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Sinngebung durch Transzendenz oder mystische Philosophie?
ОглавлениеLetztlich bedeutet die Erklärung jeglicher Prophetie und darüber hinaus des Begriffes „Gott“ zum „Mythos“ und Religion zur „mystischen Philosophie“[35] die Entleerung der Funktion theologischer und religionswissenschaftlicher Forschung. Die Selbstbezeichnung „Theologe oder Religionswissenschaftler – zumal islamischer Wissenschaftler“ - müsste er folgerichtig ablegen und sich stattdessen den Titel „mystischer Philosoph“ zulegen. Indem er am Anspruch islamwissenschaftlicher Forschung festhält, lässt er erkennen, dass seine tatsächliche Absicht nicht in der Begründung einer neuen Wissenschaftsmethode liegt, sondern in der Erregung von öffentlicher Aufmerksamkeit durch die bewusste Provokation von Millionen Muslimen und die Abqualifizierung anderer, unauffällig forschender Religionswissenschaftler und Orientalisten zu „Fundamentalisten“. Er verhält sich sozusagen wie ein Zauberlehrling, der revolutionäre wissenschaftliche Maßstäbe zu setzen beansprucht, dabei aber übersieht, nun selbst ebenfalls an diesen Maßstäben gemessen zu werden, wobei offensichtlich wird, dass sie ihm zu groß geraten sind.
Kalisch geht es gerade nicht um eine „ergebnisoffene Wissenschaft“[36] und ein „zeitgemäßeres Verständnis von Religion“, auch nicht um die „Einbeziehung der Vernunftelemente“ in den theologischen Diskurs, sondern um die Denunzierung des Islam, seiner traditionellen Gelehrsamkeit wie seiner zentralen Aussagen, die notwendigerweise mit dem Propheten im Zusammenhang zu sehen sind, als unzeitgemäß und irrelevant. Er übersieht, dass es in Historie wie Gegenwart zwischen der buchstabengerechten Übertragung kontextgebundener Schriftaussagen auf den erlebten Alltag und der von Atheisten vorgenommenen generellen Zurückweisung religiöser Glaubensinhalte im Islam wie im Juden- und Christentum stets einen Mittelweg gegeben hat.