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Kapitel 14 Von Erkenntnissen und Fehlschlägen
Оглавление“Sie vermuten also, das die fremden Objekte, nennen wir sie ruhig einmal mit der, bei euch Piloten üblichen Bezeichnung, also “Todessterne”, von einem energetischen Feld umgeben sind, welches Geschosse und Strahlen aufhält, zumindest aber abschwächt?”
Major-General Jean Prenauld lehnte sich in seinen Sessel zurück und betrachtete nachdenklich Tim O´Donnel. Der Jägerpilot war soeben erst vom Captain zum Major befördert worden. Prenauld nutzte die Gelegenheit, um anschließend ein persönliches Gespräch „unter vier Augen“ mit ihm zu führen. In diesem Fall hieß das, dass nur der frischgebackene Major und der vereinigte Generalstab anwesend waren.
O´Donnel nickte knapp. “Die normalen Geschosse sind nicht durchgeschlagen. Ich konnte beobachten, dass meine erste Rakete das Feindschiff traf. Diese bläuliche Sphäre um das Schiff glühte auf, und brach erst dann zusammen, als meine zweite Rakete einschlug.”
Tim stand in jener leicht verkrampften Haltung da, welche bei Militärs als bequemes Stehen bezeichnet wurde. Er war kein verdammter Marine oder Soldat, der Stundenlanges stehen gewohnt war. Diese Lamettaträger hätten ihm ruhig eine Sitzgelegenheit anbieten können. Tim sah sich unbewusst um. Nun, man konnte hier wohl wirklich keinen Stuhl mehr hineinquetschen. Es war ein kleiner und absolut abhörsicherer Nebenraum. Aber Tim wäre gerne bereit gewesen, sich auf General Olnarewas Stuhl zu setzen, und die attraktive Frau zu sich auf den Schoß zu nehmen.
Der Major rief sich innerlich zur Ordnung. “Noch etwas, Sir. Bei einem längeren Feuerstoß dringen die Geschosse schließlich doch durch diesen Energieschirm oder was immer das ist. Aber die Vollgeschosse haben den Rumpf der nicht durchschlagen.”
“Wir arbeiten daran und haben auch schon eine Lösung”, warf Tanja Olnarewa ein.
“Ma´am?” Tim legte die Stirn in fragende Falten.
Der panamerikanische General Howard lächelte knapp. “Quetschkopfgeschosse. Wir werden die Schnellfeuerkanonen künftig mit Q-Geschossen versehen. Weiche Bleihülle, die auf den Rumpf auftrifft, sich verformt und einen Stift aus urangehärtetem Wolfram freigibt. Die kinetische Energie des Aufpralls der Bleihülle, beschleunigt den Stift nochmals, so dass er auch starke Panzerungen durchschlägt. Wir kennen das von der Panzerbekämpfung.”
Okay, Tim kannte das Zeug. Aber seine Verwendung im Weltraum war ihm neu. War bislang ja nicht erforderlich gewesen.
“Schön. Danke, Major. Sie können gehen.” Jean Prenauld erwiderte den Gruß des abtretenden Piloten und wartete, bis sich die schalldichte Tür wieder geschlossen hatte. “Im Prinzip sind die Jäger durchaus effektiv. Mit Q-Geschossen und mehr Raketen, da könnten sie sich als effektive Waffe gegen die Todessterne erweisen.”
Howard räusperte sich kurz. “Das Problem ist nur, dass die derzeitigen Raumjäger eine sehr begrenzte Zuladungskapazität haben.
“Richtig”, warf General Olnarewa ein. “Was uns zu zwei Fragen bringt. Welcher Schiffstyp soll mit Priorität gebaut werden und wie sieht es mit Neukonstruktionen aus? Es wäre peinlich, wenn wir Docks für 100-Meter-Schiffe errichten und die Konstrukteure wesentlich größere Typen planen.”
“Nun, dahingehend brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Die Koordination zwischen den Stäben für die Planung und die Konstruktion funktioniert, Ausnahmsweise, reibungslos. Die Frage ist nur, brauchen wir mehr Träger oder mehr Kreuzer?”
