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Schauplatz Hermesvilla

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Im Mai des für die Kaiserfamilie grauenhaften Jahres 1889, als Rudolf Mary Vetsera und sich selbst in Mayerling erschoss, erwartete der Kaiser seine Frau aufgeregt auf der kleinen Bahnstation Ober-Hetzendorf. Elisabeths Zug von Wiesbaden nach Wien war entgleist und die psychisch angeschlagene, abergläubische Kaiserin sah in diesem Unfall sofort die Macht des Schicksals am Werk. »Die Menschen sind nur zum Unglück geboren!« rief sie, als Franz Joseph sie in Empfang nahm und mit ihr in die Hermesvilla fahren wollte. In diesem Frühling gab es in Lainz für Elisabeth überhaupt keine Erholung, sie wurde ihres Aufenthalts nicht froh und hing grübelnd trüben Gedanken nach.

Obwohl sich die Kaiserin vor der Hochzeit ihrer Tochter Marie Valerie fürchtete, da dieses Ereignis für sie einem Verlust des »Kindes« gleichkam, hatte sie 1888 der Verlobung des Lieblings mit dem von Valerie selbst ausgesuchten Bräutigam Franz Salvator zugestimmt. Die Hochzeit wurde wegen »Mayerling« verschoben, doch fand in der Hermesvilla am 16. Juni 1890 der feierliche Akt der Renunziation statt. Mit ihrer Unterschrift verzichteten Marie Valerie und ihr Zukünftiger auf die mit einer Thronfolge verbundenen Ansprüche.

Drei Jahre später war Elisabeth wiederum im Mai anwesend, als ihre Enkelin Augusta die Hermesvilla auserkoren hatte, um ihre Verlobung mit Erzherzog Joseph August zu feiern. Ausnahmsweise war Elisabeth bei diesem familiären Fest recht guter Dinge, doch sollte sie wenige Jahre darauf eine schlimme Nachricht in denselben Räumen ereilen. Kaum zurück aus der Schweiz und aus Frankreich, besuchte sie Lainz 1897 in sehr schlechter körperlicher Verfassung – sie litt vermutlich an einem Hungerödem – und in schwärzester Stimmung. Dort musste sie erfahren, dass ihre jüngere Schwester Sophie in Paris beim Brand eines Wohltätigkeitsbazars ums Leben gekommen war. Einzelheiten hielt man von ihr fern. Sonst hätte sie auch noch hören müssen, dass Sophies Leiche bis zur Unkenntlichkeit verbrannt war und die Herzogin von Alençon nur noch nach ihrem Gebiss agnosziert werden konnte.

Trotz negativer Erinnerungen kam Elisabeth in ihrem letzten Frühling noch einmal in die Hermesvilla. Das Wetter war schlecht, morgens kalt und nass, abends hüllte fast herbstlich anmutender Nebel die Forste des Tiergartens ein. Sie warf keinen Blick zurück, als ihr Wagen zum letzten Mal durch das Lainzer Tor rollte …

Im Gegenteil zur Eigentümerin hatte der »Gast« eine sentimentale Bindung zur Villa im Wienerwald entwickelt. Vielleicht versinnbildlichte das Gebäude für Franz Joseph den letzten Rest von Gemeinsamkeit mit seiner Frau. Noch zehn Tage vor ihrem Tod fuhr er allein in die Hermesvilla. Suchte er Erinnerungen? Jedenfalls schrieb er ihr: »Um 5 Uhr bin ich in die Villa ›Hermes‹ gefahren (…). Viel und mit recht wehmütigen Gefühlen habe ich zu Deinen Fenstern hinauf geblickt (…).« Schon wenige Tage danach wanderte er erneut durch die leeren Räume und berichtete in die Schweiz: »Der Abend war herbstlich, aber sehr schön.« Und er fügte noch hinzu: »Daß Du dennoch eine Art Heimweh nach unserer lieben Villa ›Hermes‹ gefühlt hast, hat mich gerührt.«

Elisabeth wird diese Zeilen nicht mehr lesen. Es ist der letzte Tag ihres Lebens.

Mein Herz ist aus Stein

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