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1. Teil: Vorwort des Dr. med. Sergiu Petrescu


Hippokrates ist für uns Ärzte, obwohl schon seit 2.500 Jahren im Jenseits, nach wie vor das Vorbild. Doch einer seiner Lehrmeinungen konnte ich früher nichts abgewinnen, ja, ich lehnte sie sogar ab. Im zweiten Buch seiner Schrift ,Perì tēs Psychēs‘ (Über die Seele) schreibt er nämlich folgendes; ich zitiere:

»Liebesleben und Paarungsverhalten der Spezies Mensch geben uns noch zahlreiche Rätsel auf. Eines der seltsamsten davon, welches man gelegentlich beobachten kann, soll hier thesenartig angerissen und zur Diskussion gestellt werden.

Allzu heftig, ja, bis zur Besinnungslosigkeit Liebende erfüllt der nicht selten beobachtete Wahn, es sei das größte Glück auf Erden, das Leben auf dem Höhepunkt der Gefühle beenden zu dürfen. Nicht wenige meiner Kollegen haben den orgiastischen Moment des Liebesaktes mit einem kurzzeitigen Sterben verglichen.

Frauen sollen von dieser Todessehnsucht bevorzugt betroffen sein, insbesondere, wenn sie sich dem Manne hemmungslos hingeben, denn nach dem betäubenden Liebesakt kommt die grausame Ernüchterung. Das vorher Begehrenswerte erscheint ihnen nun grau und fade.

Von dort her scheint mir der Wunsch liebender Frauen zu kommen, sich dem jeweiligen Partner mit solch blinder Leidenschaft und derart grenzenloser Unterwürfigkeit hinzugeben, dass sie von ihm sogar verlangen oder verlangen möchten, er möge sie im Rausche der Liebe töten. Eben das und nichts anderes sehen sie als Vollendung des irdischen Glückes an und ordnen ihm bedenkenlos all ihre anderen Gedanken unter.«

Ich selbst konnte dieser These, wie gesagt, nichts abgewinnen, ja, ich verabscheute sie sogar, bis mich das grausame Leben eines Besseren belehrte und zur Überzeugung brachte, dass unser Altmeister recht gehabt hat.

Wie es dazu kam, erfährst Du, mein geliebter und geduldiger Leser (m/w/d), sobald du dieses Buch gelesen hast. Es ist der Bericht einer Tragödie, die ich an der Seite von Venedigs berühmtem Detektiv, den man ,Volpe‘ nennt, erleben durfte, damals, als wir versuchten, der entzückenden Amanda das Leben zu retten.

Über meinen wunderbaren Freund Giuseppe Tartini, den man wegen seines schulterlang getragenen Rotschopfs und auch, weil er der Scharfsinn in Person ist, den Volpe nennt, also Fuchs und Schlaumeier in einer Person, möchte ich mich hier nicht weiter auslassen. Es ist bereits der siebte Band, in dem ich über unsere gemeinsamen Abenteuer berichte. Daher möchte ich mich an den wunderschönen griechischen Spruch halten: »Mē fere glaúkās eis Athénās – trage keine Eulen nach Athen.«

Lagunenmorde: Detektiv Volpe ermittelt: 5 Venedig Krimi-Bücher

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