“Träger sind wahrscheinlich sehr effektiv, aber auch verwundbar. Die Jäger selbst haben nur kurze Reichweiten. Auch wenn ich den Schwerpunkt im Bau von Trägern sehe, müssen wir einen ausreichenden Geleitschutz dieser “dicken” Schiffe durch kampfkräftige Einheiten, also Kreuzer, gewährleisten.”
“Das sehe ich ebenso”, bekräftigte Admiral Han. “Und wir sollten zusätzliches Augenmerk auf die Erkennung der Feindschiffe werfen. Scheinbar werden sie von unserem Radar nur spät oder überhaupt nicht erkannt. Die Piloten der Träger waren bei ihrem Gefecht auf den Sichtkontakt angewiesen. Die wärmesuchenden Raketen haben den Feind erkannt, waren jedoch häufig zu langsam und schwerfällig, um ihn bekämpfen zu können. Wir müssen unsere Feinderfassung schnellstens verbessern, damit wir den Gegner erkennen, bevor er über unsere Einheiten herfallen kann.“
“Ja”, knurrte Howard. “Das ist eines unserer verdammten Probleme.”
Es gab eine Menge Probleme.
Der zunehmende Engpass an Energum führte zu stärkeren Rationierungen. und die regionalen Regierungen bemühten sich um eine verzweifelte Gratwanderung. Sie mussten auf der einen Seite genügend Vorräte, zu Überbrückung der Krise, sicherstellen und alternative Energieproduktionen gewährleisten, aber auf der anderen Seite die Rationierung großzügig genug handhaben, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen.
Zugleich wurde der schwindende Energum-Vorrat jedoch durch die militärischen Erfordernisse extrem geschmälert.
Die nationalen Weltraumbehörden und Firmen, die sich mit Weltraumfahrt befassten, warfen ihre Ressourcen zusammen. Was Flügel und Triebwerke besaß, wurde für Transporte und Versorgungsflüge eingesetzt. Selbst die alte Atlantis, ein früherer Orbiter, der von der NASA liebevoll in einem Museum gepflegt worden war, wurde einer Inspektion unterzogen, provisorisch modernisiert und ins All geschickt. Zum Erstaunen, und zur Begeisterung, der Männer und Frauen vom Kennedy-Space-Center, flog das alte Shuttle in den folgenden Monaten fehlerfrei seine Missionen. Tag und Nacht wurde gearbeitet, um Shuttles zu produzieren und ihre Zuladung fertig zu stellen. Die Luftwaffen der nationalen Streitkräfte wurden nach Piloten durchforstet, zivile Fluggesellschaften ausgedünnt.
Raumfahrt war ein Luxusartikel gewesen, nur halbwegs finanziell tragbar, da das Energiemineral Energum Gewinne brachte. Jetzt wurde Raumfahrt zur Notwendigkeit.
Alte Satelliten, die früher den Großmächten als Atomwaffenträger gedient hatten, wurden reaktiviert. Die größtenteils verschrotteten Atomwaffen durch moderne Waffensysteme ersetzt. Techniker und Arbeiter aus der freien Wirtschaft wurden in Schnellkursen zu “Fachkräften für Weltraumarbeit”. Die Zeit drängte. Der Zwang, eine aktionsfähige Flotte zu erbauen, verschlang Unsummen an Geldern und forderte immer neue Arbeitskräfte.
Es ging nicht ohne Verluste ab. Verluste an Material und an Menschenleben. Manchmal wussten die Verantwortlichen nicht, was davon schwerer wog.
Zwei der siebzehn, vorhandenen oder neu gebauten, Shuttles gingen verloren. Eines stürzte über menschenleerem Gebiet ab, das andere explodierte auf seiner Startrampe, auf dem Hermann-Oberth-Startgelände in der Nähe von München. Die Besatzung, sieben ausgebildete Astronauten, starb, und die Startrampe wurde vollständig zerstört. Ihr Wiederaufbau würde Monate an kostbarer Zeit in Anspruch nehmen.
An der ISS und der Nikolajew-Station dockten die wenigen vorhandenen Kriegsschiffe, die nun unter der Flagge der UNO fuhren, wurden repariert, modernisiert und ausgerüstet. Die Schiffe quollen vor Arbeitskräften und Personal über, denn jede Schiffsbesatzung wurde mit dem dreifachen an unausgebildetem Personal zusammengepfercht, um Besatzungen für die künftigen Schiffe heranzubilden.
