Читать книгу EQUALIZER - KILLED IN ACTION - Michael Sloan - Страница 13
Kapitel 7
ОглавлениеMcCall winkte in der 2nd Avenue ein Taxi heran und wählte dabei Kostmayers Handynummer. Es klingelte dreimal, dann hörte man Kostmayers Stimme: »Hey, hier ist Mickey. Entweder bin ich nicht da oder ich will nicht mit dir reden. Hinterlasse mir eine Nachricht.«
Typisch Kostmayer. Er hörte ein Piepsen, aber McCall hinterließ keine Nachricht. Er hatte zwar nicht mit einem Rückruf gerechnet, aber durchaus auf eine Textnachricht, eine verschlüsselte E-Mail oder ein verstohlenes Flüstern innerhalb der Geheimdienste über die Nordkorea-Mission gehofft. Aber das war nicht passiert.
Und das gefiel ihm ganz und gar nicht.
Das Taxi hielt jetzt vor dem Liberty Belle Hotel an der 66th Street. Es war einmal ein beeindruckendes Gebäude mit Marmorböden gewesen, das den halben Block eingenommen hatte. Jetzt war die Farbe abgeblättert, die Vergoldungen angelaufen und so viele Steine waren abgebröckelt, als würden sie von Superratten weggeknabbert werden. Sam Kinney hatte ein schmales Neonschild mit dem Namen Liberty Belle Hotel anbringen lassen, das an der Seite einen Sprung hatte. McCall fand, dies ließ den Laden noch billiger wirken. Jetzt brauchte das Hotel nur noch Tom Bodett, der in einem der Zimmer wartete, um das Licht für einen anzulassen.
McCall stieg aus dem Taxi und bezahlte den Fahrer gerade, als sein Handy klingelte. Es war allerdings nicht sein normales iPhone, sondern das mit der Equalizer-Nummer.
»Ja?«
»Ist da der Equalizer?« Die Frau hatte eine kräftige Stimme und ihr fehlte eindeutig das melodische delirante Geträller, das einige der Frauen draufgehabt hatten, die seine Nummer gewählt hatten. Die Telefonscherze erkannte er nämlich mittlerweile schon an den ersten paar Silben.
»Ja, das bin ich. Schildern Sie mir Ihr Problem.«
Ihre Worte klangen gehetzt. »Mein Name ist Linda Hathaway. Ich wohne in einem Apartmentgebäude im East Village. Meine Tochter ist drei Jahre alt und sie leidet und niemand hilft mir. Ich will am Telefon keine Details nennen. Würden Sie herkommen?«
In dem, was McCall ironisch seine Spion-Zeiten nannte, wäre das eine ganz offensichtliche Falle gewesen. Aber dieses Leben hatte er hinter sich gelassen.
Zumindest redete er sich das ein.
»Wo ist Ihr Apartment genau?«
Sie gab ihm die Adresse. Ein Gebäude in der 10th Street in der Nähe des Tompkins Square Park. McCall versicherte ihr, dass er so schnell wie möglich zu ihr kommen würde, und drückte dann die Tür des Hotels auf. Als er das erste Mal durch die verblasste Eleganz des Liberty Belle Hotels gelaufen war, war es komplett verlassen gewesen. Kostmayer hatte es ein Mausoleum genannt, und es wirkte tatsächlich wie ein altes Filmset, in dem Clark Gable oder Spencer Tracy gleich aus dem alten Aufzug mit den Gitterkäfigen treten würden – der mittlerweile allerdings durch einen modernen ersetzt worden war –, um Jean Harlow oder Katherine Hepburn zu treffen, die auf einem der verzierten Sofas auf sie wartete. McCall sah sich die Aquarelle von New York an, die an den Wänden hingen, und hatte das Gefühl, dass diese noch ein wenig mehr zu nebliger Unschärfe verblasst waren, seit seinem letzten Besuch. Aber die Holzvertäfelungen glänzten immer noch, genauso wie die Messingverzierungen und McCall fand, dass es so aussah, als würde Sam Kinney den türkischen Teppich jeden Tag reinigen lassen.
