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Kapitel 2 Eine Kritik der Linken heute

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Jodi Dean

Eine Bilanz der Enttäuschungen und Niederlagen des jüngsten Zyklus von Auseinandersetzungen und Kämpfen gehört zu den wichtigsten Aufgaben der heutigen Linken. In der politischen Praxis, von den globalisierungskritischen Bewegungen bis Occupy, hatten folkpolitische Orientierungen Hochkonjunktur. Warum scheiterten jene Bewegungen, trotz beachtlicher Mobilisierung von Menschen und Leidenschaften, warum gelang ihnen keine nennenswerte Veränderung des politischen Status quo? Verschiedentlich wird angeführt, die politischen Unzulänglichkeiten heutiger linker Bewegungen ließen sich durch ihre Klassenzusammensetzung erklären, insofern die Arbeiterklasse in ihnen unterrepräsentiert sei, oder auch durch ein Übergewicht reformistischer und liberaler Vorstellungen.51 Andere machen geltend, das Problem liege in der Natur des Systems, jeder Versuch radikaler Veränderung scheitere an unüberwindlichen Hürden. Solcherart Erklärungsversuche treffen den Punkt jedoch bestenfalls zum Teil. Das Problem sind, wie wir im Folgenden zu zeigen versuchen, in erster Linie die folkpolitischen Annahmen, die den strategischen Horizont linker Politik begrenzen.

Wie wir oben bereits gesehen haben, entwickelte sich Folk-Politik als eine Reaktion auf die zunehmende Komplexität der gesellschaftlichen Verhältnisse an einem bestimmten Punkt in der Geschichte linker Bewegungen im 20. Jahrhundert. Das vorliegende Kapitel wird untersuchen, wie die im Laufe der Zeit herausgebildeten folkpolitischen Haltungen für wichtige Stränge heutiger linker Politik prägend wurden. Der Anspruch lautet dabei nicht, das gesamte Feld aktueller sozialer Bewegungen abzudecken, sondern es geht vor allem um politisch signifikante Momente in der radikalen Linken der vergangenen fünfzehn Jahre. Auch ist keine der von diesen Bewegungen verfolgten politischen Taktiken per se problematisch, denn die Vor- und Nachteile eines bestimmten Vorgehens lassen sich nur beurteilen, wenn man den gesellschaftlich-geschichtlichen Kontext ebenso berücksichtigt wie die allgemeine Strategie, um diese Verhältnisse zu verändern. Die prinzipielle Schwäche der Linken heute ist daher in der gegenwärtigen Situation zu verorten – gekennzeichnet durch eine im Wesentlichen durch die Imperative des globalisierten Kapitalismus determinierte Welt, in der folkpolitische Strategien sich ganz auf das Lokale und das Spontane konzentrieren. Zunächst werden wir eine der meistverbreiteten politischen Tendenzen der vergangenen fünfzehn Jahre beleuchten, nämlich den sogenannten Horizontalismus, die politische Präferenz für »Horizontalität«, um uns im Anschluss der allgemeinen Konzentration auf die lokale Dimension sowie der Neigung zu eher reaktiver Politik zuzuwenden, wie sie sowohl den Mainstream als auch die radikalen Strömungen linker Politik prägen.

Die Zukunft erfinden

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