Die internationale Mondstation Star-City, nahe dem Krater Ziolkovski auf der Mondvorderseite, platzte schier aus den Nähten. Die zwölf Forscher der Station wurden förmlich überrannt. Shuttles entluden unentwegt ihre Fracht. Quartiere, Versorgungseinrichtungen, Werkzeuge, Maschinen und unzählige andere Dinge, die erforderlich waren, um riesige Werftkomplexe aus dem Mondboden zu stampfen. Arbeitsplätze für 24.000 Arbeiter, Techniker und Ingenieure.
Jürgen Schröter war einer von ihnen. Er war harte Arbeit gewohnt, arbeitete seit über zwanzig Jahren als Montagearbeiter für seine Firma. Auch ihn hatte man in Crash-Kursen auf den Mondeinsatz vorbereitet, ihn mit Dutzenden von Kolleginnen und Kollegen in Shuttles verfrachtet, und auf dem Mond in provisorischen Unterkunftsblasen abgesetzt. Jetzt nietete er Stahlplastikträger aneinander, formte mit ihnen allmählich die äußere Hülle einer riesigen Blase, in der einmal Schiffe gebaut werden sollten. Neben ihm schweißte ein Kollege. Jürgen Schröter sah überall um sich herum die kleinen grünen Positionslampen von Raumanzügen. Er fühlte sich nicht besonders wohl. Er hatte auf dem Flug ins All Todesängste ausgestanden und sein Frühstück im Shuttle verteilt. Er hätte auf das Verbot hören sollen, vor dem Start zu essen. Aber er hatte einfach Hunger gehabt.
Jetzt war er seit vier Tagen hier, in Star-City, und die geringe Schwerkraft bereitete ihm Probleme. Okay, das schwere Nietenschussgerät war leicht zu handhaben und er konnte wie ein Affe in den Gerüsten herumklettern, aber ein falscher Tritt, etwas zu viel Schwung, und man segelte vom Boden fort, trieb eventuell ins All hinaus. Einer der Forscher der Station hatte ihm gestern, bei einem Bier, von einem Kollegen erzählt, der seit drei Jahren den Mond als Trabant umkreisen sollte. Jürgen Schröter hatte keine Ahnung, ob das auch stimmte, aber er wollte keinesfalls zu denen gehören, die das ausprobierten. So arbeitete er sorgfältig und war bemüht, die erforderliche Eile mit den erforderlichen Sicherungsmaßnahmen in Einklang zu bringen.
Es war nur einfach reichlich heiß in diesen Anzügen. Er kam sich vor, wie ein aufgeblasener Teddybär in einem Saunaanzug. So ein Teddybär, wie ihn seine kleine Tochter hatte. Sieben Wochen würde er noch auf Luna arbeiten müssen, bevor er zwei Wochen Urlaub auf der Erde erhielt.
Jürgen Schröter stieß mit seiner behandschuhten Hand gegen die Helmscheibe und fluchte. Verdammt, nicht mal den Schweiß konnte man sich in diesen Anzügen abwischen.
Ab und zu hörte er Bemerkungen anderer Arbeiter über den Funk oder Anweisungen seines Teamchefs.
Der Arbeiter kniff die Augen zusammen. Dieses verdammte, grelle Licht. Diese ekelhafte Hitze. Unsicher setzte er sein Nietgerät an der nächsten Stelle an, drückte den Auslöser. Irgendetwas stimmte nicht. Oh, verflucht, er hatte sich nicht richtig festgehalten, hatte seine Sicherungsleine nicht eingehakt ... Hoffentlich spielte er jetzt nicht auch Trabant.
Jürgen Schröter segelte zu Boden. Ganz langsam, und ihm kam es wie Zeitlupe vor. Dennoch trieb der Aufprall ihm die Luft aus den Lungen und er stöhnte schmerzerfüllt auf. Diese Hitze. Diese Hitze. Er stand auf, ging auf die Blase des Vorarbeiters zu, die sich in wenigen hundert Metern erhob. In schaffte nur einige wenige, taumelnde Schritte, bevor er lautlos vornüber sank.