Heute war die Lobby allerdings voll. Zwei junge Frauen hinter dem Rezeptionstresen bedienten gerade die Gäste. Eine von ihnen kannte er, eine zierliche Brünette namens Chloe. Sie war Mitte zwanzig, äußerst effizient, und lächelte stets, außer das eine Mal, als sie neben der Bahre des Rettungsdienstes hergelaufen war, als Sam Kinney aus einer Schusswunde an der Schulter geblutet und sein rechtes Auge aus der Höhle gehangen hatte. Die zweite junge Frau war eine große, gelangweilt aussehende Blondine namens Lisa … zumindest stand das auf ihrem eckigen silbernen Namensschild. Beide trugen die Uniform des Liberty Belle Hotels: graue Hosen, hellblaue Blusen und blaue Blazer. Eine ganze Gruppe von Leuten wartete darauf, eingecheckt zu werden. Sie sahen müde aus, vermutlich waren sie aus Europa, hatten einen langen Flug und ein oder zwei Anschlussflüge hinter sich. Ein südamerikanisches Pärchen in den Fünfzigern saß in der Nähe herum und inspizierte neugierig eine Karte von Manhattan. Ein jüngeres Paar mit britischem Akzent zeigte fröhlich einigen New Yorker Freunden die Eintrittskarten, die sie für das Phantom der Oper ergattert hatten. Ein Page namens Vinnie, der in den Vierzigern war und so irisch, wie der Sonnenuntergang in Killarney, schob gerade einen Gepäckwagen aus Messing vom Aufzug in Richtung Vordertür. Er grüßte McCall mit einem ausgelassenen Winken.
McCall gefiel es, wenn die Lobby so voller Energie und Leben war.
Er hatte Sam noch nicht gesehen, aber Sam Kinney hatte ihn natürlich längst entdeckt. Der alte Spion – vermutlich war er bereits um die siebzig, konnte aber auch irgendwo zwischen sechzig und uralt sein – kam jetzt um den Rezeptionstresen herum. Er schlurfte etwas, aber McCall war sich nie sicher, ob das echt oder wie viel davon nur ein Schauspiel war, das er gern darbot. Er trug ebenfalls die Uniform des Liberty Belle Hotels. Er hatte keine Klappe mehr über dem rechten Auge, aber es glänzte merkwürdig an der Stelle, wo es geschädigt worden war. Auf diesem Auge hatte er nur noch etwa dreißig Prozent Sehkraft. Die Belohnung dafür, dass er eine Gruppe tschetschenischer Attentäter davon hatte abhalten wollen, McCall zu töten.
Sam ergriff jetzt seinen Arm und fragte: »Wo warst du denn?«
»Ich wollte dir eigentlich eine Notiz hinterlassen mit all meinen Verabredungen für heute, aber du bist so ungeheuer beschäftigt, dass ich dich nicht zu sehr von deinen Gästen ablenken wollte.«
»Na klar, rede du nur schlau daher, ich pass ja gern auf dich auf.«
»Niemand passt auf mich auf, Sam. Was liegt denn an?«
»Du hast Besuch. Sie steht drüben bei der großen Palme. Die muss ich unbedingt mal wieder gießen. Sieht fast so schlapp aus wie mein Schwanz.«
»Danke, das Bild werde ich nun den ganzen Tag über in meinem Herzen tragen.«
McCall ging zu der Frau hinüber, auf die Sam Kinney gezeigt hatte. Sie saß auf einem üppig gepolsterten roten Lehnsessel, trug ein graues Businesskostüm, eine fliederfarbene Bluse und teure Schuhe mit niedrigen Absätzen. Sie hatte eine dünne Lederaktentasche mit den Initialen CB darauf bei sich. Früher hatten sie mal CM gelautet. Sie sah aus, als wäre sie Ende dreißig, aber McCall wusste, dass sie in Wirklichkeit zehn Jahre älter war. Ihre blonden Haare waren kurz geschnitten, und die grünen Augen konnten sowohl lachen als auch wie glänzende Eissplitter aussehen. Im Moment war Letzteres der Fall. Sie sah gestylt, elegant und wunderschön aus.
Aber in seinen Augen hatte seine Ex-Frau immer gut ausgesehen.
Cassie Blake holte ihr iPhone heraus und sah ungeduldig nach der Uhrzeit. Sie hatte McCall offenbar noch nicht bemerkt.
