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Kalt erwischt

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DER BLATTSCHUSS HATTE DAS GLEICHGEWICHT WIEDERHERGESTELLT. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ein einziges kleines Negerlein mußte sie noch erledigen, dann war der Kampf trotz anfänglicher Überzahl des Gegners gewonnen. Natürlich hatte sie die Stellung gewechselt. Es wäre absoluter Leichtsinn gewesen, weiterhin hinter dem gleichen Busch auf der Lauer zu liegen.

Nun kauerte sie zwischen zwei Heuballen, die auf einem alten Holzwagen aufgeschichtet waren. In ihrem Rücken moderte ein alter, mannshoher Holzstoß vor sich hin, dahinter murmelte ein Bach. Der perfekte Schutz gegen einen Hinterhalt. Das flache Gelände breitete sich übersichtlich vor ihr aus. Eine große Futterwiese, daneben ein frisch bearbeiteter Acker, wenige Büsche, ein paar Apfelbäume als Kleckse in der Landschaft. Das neue Versteck bot mehr als einen halben Kilometer freie Sicht und einen Blickwinkel von 180 Grad. Der Lauf ragte nur wenige Zentimeter aus dem Heu. Ihre Beine baumelten in der Luft. Es roch nach Stall. Die Luft flimmerte über dem flachen Landstrich, die Halme juckten und bissen durch die Tarnkleidung.

Sie hatte keine Ahnung, aus welcher Richtung ihr letzter Gegner kommen würde. Mit Sicherheit wußte er, daß sie seinen Kompagnon ausgeknockt hatte. Er würde doppelt vorsichtig vorgehen. Kein Schnitzer, kein zweimaliges Auftauchen an der gleichen Stelle, kein Geräusch, nichts, das ihn verraten würde. Er suchte sie, aber sie lag bereits wie die Spinne auf der Lauer und wartete geduldig, bis sich ihr Opfer in ihrem gesponnen Netz verfangen würde. Sie hatte Zeit, denn sie war im Vorteil.

Eine Schönwetterwolke verdeckte die Sonne. Sie schwitzte inmitten des Heus wie in einer Sauna. Da nützte auch diese Wolke nichts. Hitze war Gift für ihre Herzfrequenz und ihren Atemrhythmus. Sie schnaufte bereits heftig in ihrem stickigen Gefängnis.

Seit einer halben Stunde rührte sich nichts da draußen. Nur fette Raben, die eifrig dem Bauern den Samen aus dem Feld pickten. Zwei Rotschwanzmilane verharrten regungslos auf kleinen Pfosten und warteten wie sie auf ein unvorsichtiges Opfer.

Es war still, außergewöhnlich ruhig. Gelegentlich das Lachen eines Spechtes. Diese Ruhe war trügerisch, das wußte sie. Es gab nichts Schlimmeres als zu warten. Die Konzentration ließ nach, die Muskeln verspannten sich, und ihre Lage wurde trotz des weichen Heus immer unbequemer. Die flirrende Hitze ließ ihre Lungen nach frischer Luft hecheln. Die starren Halme piesackten ihren ganzen Körper und ließen ein korrektes Zielen kaum mehr zu. Sie beneidete die beiden Milane. Wie hielten diese Vögel es nur stundenlang auf diesen winzigen Pfosten aus?

Ein Kribbeln auf ihrer nackten Wade. Die Tarnhose war durch ihr Gezappel hochgerutscht. Mist, ein Käfer, eine Fliege oder sonstiges Getier kroch über ihr nacktes Bein. Oh Gott, laß es bloß keine Biene oder Wespe sein – und schon gar keine dieser ekelhaften Spinnen! Sie stand kurz vor einem hysterischen Anfall. Am liebsten wäre sie von dem Heuwagen gesprungen und hätte sich die Hose vom Leib gerissen.

Es war keine Spinne. Es war kühl, fühlte sich eher wie … eine Eidechse, eine Blindschleiche … nein, verdammte Hacke, es fühlte sich wie eine Schlange an. Warum mußte sich dieses blöde Vieh gerade jetzt ihr Hosenbein als Domizil aussuchen?

Langsam schlich das Reptil über ihre Kniekehle, bohrte sich unter den Stoff der Militärhose, kroch über den Oberschenkel. Sie wird doch nicht? Panik, Panik, Panik. Weg, du Biest, weg von meiner Muschi! Du bist keine Schlange, du bist …

»Got you.«

Das einsame Negerlein hatte sie eiskalt von hinten erwischt. Der kühle Lauf hatte kurz vor ihrem Schritt gestoppt. Keine Chance. Es war aus, vorbei, Ende des Katz- und-Maus-Spiels. Sie war geliefert. Endgültig.

Banker an den Galgen!

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