteingang mehrere Nachrichten enthielt – sicher einen Haufen Spam. Zielsicher klickte sie auf „Email schreiben“.
Den Adressat ausgewählt, fing sie auch schon mit dem Text an. Die Begrüßung war überflüssig. Das Erste was sie schrieb, klang ihr zu flehend, also löschte sie es. Das Nächste war nicht böse genug, also verwarf sie auch dies. Der darauf folgende war zu sehr auf seine sexuellen Vorlieben bezogen. Das ging einige Minuten so weiter. Eine weitere Nachricht kam rein, wie eine Meldung am oberen Bildschirmrand zeigte. Sie wollte sich kurz ablenken und klickte darauf.
Wie zu erwarten war, Spam, was sonst. Also sah sie die vorherigen Nachrichten durch. Überraschenderweise stammte sogar eine von ihrem Großvater.
Liebste Enkelin,
ich hoffe es geht dir gut in Deutschland. Ich bin leider etwas im Stress und habe daher nur wenig Zeit dir zu schreiben.
Wie du sicher weißt, bin ich auch nicht mehr der Jüngste. Es würde mich daher freuen, wenn du mich mal besuchen würdest, bevor ich alt und senil werde. Flugticket zahle ich dir natürlich, müsstest mir nur mitteilen für welchen Flug. Die nächsten Tage werde ich allerdings nicht direkt erreichbar sein, versuche aber meine Emails zu lesen.
Solltest du es nicht erwarten können und direkt die Koffer packen und mich dann nicht in Chicago antreffen, melde dich bei Linda. Sie führt das Restaurant Madelaine in der Lincoln Avenue von dem ich dir schon mal erzählt habe.
Grüß deine Eltern und ich melde mich wieder.
Liebe Grüße
Dein Opa William.
Wie ein Lichtschein im Dunkeln erschien ihr diese Nachricht. Hast recht Opa, wir sollten uns endlich einmal sehen.
Er hatte Deutschland verlassen, als sie noch ein Kleinkind war. Sie kannten sich eigentlich nur übers Telefon oder über Emails. In etwa zu ihrem achtzehnten Geburtstag hatte er das erste Mal angerufen, ihre Eltern hatten ihm wohl ihre Nummer gegeben. Das hatte sie damals überrascht, wollten weder ihre Mutter noch ihr Vater etwas mit dem Auswanderer zu tun haben. Doch Lena und William verstanden sich von Anfang an gut. Ellenlange Emails, Postkarten und Telefongespräche über Stunden hinweg überquerten den Atlantik. Und genau jetzt war der beste Zeitpunkt selbst einmal über den großen Ozean zu fliegen. Sie würde nicht warten, bis er das Flugticket für sie zahlte, das konnte sie selbst. Und auch wenn er gerade nicht zu Hause war, in ein paar Tagen wäre er es. Die Zeit konnte sie notfalls in einem Hotel übernachten und dann überraschend vor seiner Haustür aufkreuzen, sobald er sich meldete. Am nächsten Tag würden die Ferien beginnen und gleich nach Schulschluss würde sie ihre Sachen packen und alles vorbereiten.