»Rede besser mit ihr, bevor sie noch die Cops ruft und dich hier rausschleppen lässt. Das könnte für meine anderen Hotelgäste gar nicht gut aussehen.«
»Was hat sie denn zu dir gesagt?«
»Nur, dass sie dich unbedingt sehen muss. Ich weiß ja, dass sie eine Topanwältin ist.«
»Sie ist stellvertretende Bezirksstaatsanwältin von New York.«
»Vielleicht liegt es daran, dass du eine Spur toter Männer in der ganzen Stadt hinterlassen hast. Aber dafür bin ich durchaus dankbar, denn sonst würde ich nicht hier stehen. Hast du Brahms in letzter Zeit mal gesehen?«
»Nein.«
»Sie haben Hilda aus dem Krebszentrum des Boston Medical wieder ins Sloan Kettering hier in der Stadt verlegt. Brahms sagt, es geht ihr schon viel besser, aber mir gefiel sein Tonfall nicht. Wenn man ein alter Spion ist, dann weiß man sofort, wenn einen jemand anlügt.« Sam nickte in Cassies Richtung, die nun telefonierte. »Warst du nicht mal mit ihr verheiratet?«
McCall war klar, dass Sam das schon die ganze Zeit über gewusst hatte, aber er nickte.
»Wie konntest du dir nur eine so heiße Frau durch die Lappen gehen lassen?«
McCall gab keine Antwort und ging stattdessen durch die belebte Lobby. Sie sah ihn auf halber Strecke, beendete das Gespräch und ließ das iPhone in die Jackentasche ihres Kostüms fallen.
»Du musst sofort mit mir kommen, Robert.« Cassie unterdrückte ihren offensichtlichen Ärger.
»Geht es Scott gut?«
»Scott ist okay. Es geht nicht um unseren Sohn oder uns. Es gibt nämlich kein uns mehr, aber das gab es mal und das ist auch der einzige Grund, wieso ich dich nicht direkt aufs Revier des siebten Precincts schleife.« Dann wurde ihre Stimme sanfter. »Das und die Tatsache, dass du Scotts Leben gerettet hast.« Sie sah sich in der betriebsamen Lobby um. »Wohnst du tatsächlich hier?«
»Ich musste meine Wohnung aufgeben.«
»Kannst du denn mitkommen?«
»Natürlich.«
McCall folgte seiner Ex-Frau aus dem Hotel. Sie trat vom Gehsteig, legte die Finger an die Lippen und stieß einen lauten Pfiff aus. Das ließ den Türsteher im Plaza alt aussehen. Ein Taxi hielt an, McCall stieg hinten ein. Cassie sagte etwas zum Taxifahrer und rutschte neben ihm auf den Sitz, dann knallte sie die Tür zu und das Taxi fuhr los.
»Was macht der neue Job?« Ihre Stimme hatte dabei einen sarkastischen Unterton.
»Was für ein Job soll das denn sein?«
»Ach komm schon, Robert. Ich lese schließlich jeden Morgen die New York Times von vorn bis hinten durch, inklusive der Kleinanzeigen, und surfe sogar ab und zu auch mal im Internet. Haben Sie ein Problem? Stehen die Chancen gegen Sie? Dann rufen Sie den Equalizer. Seit wann bist du denn so ein schnulziger Romantiker geworden?«
»Daran ist nichts Romantisches. Es ist eine reine Dienstleistung. Wenn man Probleme hat, dann ruft man mich eben an, und ich schaue, ob ich helfen kann. Woher wusstest du, dass ich es bin?«
»Der Equalizer … das steht doch auf dem alten Peacemaker Kavallerie-Colt, den du immer so gern haben wolltest.«
»Da steht Colt Frontier Six-Shooter drauf.«
»Auf der anderen Seite des Laufs. Irgendwas mit Don’t be afraid of any man, no matter what his size, when danger threatens, I will equalize – oder so etwas in der Art. Wie viel nimmst du denn für deinen Service?«
»Nichts.«
»Bist du in den letzten zehn Jahren irgendwie reich geworden, ohne dass ich es weiß?«
»Ich muss meinen Klienten nichts berechnen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Klienten? Du verarschst mich doch gerade, oder? Glaubst du etwa an deinen eigenen Hype?«
Er ignorierte die Stichelei. »Wo fahren wir überhaupt hin?«
»Ins Bellevue.«