Читать книгу KOMPASS - Zürcher Kompetenztraining für Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen - Maya Schneebeli - Страница 34
SOSTA
ОглавлениеDas SOSTA-Trainingsprogramm von Cholemkery et al. (2014) richtet sich an Kinder und Jugendliche im Alter von 8–20 Jahren mit einer Autismus-Spektrum-Störung und ausreichenden kognitiven (IQ > 70) und verbalen Fähigkeiten sowie freiwilliger Teilnahme und einer gewissen Eigenmotivation. Die Kindergruppen (9–13 Jahre) umfassen 4–5 Teilnehmer und die Jugendlichengruppen (14–20 Jahre) 5–7 Teilnehmer und durch jeweils zwei Therapeuten betreut. Das wöchentliche Training wurde mit zwölf manualisierten Sitzungen à 90 Minuten evaluiert. Es wird aber empfohlen sechs zusätzliche Puffersitzungen (»Aktiver Nachmittag«) in den Verlauf einzubauen, um mehr üben und vertiefen sowie gruppenspezifische Themen bearbeiten zu können, den Transfer zu unterstützen oder auch Gruppenaktivitäten (z. B. Party) zu planen und durchzuführen.
SOSTA ist ein manualisiertes Training und behandelt folgende Themen: Benennen, Erkennen und Üben des emotionalen Ausdrucks, Kommunikationsregeln, Kontaktaufnahme und Gestaltung, Fremd- und Selbstwahrnehmung sowie Umgang mit schwierigen Situationen. Das Training umfasst zwölf strukturierte und sechs freie Sitzungen sowie drei Elternabende. Jeder dritte Termin ist eine der freien Sitzungen und dient der Wiederholung und freien Gestaltung gemeinsamer Aktivitäten zur Förderung von Selbstständigkeit und Transfer des Gelernten in Alltagssituationen. Das strukturierte und standardisierte Manual gibt genau vor, in welcher der zwölf vorgegebenen Sitzungen welches Thema mit welchen Übungen behandelt wird. Zudem gibt es in regelmäßigem Rhythmus sechs freie Sitzungen, an denen Themen wiederholt und vertieft werden können. Thematisch sind die Sitzungen wie folgt vorgegeben: 1. Kennenlernen und Einführung 2. Kommunikation 3. Gefühle erkennen 4. Gefühle ausdrücken 5. Gefühle und Situation 6. Impulskontrolle und Selbstregulation von Wut 7. Interaktion und Problemlösen I: Soziale Fehleranalyse (»social autopsies«) 8. Interaktion und Problemlösen II: Kontaktaufnahme und »social scripts« 9. Soziale Wahrnehmung: Freundliches und selbstbewusstes Verhalten 10. Selbst- und Fremdwahrnehmung: Stärken 11. Selbst- und Fremdwahrnehmung II: »social skripts« oder Problemlösen nach dem sogenannten SODA-Modell und 12. Abschluss.
Der Ablauf der Sitzungen ist immer gleich und umfasst nach einer Einführung, einer Wiederholung der Gruppenregeln und der Eingangsrunde den Themenblock und Gruppenspiele. Dann folgt der Wochenauftrag, wie die Hausaufgaben genannt werden. Schließlich folgt die Abschlussrunde, in der die Teilnehmer benennen, was ihnen gefallen und was ihnen nicht gefallen hat, und jeder Teilnehmer von den Therapeuten ein ausschließlich positives Feedback erhält. In jeder Sitzung werden sogenannte Wochenaufträge zur Vertiefung der besprochenen Themen verteilt. Alle Arbeits- und Informationsblätter sowie weitere Übungsmaterialien können von der Verlags-Homepage (https://dl.kohlhammer.de/978-3-17-037134-7) heruntergeladen werden.
SOSTA ist ein verhaltenstherapeutisches Training mit einer operanten und kognitiven Vorgehensweise. Es arbeitet mit einem Verstärkerplan, um gemeinsam festgelegte Verhaltensweisen (»Verhaltensregeln«) zu trainieren. Durch die positive Verstärkung soll die Auftretenswahrscheinlichkeit des Zielverhaltens erhöht werden. Negative Verstärkung wird kaum eingesetzt. Bei mangelnder Kooperation, störendem und oppositionellem Verhalten, aggressivem Verhalten und Konflikten kommt Verstärkerentzug oder eine verhaltenstherapeutische Auszeit zum Tragen. Pro Stunde können die Teilnehmer gesamthaft vier Punkte für das Einhalten von festen und variabeln Gruppenregeln wie auch individuelle Ziele und Wochenaufträge erhalten. Am Ende jeder Sitzung wird der Verstärkerplan abgerechnet und die Teilnehmer können ihre Punkte gegen etwas aus einer »Belohnungskiste« eintauschen. Rollen- und Gruppenspiele, die nicht ausschließlich spezifisch eine soziale Fertigkeit üben, sondern übliche Kinderspiele für Interaktion, Bewegung und Spaß sind, sind ein wichtiger Teil bei SOSTA.