Nach einigen Minuten erklangen besorgte Stimmen über den Helmfunk und riefen nach ihm.
Der Mond war mit Staub und Geröll bedeckt. Es war nicht einfach, eine liegende Gestalt im Raumanzug zu finden, wenn diese mit Schmutz bedeckt wurde. Es gab noch keinen Mond-Rettungsdienst, mit seinen Suchtrupps und Überwachungssatelliten. So dauerte es mehrere Stunden, bis man Jürgen Schröter fand. Doch da war er bereits tot, ums Leben gekommen durch Hitzerschöpfung. Es war nicht seine Schuld. Der hastig gefertigte Raumanzug war fehlerhaft. Vielleicht war es ein Trost für seine Frau und seine Tochter, dass sein Tod für die Behebung des Fehlers sorgte.
Sein Tod war kein Einzelfall und es gab auch Verletzte. Manche von diesen wurden rasch genug unter atmosphärische Bedingungen gebracht, um ihr Leben retten zu können. Die es nicht schafften, wurden in einer undurchsichtigen Blase vorübergehend beigesetzt. Bis man die Zeit fand, sie nach ihrem Glauben in die letzte Ruhe zu geben.
Doch jetzt hatte man diese Zeit nicht. Niemand konnte sagen, wann die Fremden aktiv würden, ob sie nicht der Erde selbst einen Besuch abstatten wollten.
Es mochte die unterschiedlichsten Beweggründe, für die Anstrengungen des Einzelnen geben, doch der Wille zum Überleben, war ihnen allen gleich.
Auf der Erde war man bemüht, die sich abzeichnende Energieversorgungslücke zu schließen. Eine Reihe alter Kraftwerke sollte dazu wieder in Dienst gestellt werden. In Oslo befand sich eines der ältesten Fusionskraftwerke der Welt. Lief die Fusion erst einmal, dann brachte sie saubere Energie, doch das Problem bestand in der Initialzündung, für die man sehr hohe Energien aufwenden musste.
Die Fusionstechniker Nils Björensen und sein Kollege waren von ihrer Firma unerwartet aus dem Ruhestand gerufen worden. Irgendein Regierungsmensch hatte ihnen dann, gemeinsam mit dem Chef und etlichen Kollegen, etwas von nationaler Sicherheit erzählt, und die Katze aus dem Sack gelassen. Jetzt bemühten sie sich schon seit zwei Monaten, das Fusionskraftwerk wieder in Betrieb zu nehmen. Damals, als es stillgelegt wurde, hatte es sich noch etliche Kilometer außerhalb der Stadt befunden. In den letzten Jahren war diese weiter gewachsen und das Kraftwerk lag inmitten eines seiner Vororte.
“Da tut sich nichts.” Nils Björensen versuchte eine andere Schaltkombination. Missmutig betrachtete er die Kontrollen, mit ihren Lichtern, Monitoren und Displays. “Verstehe ich nicht. Die ganze Anlage ist überprüft, frisches Plasma eingeführt, die Feldspannung stimmt ... aber die Fusion zündet nicht.”
“Ja, merkwürdig”, knurrte sein Kollege. Er stand über den ausgebreiteten Schemaplan gebeugt. Sein Zeigefinger fuhr die farbigen Linien entlang. “Hast du die Plasmapumpe 4 über den Schaltkreis A oder Kreis B geregelt?”
“B”, entgegnete Björensen.
“Hm, nach dem Plan stimmt das.” Der Kollege kratzte sich am Kopf. “Mistding. Na ja, der Reaktor ist fünfzehn Jahren stillgelegt und sollte eigentlich im nächsten Jahr abgerissen werden. Schon ein seltsames Gefühl, plötzlich wieder in dem alten Mädchen zu stehen.”
“Hast du eigentlich schon gehört? Nächste Woche sollen die beiden ersten Werftkomplexe auf Luna in Betrieb genommen werden. Mann, die haben echt rangeklotzt. Mein Sohn auch. Ist in Star-City.”
“Weiß ich doch. Hast du mir täglich mindestens dreimal erzählt.” Björensen probierte eine andere Schalterkombination. “Verstehe ich nicht, schon wieder nichts. Das verdammte Ding blitzt nicht einmal kurz auf.”
