Читать книгу Totenläufer - Mika M. Krüger - Страница 19

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Den Weg zum Fluchtpunkt fand Rina allein. Es ging ein Stück am Meer entlang, dann weiter eine Hauptstraße hinauf, wo sie in eine Seitengasse einbog, der sie bis zum Ende folgte. Vor dem unauffälligen Eingang eines Geschäfts blieb sie stehen und klopfte in einem bestimmten Rhythmus dagegen. Man öffnete ihr und sie betrat einen spärlich beleuchteten Raum, in dem tagsüber Drogerieartikel verkauft wurden.

Kaum ein Mitglied der REKA beachtete sie, denn auf einer Pritsche lag der Schleuser. Er hatte eine Schussverletzung an der Schulter und eine Frau legte ihm einen provisorischen Verband um.

Unbemerkt stahl sich Rina an einigen Rebellen vorbei, die heftig über das Geschehene diskutierten und näherte sich der Pritsche.

Der Greif lief daneben auf und ab. Er sprach über das Verhalten des REKA-Mannes, fragte ihn, ob er völlig den Verstand verloren habe, so etwas Riskantes zu tun. Ob er nicht einen Moment in Erwägung gezogen habe, den Job ihm zu überlassen? Was, wenn er draufgegangen wäre? Der Verletzte antwortete gedämpft, kämpfte mit den Schmerzen. Es sei eben ein Notfall gewesen. Hätte er nichts gemacht, wäre er im Rohbau erschossen worden.

Sie starrte ihn an, fixierte sein bleiches Gesicht und die müden Augen. Auf der Nase zeichneten sich Sommersprossen ab, die kurzen Haare waren zerwühlt. Blau – hellblau, das war die Farbe seiner Augen.

Dann bemerkte er sie, und als er sie ansah, schnürte sich eine Kette um ihre Brust.

»Was … macht denn ein … Lorca hier?«, fragte er und wandte sich mühevoll an den Greif. »War das deine Idee?«

»Sie ist aus freien Stücken hier, Tom«, sagte der Greif und verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie wollte dich unbedingt persönlich kennenlernen. Hast eben einen gewissen Charme.«

»Was?« Sein Blick richtete sich auf sie. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt und ihre Fingernägel gruben sich in ihre Haut.

»Du hattest doch den Einsatz vor einer Woche. In der SDF. Da oben in Westend. Sie ist der Lorca, den du …«

Er unterbrach den Greif: »Nicht in Westend. Am Sichelturm.«

Nun runzelte der Greif die Stirn.

»Am Sichelturm? Du warst im Einsatz gegen uns?«

»Das …« Er musste eine Pause machen. »… war nicht zu vermeiden. Mein Leutnant hat mich eingeteilt.«

Erdrückendes Schweigen erfüllte den Raum.

»Kannst du das mal aufklären, Sweetie?«, fragte der Greif.

Ihre katzengoldenen Augen wandten sich ihm zu. Sie wollte es nicht aussprechen, denn wenn sie es sagte, wurde es Realität und das konnte sie nicht ertragen. Es machte ihr bewusst, wie dumm sie gewesen war. Jemand hatte mit dem Finger auf den Schleuser gezeigt und sie war in seine Richtung gelaufen, ohne darüber nachzudenken. Dabei wusste sie doch, dass sie nur glauben konnte, was sie mit eigenen Augen sah. Die Menschen zeigten doch selbst stets mit dem Finger auf sie und gaben ihr die Schuld für all ihr Unglück.

»Er ist es nicht«, sagte sie und spürte, wie sie die Wahrheit erstach. Der Mann vor ihr hatte Viktor nicht getötet. Nein, er war unschuldig. Aber wenn er es nicht gewesen war und es sich auch nicht um einen Trick der Verwaltung handelte, wer von der SDF würde ihr dann das Leben schenken? Und wie wahrscheinlich war es, dass sie ausgerechnet an jenem Abend auf diese Person getroffen war?

Totenläufer

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