Читать книгу Totenläufer - Mika M. Krüger - Страница 15

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Als die Schüsse durch den Nebel jagten, zuckte Rina zusammen. Mehr aus einem inneren Reflex heraus als vor Schreck. Ein Schusswechsel in ihrer Nähe bedeutete für sie gewöhnlich eine unmittelbare Bedrohung. Jemand, der auf sie schoss oder auf ihre Freunde. Heute war das anders. Sie lag sicher auf dem Dach eines Lagerhauses, umgeben von bewaffneten Rebellen.

Trotzdem beschwor das Knallen eine dunkle Vorahnung herauf. Schüsse waren außerplanmäßig, weil sie zu viel Aufmerksamkeit auf sich zogen. So hatte es der Greif bei der Vorbesprechung formuliert. Wer schoss, verriet seine Position und das hieß, alle SDF-Soldaten wären in kürzester Zeit bei einem. Das wiederum zöge den sicheren Tod nach sich.

Rinas Blick schnellte zum Rotfuchs. Sie starrte seit einigen Minuten wie verbissen auf den Rohbau und hielt ihre Waffe fest im Griff. Nun blinkte auf der Vorrichtung um ihren Arm das Signal für eine eingegangene Nachricht. Der Rotfuchs bemerkte es, las und ihre Augen weiteten sich. Ein Keim des Unglaubens spross darin.

»Was ist passiert?«, fragte einer aus dem Team.

»Es sind sieben Soldaten, keine sechs«, sagte sie und ihre Stimme klang wie Glas. Gerade noch fest genug, um nicht zu zerspringen. »Er ist durch den Nebeneingang gekommen.«

»Wer? Der Totenläufer?«

»Ja.«

»Hat’s wen von uns erwischt?«

»Kann ich nicht sagen. Am Nebeneingang gibt es keine Kameras.« Sie machte eine Pause, dachte nach. Erneut eine Nachricht. Sie las und tippte. Es ging kurz hin und her. Vermutlich mit dem Greif.

Rina versuchte, etwas zu lesen, doch die Buchstaben waren zu klein. Sie wurde unruhig. Hatten sie ihn erwischt? Tom, den Soldaten? Konnte es sein, dass er bereits tot war? Dann die nächsten Schüsse. Sofort war die Aufmerksamkeit wieder beim Rohbau. Im Nebelschleier war nicht zu erkennen, was drinnen vor sich ging.

Der Rotfuchs war versteinert. Das gelbe Licht leuchtete wieder. Als sie las, war ihre Miene nicht zu deuten.

»Wir greifen ein und geben Feuerschutz«, sagte sie letztendlich und hockte sich hin. »Ich gehe vor, ihr gebt mir Deckung. Ist das soweit klar?«

Die vier Rebellen im Team nickten. Nur Rina spürte, wie sich jeder Muskel in ihrem Körper verkrampfte. In ihr wuchs der unbändige Drang, schnellstmöglich zu verschwinden. Wie vor ein paar Tagen, als sie alle zurückgelassen hatte. Einfach weg und nicht darüber nachdenken, was hätte oder könnte. Immer nach vorn sprinten. Nur nach vorn.

»Rina! Hörst du mir zu?« Hatte der Rotfuchs etwas gesagt? »Es wird nichts passieren. Du hältst dich bedeckt und machst nur das, was ich sage, okay? Vergiss den Lorcaism.«

Rina nickte und die Angst schrumpfte zusammen. Die Rebellen waren bewaffnet und keine Opfer. Bei ihnen war sie geschützt. Es würde schon nichts passieren. Bestimmt nicht.

Doch als sie sich aufmachten, das Dach zu verlassen, purzelte Rina eine Frage aus dem Mund, die sie nicht zurückhalten konnte: »Ist er tot? Der Schleuser? Haben sie ihn erwischt?«

Zuerst dachte sie, der Rotfuchs würde sie ignorieren. Aus ihrer Sicht war es egal, ob Tom oder ein anderer Rebell gefallen war. Für sie waren alle gleichermaßen bedeutsam, gleichermaßen Freunde.

»Er war es nicht«, sagte sie. »Und jetzt los.«

Totenläufer

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