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1.6.1 Inhalte und Ziele eines sozialen Kompetenztrainings

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Die Autistische Störung kann nicht ursächlich, sondern nur symptomatisch behandelt werden. Dabei sollen die sozialen Basisfertigkeiten und somit die wesentlichen Defizite des autistischen Formenkreises besprochen und geübt werden, um soziale Integration und eine hohe Lebensqualität zu ermöglichen.

Der Begriff der sozialen Fertigkeiten ist gemäß Rao et al. (2008) in den evaluierten Trainingsprogrammen oft nicht klar definiert. Nach Beidel et al. (2000, zit. nach Rao et al. 2008) umfasst er verbales und nonverbales Verhalten, das die interpersonale Kommunikation ermöglicht, wie zum Beispiel Lächeln und Blickkontakt, Fragen und Antworten, Geben und Akzeptieren von Komplimenten. Nach Weiss und Harris (2001, zit. n. Rao et al. 2008) ist der Begriff weitergefasst, und der Mangel an sozialen Fertigkeiten beinhaltet die fehlende Orientierung auf soziale Stimuli, nicht flexibles Blickverhalten, Probleme bei der Kontaktaufnahme, Schwierigkeiten bei der Interpretation von verbalen und nonverbalen sozialen Hinweisen (Codes), unangemessene emotionale Reaktionen und das Fehlen von Empathie.

Remschmidt et al. (2006) formulieren folgende allgemeinen Interventionsziele:

1. Minderung und Modifikation der Symptomatik

2. Abbau störender und den Betroffenen in seiner Entwicklung beeinträchtigender Verhaltensweisen

3. Aufbau konstruktiver und adaptiver Verhaltensweisen sowie angemessener Bewältigungsstrategien

4. Einbezug der Familie und des weiteren sozialen Umfelds (z. B. Schule, Arbeitsplatz, Freizeit, Therapie)

Es geht somit also nicht darum, die betroffenen Menschen um den Preis ihrer einzigartigen Persönlichkeit vollständig sozial anzupassen, sondern ihnen Verhaltensalternativen aufzuzeigen und diese einzuüben, sodass sie flexibel und situationsabhängig aus verschiedenen Verhaltensweisen auswählen können.

Krasny et al. (2003) nennen folgende konkrete Trainingsinhalte:

1. Kompetenzen der Kontaktgestaltung: Blickkontakt, nonverbales Verhalten, Nähe-Distanz, Lautstärke, Mimik

2. Kompetenzen der Gesprächsführung: Beginnen, Aufrechterhalten und Beendigen von Gesprächen, wechselseitige Kommunikation, Kommentieren und Fragen, Sich-Einfügen in ein laufendes Gespräch, Finden angemessener Gesprächsthemen

3. Kompetenzen zur Gestaltung von Spielen und Freundschaften: Erwerb eines Konzepts von Freundschaft, Begrüßen, Einfügen in eine Gruppe, Teilen, Abwechseln, Kompromisse schließen, Regeln einhalten

4. Kompetenzen der Emotionswahrnehmung: Erkennen und Bezeichnen von Emotionen, Perspektivenwechsel, Empathie

5. Kompetenzen für soziales Problemlösen: praktische Lösungen für soziale Problemstellungen, Selbstkontrolle, Coping

Remschmidt et al. (2006) ergänzen als weiteren Inhalt das Erlernen spezifischer Problemlösefertigkeiten im Umgang mit typischen sozialen Situationen, die häufig nicht angemessen bewältigt werden (z. B. Pausen, unstrukturierte Umbruchszeiten). Zudem nennen sie explizit auch das Training lebenspraktischer Fähigkeiten, da viele Menschen mit Asperger-Syndrom im familiären und öffentlichen Raum deutlich eine nicht altersgemäße Selbstständigkeit zeigen. Und schließlich fordern sie das Erlernen von Techniken zur verbesserten Emotionsregulation (z. B. Umgang mit Kritik und Frustrationen). Bauminger (2002) hat die sozialen Zielkompetenzen noch in Teilfertigkeiten aufgeschlüsselt.

In den evaluierten Gruppenprogrammen werden viele Themen behandelt (Jenny 2010): Das Erkennen und Verstehen von Emotionen, der Gefühlsausdruck und die Formulierung der eigenen Befindlichkeit werden geübt und spezifische soziale Fertigkeiten wie das Begrüßen, Helfen, Teilen, Verhandeln und die Kooperation oder das Formulieren von Komplimenten wie auch das Einhalten sozialer Regeln werden besprochen. Bei den kommunikativen Kompetenzen stehen Gesprächsführung, Auswahl von Gesprächsthemen, Fragen stellen und aufmerksames Zuhören im Vordergrund. In manchen Programmen liegt der Fokus auch auf der nonverbalen Kommunikation, der Theory of Mind sowie auf den Problemlösefertigkeiten. Gemäß der Übersichtsarbeit von Rao et al. (2008), die Studien zu Interventionen im Einzel- und im Gruppensetting betrachtet, werden soziale Fertigkeiten sehr unterschiedlich definiert und dementsprechend unterschiedliche soziale Fertigkeiten trainiert: Meistens geht es um sehr einfache (z. B. Begrüßen, Gesprächsbeginn), manchmal aber auch um sehr komplexe soziale Verhaltensweisen (z. B. Problemlösefertigkeiten, Selbstbeherrschung).

Viele Übungsmethoden werden dabei eingesetzt (Jenny 2010): Modelllernen, Rollenspiel, Gruppendiskussionen und Spiele sind fester Bestandteil der evaluierten Behandlungsprogramme. Soziale Geschichten (social scripts, social stories nach Gray 1998), konkrete Verhaltensinstruktionen, das Vermitteln der sozial-kognitiven Prinzipien und Video-Feedback werden ebenfalls manchmal eingesetzt. Gelegentlich werden auch Aktivitäten außerhalb der Gruppe organisiert. Alle Programme weisen einen hohen Strukturierungsgrad auf mit einem recht festen Ablauf (inkl. Snack-Pause).

Alle Autoren betonen die Wichtigkeit von Psychoedukation, damit der Betroffene, die Eltern wie auch das Umfeld (z. B. Großeltern, Lehrpersonen und Klassenkameraden, Ausbildner und Arbeitskollegen) ein angemessenes Störungskonzept entwickeln können. Aus den breit gefassten Inhalten und der Anlage als längerfristige Behandlung folgt, dass mit der Therapie möglichst früh begonnen werden sollte. Der Aufbau von Fähigkeiten, die normal entwickelte Kinder nebenbei und intuitiv erlernen, wie zum Beispiel die Theory of Mind, benötigt viel Zeit, explizite Anleitungen und aufgrund der Generalisierungsschwäche wiederholte Übungen in verschiedenen realen Situationen.

KOMPASS - Zürcher Kompetenztraining für Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen

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