Читать книгу KOMPASS - Zürcher Kompetenztraining für Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen - Maya Schneebeli - Страница 31
TOMTASS
ОглавлениеDas Theory of Mind-Training TOMTASS von Paschke-Müller et al. (2013) richtet sich an Kinder und Jugendliche mit einer Autismus-Spektrum-Störung im hochfunktionalen Bereich im Alter von 7–18 Jahren mit einem IQ > 70 und altersgemäßen sprachlichen Ausdrucksfähigkeiten. Kinder und Jugendliche mit geringer Veränderungs- oder Teilnahmemotivation, stark expansivem Verhalten und stark ausgeprägten Ritualen bzw. zwanghaften Verhaltensweisen werden nicht eingeschlossen. Ungünstig ist auch die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen mit sehr individuellen Problemen und einem hohen Bedarf an individueller Klärung. Es sollen altershomogene Gruppen für 7–12-jährige Kinder und 13–18-jährige Jugendliche gebildet werden. Die Gruppe findet wöchentlich für eine Dauer von 75 Minuten statt und umfasst 24 Sitzungen. Die Autoren schlagen bei zwei Therapeuten jeweils vier bis sechs Teilnehmer vor.
Durch gezieltes Training der Fähigkeiten zur Theory of Mind (ToM) soll die Generalisierung in den Alltag der Teilnehmer erleichtert werden. Die acht Module bauen aufeinander auf und werden zunehmend komplexer. TOMTASS umfasst nach einem Vorgespräch drei Trainingsstufen mit insgesamt acht thematischen Modulen und dann ein Nachgespräch. In der ersten sogenannten ›Motivationsstufe‹ werden das Thema Kennenlernen (drei Sitzungen), der erste Elternabend und das zweite Modul ›Psychoedukation‹ (drei Sitzungen) behandelt, um »ein Störungsbewusstsein zu schaffen« (S. 24). Die zweite sogenannte ›Basisstufe‹ trainiert die Basisfertigkeiten. Sie umfasst die Module 3–5 ToM-Gefühle (vier Sitzungen), ToM-Gedanken (zwei Sitzungen) und ToM-Sprache (zwei Sitzungen) sowie den zweiten Elternabend. In der letzten, der ›Aufbaustufe‹ werden die Basisfertigkeiten auf Alltagssituationen angewendet und die Module 6–8 Kontaktaufnahme und Freundschaft (fünf Sitzungen), Konflikte und Kritik (drei Sitzungen) und Körperübungen, Entspannung und Stresstoleranz (zwei Sitzungen) sowie der dritte Elternabend durchgeführt.
TOMTASS ist ein lösungsorientiertes, standardisiertes Gruppentraining zur Verbesserung der Theory of Mind. Konzeptuell bezieht sich TOMTASS auf verhaltenstherapeutische Prinzipien und den TEACCH-Ansatz (Häußler 2005). Besonders bei den Übungen zur Theory of Mind werden mithilfe von Bildern und Comics die zu bearbeitenden Geschichten visualisiert. Zudem wird den Teilnehmern zur Stressregulation die progressive Muskelentspannung beigebracht. Auch Achtsamkeitsübungen haben Platz und zeigen den Einfluss der Dialektisch-Behavioralen Therapie für Jugendliche, bei denen es um individuelle Strategien zur Wahrnehmung unangenehmer Gefühle und Stressregulation geht. Das Training beinhaltet ein Token-System zur Verstärkung. Die Themen werden in Anlehnung an das KONTAKT-Programm (Herbrecht et al. 2008) in Gruppenspielen, Gruppengesprächen, gemeinsamen Aktivitäten und Rollenspielen umgesetzt. Die wöchentlichen Hausaufgaben stellen eine Nachbereitung besprochener Inhalte oder eine Vorbereitung auf neue Themen dar. TOMTASS ist kein fest standardisiertes Manual, sondern zu jedem Modul stehen verschiedene Übungen zur Auswahl, aus denen man sich die für die Gruppe geeigneten heraussucht. In der vorgegebenen Stundenzahl können nicht ganz alle Übungen durchgeführt werden. Die benötigten Materialien sind im Manual abgedruckt und von einer CD herunterladbar.
TOMTASS wurde in einer Prä-Post-Verlaufsuntersuchung ohne Vergleich zu einer unbehandelten Kontrollgruppe evaluiert (Biscaldi et al. 2016), in welcher die Probanden der im Manual erwähnten Pilotstudie enthalten sind. TOMTASS wurde bei n = 38 hochfunktionalen Patienten mit einer Autismus-Spektrum-Störung eingesetzt, die in der Freiburger Autismus-Ambulanz der Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Kindes- und Jugendalter behandelt wurden. Die Behandlung wurde mittels eines Prä-Post-Vergleichs mit der Skala zur sozialen Reaktivität (SRS, Bölte und Poustka 2008) und dem Inventar zur Erfassung der Lebensqualität bei Kindern und Jugendlichen (ILK, Mattejat und Remschmidt 2006) sowie einem Videorating (Stunde 2–4 vs. Stunde 21–23) evaluiert. Die Studie bezieht sich auf vier Kindergruppen (8–12 Jahre) und fünf Jugendgruppen (13–18 Jahre) mit ausschließlich männlichen Teilnehmern im Alter von 7,7–18,3 Jahren (Durchschnitt 13,2 Jahre) und IQ 70–136 (Durchschnitt IQ = 100.6). Das Ausmaß der autistischen Symptomatik verringert sich gemäß Elternurteil in SRS signifikant. Es wird zudem eine leichte, aber nicht signifikante Verbesserung der Lebensqualität im Elternurteil des ILK festgestellt, während das Selbsturteil des ILK keine Verbesserung zeigt. Die entsprechende selbst zusammengestellte »Veränderungs-Version« zeigt jedoch im Selbsturteil und Elternurteil eine positive Veränderung. Die Videoanalyse, die von in Bezug auf den Zeitpunkt verblindeten Ratern bewertet wurden, zeigt im Gesamtwert keine Zunahme an beobachteten sozialen Verhaltensweisen.