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Kapitel 2 Nur dieses eine Wort
ОглавлениеDer Controller der internationalen Raumstation zuckte kurz mit den Schultern. “Nichts mehr, Sir. Nur dieses eine Wort “Hilfe”. Seitdem nichts mehr.”
Raschid al Muhar, Leiter der ISS im Erdorbit, sah gedankenverloren aus dem mannshohen Panoramafenster. Scheinbar unter seinen Füßen, drehte sich die Kugel der Erde unter ihm hinweg. Nervös rieb Raschid seinen Mittelfinger. “Überhaupt nichts? Keine Meldung vom Mars, von der Maru?”
Jochen Strotmann, Leiter des Observatoriums der Raumstation, klopfte auf den Laptop, der vor ihm auf dem Tisch lag. Er tat es unbewusst vorsichtig, denn die Schwerkraft, die von der Eigenrotation der Station erzeugt wurde, erlaubte nur ein flüchtiges, aber überaus willkommenes, Gefühl von “oben” und “unten”. “Wir haben vor ein paar Tagen diesen merkwürdigen Lichtblitz in Marsnähe beobachtet. Vielleicht war es eine Explosion. Ein Unfall.”
Raschid überblickte, von seiner Warte aus, eine Vielzahl der Module, aus denen die Station bestand. Anfangs, bei der Inbetriebnahme im Jahre 2001, da waren es nur wenige der meist tonnenförmigen Segmente gewesen. Doch in den vergangenen Jahren waren immer neue und auch größere Teile hinzugekommen.
Erst vor drei Jahren war ein Techniker auf den Gedanken gekommen, die Station mit einer Außenhülle zu versehen, welche es erlaubte, den Raum zwischen den Modulen mit Luft zu füllen und zu nutzen. Nun war die Station von einem “weichen” Kunststoff, der sogenannten Blase, umgeben. Einem durchsichtigen Material von gummiähnlicher Beschaffenheit. Durchschlugen kosmische Mikropartikel die Hülle, so schlossen sich die winzigen Löcher sofort wieder, ohne das viel von der kostbaren Atemluft entweichen konnte. Die luftgefüllte Blase hatte es ermöglicht, eine Reihe von Plattformen mit hydroponischen Gärten und Sonnenkollektoren zu errichten, welche zur Versorgung mit Atemluft, Gemüse und Energie beitrugen.
Mit der durchsichtigen Schutzhülle sah die Station, mit ihren zahlreichen Modulen und Segmenten, Schüsseln und Andockvorrichtungen, wie ein Igel aus. Raschid musste unwillkürlich lächeln, als er daran dachte, dass die Besatzungen die Internationale Raumstation etwas liebevoll “kondomgeschütztes Stachelschwein” nannten.
Er wandte sich wieder um. “Mag sein, dass die Fuji-Maru einen Unfall hatte. Aber dann hätte die Marssiedlung das bemerkt und uns verständigt. Ich glaube kaum, dass die Sender der Kolonie und der Maru gleichzeitig ausfallen.”
“Vielleicht eine Störung, durch einen elektromagnetischen Puls. Oder Sonnenflecken-Aktivität.”
Strotmann schüttelte den Kopf. “Nein, mit der Sonne hat das nichts zu tun.”
“Und nukleares Potential gab es auch nicht”, ergänzte Raschid. Abermals rieb er seinen Mittelfinger. Eine Geste, die ihm bei der 30-köpfigen Besatzung rasch den Spitznamen “Der Finger” eingebracht hatte. “Nein, etwas Unvorhergesehenes und sehr Schlimmes muss geschehen sein. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die UNO zu informieren.”
“Steht ein Schiff in Marsnähe?” Jochen Strotmann blickte den jungen Controller an.
“Negativ”, meinte der Mann nach kurzem Blick aus seinen tragbaren Computer. “In vier Wochen soll die Conestoga, ein Pendler, den Mars erreichen. Vom Pluto kommt der chinesische Zerstörer Yang-Tse zurück. Der würde den Mars in fünf Monaten passieren.”
“Melden Sie es der UNO, und dann halten wir Augen und Ohren auf”, ordnete Raschid an. Verdammt, sein Finger juckte schon wieder.