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Im Reich der Toten
ОглавлениеIhr seid nicht umsonst gestorben, ihr Lieben. Ihr, die ihr an den Ursachen dieser Krise am unschuldigsten seid, aber an den Auswirkungen am meisten zu leiden habt. Am Ende der Nahrungskette. Am Ende der Deutschen liebsten Kinder: Einfamilienhaus, Zweitwagen, Urlaub, Kinder – Haustier.
Eure Besitzer haben euch verlassen wie Ratten das sinkende Schiff. Hunde, Katzen, Kanarienvögel, Meerschweinchen und Co. sind nur wohlgelitten, wenn es dem Volk gutgeht.
Aber dem Volk geht es schlecht, sehr schlecht. Krise. Es ist arbeitslos, perspektivenlos, hoffnungslos. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ihr seid bereits gestorben. Seid froh, ihr habt es hinter euch. Und es war ein humaner Tod gewesen. Ha ha ha – kann der Tod je human sein? Nein.
An euch, liebe Haustiere, hatten sie in der Krise am wenigsten gedacht. Die Tierheime nehmen schon lange keine Viecher mehr an. Dort hätten sie euch in engen Käfigen gehalten, dichtgedrängt in Gruppen, und ihr wärt dahinvegetiert, dahingesiecht bis zu eurem qualvollen Tod. Denn in den Heimen arbeitet seit Monaten nur noch eine Handvoll Individualisten. Kein Geld. Krise.
Wir müssen Opfer bringen, hat die Regierung postuliert. Ihr seid die ersten. Willkommen im Klub. Die Regierung – pah! Handlungsunfähige Marionetten der Banken und Industrie. Das nächste Rettungspaket steht kurz vor dem Abwurf, und wieder wird es nur an viele goldene Fallschirme gebunden werden, in ferne Sphären schweben, für das Volk unerreichbar. Geld sucht den Weg des Geldes. Alte Finanzregel.
Das Geld ist nicht weg, wie uns viele glauben machen wollen. Nein, es befindet sich in der Hand einiger weniger Auserwählter – nicht von Gott Auserwählter, nein, selbsternannter Götter, Heiliger in Maßanzügen, skrupelloser, geldgieriger Manager, ausgebildet auf unethischen Hochschulen, darauf gedrillt, in kürzester Zeit das maximale Kapital anzuhäufen. Mit exorbitanten Salären, mit unverschämten Prämien, mit goldenen Abfindungen in siebenstelliger Höhe, selbst wenn es schiefgeht. Abzocker. Spieler.
6,6 Milliarden Euro soll das aktuelle Rettungspaket umfassen. Das Familiensilber wird verscherbelt, es geht ans Eingemachte. Erstaunlich, was sich in den Kriegskassen der Regierungen mit der Zeit so anhortet. Milliarden für eine lahmende Wirtschaft, die vor sich hinstottert wie eine altersschwache Vespa, ausgeht, hustend wieder anspringt und vor sich hinbellt wie ein Baby mit Keuchhusten.
Millionen für die Drecksäcke, die sich an der Krise bereichert haben, die, ohne mit der Wimper zu zucken, das System von innen systematisch ausgehöhlt haben und sich nun in fernen Ländern bei Champagner und Kaviar einen Ast lachen über die Dummheit von raffgierigen Kleinanlegern und lahmen Regierungen, die unfähig waren, schnelle Maßnahmen durch die trägen Mühlen des Verwaltungsapparates zu prügeln. Nutze das System zu deinem Vorteil: das einzige Credo dieser Kapitalistenbrut.
Die letzten eisernen Reserven werden mobilisiert. Wie damals in den Ardennen. Es wird auch dieses Mal nichts nützen. Die Strukturen sind marode, der Boden des Wirtschaftsfasses ist löchrig wie ein Schweizer Käse, und darunter versammeln sich bereits die Bastarde der Finanztempel, um den Goldregen für sich ganz alleine einzuheimsen.
Nein, das Geld ist nicht verbrannt wie bei einem Sonnenwendfeuer. Es verrottet auch nicht wie alte Blätter in einem Laubhaufen unter der milden Herbstsonne. Nein, es existiert nach wie vor, fest gebunkert in geheimen Banken, verstreut über die ganze Welt. Geschützt vor dem Zugriff des Fiskus, der langsam und träge wie eine gutgenährte Schildkröte realisiert, daß er hintergangen wurde.
