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Sprachhaltung: Latinitas – mundities Wortwahl
ОглавлениеIn unserem Text wiederholen sich bestimmte Vokabeln, ohne dass eine rhetorische Absicht dahinter vermutet werden könnte: in balneis, balneis, balneas, in balneis; lavari, lavabantur. Ein ähnliches Bild bietet eine andere Erzählung des Gracchus, die wir hier zum Vergleich heranziehen:25
Quanta libido quantaque intemperantia sit hominum adulescentium, unum exemplum vobis ostendam. His annis paucis ex Asia missus est, qui per id tempus magistratum non ceperat, homo adulescens pro legato26. Is in lectica ferebatur. Ei obviam bubulcus de plebe Venusina advenit et per iocum, cum ignoraret, qui ferretur, rogavit, num mortuum ferrent. Ubi id audivit, lecticam iussit deponi, struppis, quibus lectica deligata erat, usque adeo verberari iussit, dum animam efflavit.
Wie weit der Mutwille und die Zügellosigkeit der jungen Leute geht, will ich euch an einem Beispiel zeigen: Vor wenigen Jahren wurde ein junger Mensch anstelle eines Gesandten aus Asien geschickt, der damals noch kein Amt bekleidet hatte. Er ließ sich in einer Sänfte tragen. Da begegnete ihm ein Ochsentreiber, ein einfacher Mann aus Venusia, und fragte zum Scherz, da er nicht wusste, wer sich da tragen ließ, ob man einen Toten trage. Als der junge Mann dies hörte, ließ er die Sänfte abstellen und befahl, den Ochsentreiber so lange mit den Tragriemen der Sänfte zu schlagen, bis er den Geist aushauchte.
Auch in diesem Text beobachten wir unrhetorische Wortwiederholungen der gleichen Art: ferebatur, ferretur, ferrent; lectica, lecticam, lectica; iussit, iussit; per id tempus, per iocum. J. Marouzeau betont, um wieviel kunstvoller der Wortschatz bei Cicero behandelt sei.27 Doch sollte man mit Wendungen wie „Lässigkeit der Umgangssprache“ vorsichtig sein, da noch Quintilian28 eine übertriebene Suche nach Synonymen um der bloßen Abwechslung willen als affektiert ablehnt. Gracchus hält sich hier – soviel ist sicher – an die proprietas verborum.