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GRUNDLAGEN VON DER ART ÄGYPTISCHER DARSTELLUNGEN

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Das Wichtigste, was man über ägyptische Kunst wissen muss, ist, dass sie nicht existiert. Die Ägypter schaffen niemals Kunst in unserem Sinne und auch nicht l’art pour l’art – Kunst um der Kunst Willen, wenn man einmal von den herrlichen Wand- und Bodenbemalungen des Palastes von Malqatta für Amenophis III. absieht, die sicherlich auch dem Erfreuen des Königs dienen sollten. Alles, was die alten Ägypter abbilden, hat eine tiefere Bedeutung und ist das Dargestellte selbst. Hieroglyphen, die gefährliche Tiere zeigen, wie etwa Schlangen, können für den König in seinem Grab gefährlich werden. Als man etwa 2370 v. Chr. damit beginnt, Wände in den Pyramiden mit Texten zu versehen, werden sie durch kleine Messer unschädlich gemacht, die in ihren Körpern stecken, oder bereits zertrennt abgebildet.

Figuren von Menschen sind stets die Abgebildeten persönlich. Relativ selten treffen wir in ägyptischen Darstellungen auf portraithafte Züge (Abb. 31) und niemals auf ausgesprochen hässliche Personen (die Exemplare, bei denen das Werk aufgrund des Unvermögens des Künstlers so wirkt, sind nicht beabsichtigt und hier nicht gemeint). Wir kennen aus Ägypten nur schöne Figuren von äußerst ästhetischen Menschen, denn wenn sie sich so abbilden lassen, dann sind sie gutaussehend – ganz gleich, wie es auch die Zeitgenossen empfunden haben mögen. Diese Vorstellung soll uns im Zeitalter der digitalen Fotografie nicht zu sehr fremd erscheinen, in der inzwischen eine Fülle von Software zur Verfügung steht, um körperliche Makel zu kaschieren, das Schöne zu betonen und das weniger Schöne verschwinden zu lassen. Als altägyptisches Beispiel mag der Beamte Amenophis, Sohn des Hapu, dienen (Abb. 41). Er erlebt unter König Amenophis III., etwa um 1350 v. Chr., eine bemerkenswerte Karriere und wird zu einem der wichtigsten Beamten des Landes. Seine Statue zeigt einen attraktiven Mann, der sich, im Schneidersitz hockend, schreibend über eine Papyrusrolle beugt. Die Tätigkeit weist nicht darauf hin, dass es sich bei dem Dargestellten um einen einfachen Schreiber handelt, sondern sie will aussagen, dass Amenophis ein Intellektueller gewesen ist. Ebenso sind die Fettröllchen eine weitere Erklärung des sozialen Status des Mannes. Unabhängig davon, ob er tatsächlich korpulent gewesen ist, geben diese Rollen eine weitere Auskunft über den Abgebildeten: Amenophis, der Sohn des Hapu, ist wohlhabend und braucht sich nicht mit körperlicher Arbeit zu plagen. Er kann es sich leisten, über das Nötige hinaus zu essen und Fett anzusetzen. Dass ein dickleibiger Mensch allerdings nicht zum Schönheitsideal der Ägypter gehört, wird ebenfalls durch diese Statue deutlich: Fast schon dezent sind die Röllchen angedeutet und beschränken sich ausschließlich auf den Bereich unterhalb der Brust. Sein restlicher Körper ist schlank.

Eine weitere Auffälligkeit ist, dass die Menschen fast alle im besten Alter gezeigt werden, nur wenige sind alt oder gebrechlich dargestellt worden. Selbst wenn eine Mutter mit ihrem erwachsenen Sohn abgebildet ist, wird erst aus der Inschrift ersichtlich, dass sie nicht seine Frau ist. Inschriften sind ein wesentlicher Bestandteil der ägyptischen Kunst, denn nur dadurch, dass der Name eines Menschen einer Figur beigeschrieben wird, verschmelzen beide miteinander.

Das Niedergeschriebene wird dadurch zur Wirklichkeit, es wird lebendig. Wenn man beispielsweise einer Statue einen Namen einmeißelt, bildet diese Figur eine Wesenseinheit mit dem oder der Abgebildeten und ist fortan mit ihm oder ihr identisch. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass alles, was nicht existieren soll, auch nicht textlich oder bildlich in Erscheinung treten darf, weil es dadurch für alle Zeit gegenwärtig ist.

Der Gott Osiris z.B. wird von seinem Bruder ermordet, doch diese Tatsache wird in altägyptischer Zeit so gut wie niemals schriftlich festgehalten. Erst unter den Griechen, die Ägypten in der Antike bereisten haben und die Skrupel der Ägypter nicht teilen, erfahren wir unumwunden von diesem skandalösen Göttermord.

Am Anfang war Ägypten

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