Die Schweizer Banken sind schuld. Liechtenstein: ein Steuerparadies. Die Österreicher haben auch die Finger im Spiel. Und der Weltpolizei haben wir den Anfang dieser Krise zu verdanken. Mit Soldaten auf der halben Welt in den Krieg ziehen, während im eigenen Land das Volk in Armut krepiert. Verarmt, verrottet, verfallen im »land of the free«.
Ihr habt es hinter euch, ihr Lieben. So human es mir möglich war. Erstaunlich, welche frappierende Wirkung ein Tropfen dieses hochtoxischen Elixiers besitzt. Ein Tropfen auf tausend Liter Wasser, und ihr streckt steif die Beine in die Luft. Ihr, die hundert Tapferen, die hundert Aufrechten, die den heldenhaften Weg des Todes gewählt haben, um Millionen, ja Milliarden von Menschen zu retten. Nein, nicht die raffgierigen Krawattenträger, nicht diese Krebsgeschwüre von Brokern, Consultants und Abzockern, nicht die überbezahlten Topmanager, nicht die kapitalhungrigen Börsenmakler, nicht die unfähigen Politiker und Staatsdiener. Nein, keiner von denen wird gerettet, wenn diese verlogene Welt im Tod versinkt.
Wenn der Inhalt dieser Phiolen in zahllose Wasserwerke gekippt wird, sich auflöst und dabei unaufhaltsam verteilt, werden diejenigen über die Klinge springen, die es verdient haben. Dafür seid ihr den Heldentod gestorben. Damit eure Leidensgenossen und die wahren Verlierer dieser Krise, die rechtschaffenen Arbeiter, Handwerker und Angestellten sich in die Arche Noah retten können, während der Finanzpöbel in der Sintflut dieses Giftes ertrinkt. Auch sie werden einen humanen Tod sterben, wie ihr, meine Lieben.
Verzeiht die kühle, antiseptische Atmosphäre, ihr Lieben, verzeiht diese grellen Neonröhren, diesen kalten Keller des alten Institutes für Mikrobiologie. Ihr werdet alle ein heldenhaftes Begräbnis erhalten. Verzeiht meinen Übermut, daß ich mich im Kreise drehe und jubiliere, während ihr bereits in eine bessere Welt eingetreten seid.
Du bist tot und du auch. Und du auch. Du, der alte Regierungssack und du, der geldgeile Private Banker, und du, der kapitalistische Industrieboß, und du, der katastrophale »Mismanager«, und du … und du … und du … Ihr seid alle tot. Ich habe über euch Recht gesprochen. Ha ha ha ha, ihr seid alle tot. Tot, tot, tot!
Nein, ich bin nicht Gott, ich richte nicht über die Menschen, nur über die Moral. Und ihr Banken- und Regierungsflaschen seid unmoralisch gewesen. Deshalb werdet ihr sterben. Alle. Es wird euch nichts nützen, sich in den abgeschirmten Wohnungen zu verschanzen, beschützt von bewaffneter Polizei und hohem Militär. Wir werden euch erwischen – mit dem Wasser, denn Wasser findet immer einen Weg. Und wir werden einen Weg finden, euch alle zu töten.
Wer ich bin, fragt ihr. Nicht Gott, nicht der Teufel, nicht der Islam, nicht der Moslem, kein Terrorist, kein Spinner, kein einsamer Verrückter, denn hinter mir stehen die Massen. Und das Volk will nur eins: Blut sehen. Rache. Aber ich bin kein Racheengel. Nennt mich einfach den – Genossen.
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Zürich, April 2010
Brady Dougan, Konzernchef der Credit Suisse, erhielt am 31.3.2010 nach Börsenschluß einen Bonus von 70,9 Millionen Franken. Zusammen mit seinem Salär von 19,2 Millionen hat der CS-CEO ein Jahressalär von 90,1 Millionen Schweizer Franken eingeheimst.
Insgesamt 400 CS-Manager erhalten aus dem Performance Incentive Programm eine Zahlung von etwa 3 Mrd. Euro. Das Programm wurde vom damaligen CS- und heutigen USB-Chef Oswald Grübel in den Jahren 2004 und 2005 beschlossen.
Wer einer Bank in einem Jahr nicht genügend Geld einspielt oder sich verspekuliert, ist schnell gefeuert. Investmentbanker sind moderne Söldner und werden als solche von den Vorgesetzten behandelt. So verwundert es nicht, daß viele Angestellte in kurzer Zeit möglichst viel Geld scheffeln.
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