Читать книгу Mein Herz ist aus Stein - Michaela Lindinger - Страница 17
Im »Thier- und Saugarten«
ОглавлениеDer »mailich ergrünende Wald« bei Lainz war seit Jahrhunderten als Jagdgebiet genutzt worden. Es sollte noch lange dauern, bis das Wild »träumend im Moos« ruhen konnte, denn im »Wienner Waldt«, wie er genannt wurde, waren die Wildtiere einst ausschließlich zur Bejagung bestimmt. Schon die frühen Habsburger genossen die Jagd als Freizeitvergnügen, allein oder mit adeligen Gästen. Um die Erhaltung der Bäume war man im Mittelalter bereits in Sorge, nicht jedoch etwa, weil das Holz zu langsam nachwuchs oder der Bedarf nicht gedeckt werden konnte, sondern weil der Wald nur als Lebensraum des Wildes von Bedeutung war. Die Babenberger hatten zuvor sogar das Aufstellen von Bienenstöcken im Wald untersagt, weil die stechenden Insekten das Wild vertreiben könnten.
Ab dem 14. Jahrhundert kamen in der Wiener Umgebung die ersten »Thiergärten« als typische Belustigungsorte gehobener Adelskultur auf. Je nach Wildart, die darin gehalten wurde, nannte man sie »Hirsch-« oder »Saugarten«. Umschlossen waren diese Bereiche mit Holzpalisaden und darin hielt man das Wild »auf Vorrat«, um es je nach Lust, Laune und Anlass bejagen zu können. Ein solcher Plankenzaun, zur Waldseite hin offen, reichte schon recht früh vom Kahlenbergerdorf bis nach Lainz. Beim Auhof gab es einen sogenannten Wolfsgarten, ein allseitig umzäuntes Terrain, das man sich als Fallgrube größeren Umfangs vorstellen muss. Noch im 19. Jahrhundert stellte die Wolfsjagd eine für den Schutz des Wildes notwendige Maßnahme dar. Der letzte Wolf im Lainzer Tiergarten wurde 1833 oder – je nach Quelle – erst 1846 erlegt. Im Auhof befand sich früher das Jagd- und Forsthaus des jeweiligen Regenten.
Die aus festem Material gebaute Umfriedung des heutigen Lainzer Tiergartens kam erst Ende des 18. Jahrhunderts zustande. Der begnadete Satiriker Johann Nestroy bezeichnete das über 24 Kilometer lange Bauwerk später als »Junges der Chinesischen Mauer«. Auch die Legende vom »armen Schlucker« hat mit dem Lainzer Tiergarten zu tun. Vom niederösterreichischen Maurergesellen Philipp Schlucker (1747–1820) wird berichtet, dass er aus purer Unwissenheit die Offerte seiner Konkurrenten derart unterboten hat, dass der kaiserlichen Hofkanzlei gar nichts anderes übrig blieb, als ihn mit der Durchführung des Baues zu betrauen. Kaiser Joseph II. war mit den Arbeiten vollauf zufrieden. Er sorgte dafür, dass Schlucker so arm nicht bleiben musste, und verlieh ihm den Posten eines Waldamtsbaumeisters. Obendrein schenkte er ihm ein Grundstück in der Nähe von Baden. Auf die Zeit des Aufklärers Joseph geht auch das heute noch existierende Wirtshaus Hirschg’stemm zurück. Es war 1782 als Försterhaus erbaut worden. In den folgenden Jahrzehnten wurden dem Tiergarten immer wieder Teile aus verschiedenen Besitzungen einverleibt, bis der gesamte Waldbestand als Krongut gelten konnte. Sowohl Franz Joseph als auch Rudolf waren jagdbegeistert, eine der wenigen Gemeinsamkeiten, die Vater und Sohn verbanden. Rudolf war sogar noch zwei Tage vor seinem Tod in Mayerling im Lainzer Tiergarten auf der Jagd gewesen.