Dann blitzte es doch.
Der grelle Lichtschein war selbst im hohen Orbit deutlich zu sehen. Er kostete Tausende von Menschenleben und Zigtausende von Verletzten, fegte die östlichen Randgebiete von Oslo von der Karte.
Der Rest der Stadt verharrte geschockt.
Svenja Nissen saß neben ihrer Lebensgefährtin in dem neuen Wagen, als es passierte. Das schwere Turbinenfahrzeug wurde von der Druckwelle zur Seite geworfen, die Welt drehte sich um die jungen Frauen, bevor ihnen Schwarz vor Augen wurde.
Als Svenja Nissen ihre Augen wieder öffnete, saß sie noch immer im Sitz des Wagens. Verstört registrierte sie, dass sich dieser Sitz jedoch nicht mehr im Fahrzeug befand. Svenja lag inmitten der Auslage eines Geschäftes. Der zahlreiche weiche Stoff der ausgestellten Kleidungsstücke mochte ihr das Leben gerettet haben. Sie bemerkte kaum, dass sie halbnackt war, und die Druckwelle den größten Teil der Kleidung von ihrem Körper gefetzt hatte. Alles war seltsam still. Erst als sie kläglich um Hilfe rief, bemerkte sie, dass ihr Gehör versagte.
“Oh Gott, was ist passiert? Was ist mit Hildrun?”, dachte sie besorgt. Unbeholfen löste sie die im Sitz verankerten Gurte, riss ihre Augen erschrocken auf, als sie im Rückenteil einen langen Glassplitter erkannte, der sie fast aufgespießt hätte.
Sie kroch vom Sitz fort. Blickte sich um. Der Laden war ein Chaos. Svenja sah den von Blut überströmten und von Glasscherben zerfetzten Körper eines Mannes. Oder war es eine Frau gewesen? Auch andere Körper lagen am Boden. Einige bewegten sich, und zwei oder drei versuchten sogar, sich aufzurichten.
Svenja sah einen Mann, der sich taumelnd erhob und eine Hand auf die klaffende Platzwunde an seiner Stirn legte. Sein Mund bewegte sich auf und zu, und die junge Frau brauchte einen Moment, bis sie begriff, dass der Fremde schrie.
Sie blickte nach draußen, zum Bürgersteig. Die Häuser standen noch, sahen allerdings merkwürdig aus. Teilweise schief, wie verzogen. Überall waren Trümmer, Glassplitter, die Überreste von Fahrzeugen und dazwischen Menschen. Solche, die seltsam ruhig wirkten und andere, die scheinbar ziellos in dem Untergangsszenario herumstolperten. Es gab viel zu viele ruhig wirkende Menschen. Einige davon schienen tatsächlich nur zu schlafen, doch bei vielen konnte Svenja erkennen, dass sie nie wieder erwachen würden.
“Was ist mit Hildrun?”, dachte sie erneut. Sie wollte den Laden verlassen, ganz normal hinausgehen, doch sie konnte nur kriechen. In dem Blech- und Plastikhaufen, auf der gegenüberliegenden Straßenseite, erkannte sie das farbige Muster ihres neuen Wagens.
“Hildrun”, dachte sie entsetzt. Sie kam taumelnd auf die Füße, torkelte, musste sich wieder hinsetzen. Svenja fasste sich an die Schulter, bemerkte Blut. Sie musterte ihre rot gefärbte Hand neugierig. Komisch. Dann sah sie wieder auf das Fahrzeug ihrer Lebensgefährtin. Es war zerrissen, deformiert. Bedeckt vom Staub und den Trümmern des ... ja, was war es eigentlich gewesen? Sie waren doch eben noch gemütlich und fröhlich zum Shoppen gefahren.
Svenja bemerkte den Arm neben dem Wrack. Sie erkannte Hildruns modische Uhr, mit dem Handgelenk-Computer. Registrierte mit aufgerissenen Augen, dass sich kein Körper an diesem Arm befand.
Sie schrie, aber sie konnte ihren eigenen Schrei nicht hören.
Irgendwann vernahm sie das eigenartige Rauschen in den Ohren, erklang ganz leise das auf- und abschwellende Stakkato der Sirenen.