Die Ziele umfassen den Aufbau sozialer Kompetenzen, die Verbesserung der sozialen Motivation, des Perspektivenwechsels und der Anpassungsfähigkeit sowie das Erlernen von Selbststeuerungsfähigkeiten.
SOSTA ist neben dem mit der schwedischen Stichprobe untersuchten KONTAKT-Programm das einzige manualisierte Gruppentraining im deutschsprachigen Raum, das in Deutschland mit einer kontrolliert randomisierten Stichprobe an sechs verschiedenen Universitätskliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit einer Spezialisierung auf die Diagnostik und Behandlung von Patienten mit einer Autismus-Spektrum-Störung (SOSTA-net) evaluiert wurde (Freitag et al. 2016). Es ist eine Prä-Post-Untersuchung (IG-N = 101) mit einer Kontrollgruppe (KG-N = 108), welche die normale zur Verfügung stehende Behandlung für die Patienten und das Elterntraining (drei Termine) erhalten hat, und einer Katamnese nach drei Monaten. Die manualgetreue Umsetzung wurde durch Videoaufnahmen und nachfolgender Kodierung von mindestens einer der Therapiestunden überprüft. Die Evaluationsstudie bezieht sich auf Daten aus 14 Gruppen, die jeweils wöchentlich für zwölf Sitzungen für Kinder und Jugendliche, die in altershomogene Gruppen (Umfang 4–5 Jahre) zusammengefasst waren, durchgeführt worden sind und zusätzlich drei Elterngruppentermine umfassten. Die Stichprobe (N = 209, IG-N = 101 bzw. KG-N = 108) umfasst 194 Jungen (IG = 96 bzw. KG = 98) und 15 Mädchen (IG = 5 bzw. KG = 10) mit einem Durchschnittsalter von 12,7 bzw. 12,9 mit einem IQ > 70 (IG-Durchschnitts-IQ = 102,5 bzw. KG-Durchschnitts-IQ = 101,4), die im Zeitraum von sechs Monaten vor Trainingsbeginn keine weitere gravierende psychiatrische Erkrankung oder schwere aggressive Verhaltensstörungen aufwiesen. Der Prä-Post-Vergleich des Fragebogens zur sozialen Reaktivität (SRS, Bölte et al. 2008) zeigt gemäß Elternangaben eine Symptomabnahme des Gesamtwertes in der Interventions- wie auch der Kontrollgruppe, wobei diese in der Interventionsgruppe signifikant höher ist als in der Kontrollgruppe (p = .01, ES = .35). In der Katamnese nach drei Monaten bleiben die Werte der Interventionsgruppe signifikant tiefer als in der Kontrollgruppe (p = .02, ES = .34). Die Angaben der Lehrer im SRS zeigen deskriptiv eine größere Symptomabnahme in der Interventionsgruppe, doch der Vergleich zur Kontrollgruppe ist wie auch beim SDQ nicht signifikant. Nach drei Monaten unterschieden sich die Gruppen nicht mehr. Im Weiteren wurden bei der Katamnese in der Interventionsgruppe signifikant weniger allgemeine Verhaltensprobleme gemessen am Gesamtwert des Strength and Difficulties Questionnaire (SDQ, Rothenberger et al. 2008) als in der Kontrollgruppe gefunden. Im Bereich der ängstlich-depressiven Symptomatik des CBCLs (Achenbach 1991a) und ›Probleme mit Gleichaltrigen‹ des SDQ wurde gemäß Elternangaben keine Verbesserungen bei Gruppenende oder nach drei Monaten gefunden. Auch in der Selbstbeurteilung mittels des Depressionsinventars für Kinder und Jugendliche (DIKJ, Stiensmeier-Pelster et al. 2000) zeigte sich keine signifikante Veränderung. Ein höherer SRS-Wert in den Eltern- oder Lehrerangaben, also eine höhere Symptombelastung im Bereich der sozialen Reaktivität, wie auch ein höherer IQ korrelierten mit einem besseren Erfolg bei Therapieende und der Katamnese-Messung. Alter und Geschlecht hatten keinen Einfluss.