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Kapitel 3

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»Was meinen Sie mit Spalt?«

Ben sah von der Couch hoch. »Ein Spalt, ein Riss, ein Loch in der Erde.«

»So etwas wie eine Doline?«

»Ja, so etwas in der Art.«

»Warum haben Sie dann nicht gleich Doline gesagt?«

»Das Wort ist mir nicht eingefallen«, sagte Ben. »Und technisch gesehen war es auch keine Doline. Der Spalt ist durch eine Explosion entstanden.«

»Und Carlos Rivera ist hineingefallen?«

Ben nickte mit ausdruckslosem Gesicht. Der Polizeibeamte seufzte und drehte sich dann zu seinem Kollegen um. Der zweite Beamte trat nun vor und übernahm die Befragung. »Sie sagten, Sie beide waren gerade dabei, einen Problembären umzusiedeln?«

Ein weiterer Mann betrat den Raum. Seine große, rundliche Statur war unverkennbar. Es war Bens Boss, George Randolph, der sich nun einschaltete. »Ein Problembär ist ein Bär, der keinen größeren Schaden angerichtet hat und nur in eine entlegenere Gegend …«

Der Polizist war unbeeindruckt. »Das hier ist Wyoming. Wir wissen also, was ein Problembär ist.«

»Hören Sie, Mo, der Grizzly, hat inzwischen drei Verstöße gesammelt, und wir haben versucht, sie weit genug fortzubringen, sodass sie dieses Mal dortbleibt.«

Die Beamten notierten sich alles und die anderen unterhielten sich währenddessen leise miteinander. Ben saß derweil regungslos auf der Couch im Aufenthaltsraum, dem einzigen nahezu bequemen Platz im gesamten Raum. Die Lampen über den versammelten hiesigen Polizisten, Park-Rangern und Angestellten brannten auf ihn hinab wie die sterile Beleuchtung eines Krankenhauses. Ben fühlte sich gefangen, fehl am Platz und äußerst nervös.

Beim letzten Mal, als ich in einem Krankenhaus war …

Ben versuchte das Gefühl zu verdrängen. Er wusste, dass es ihm momentan nicht weiterhalf, über Vergangenes nachzugrübeln.

Alle Mitarbeiter, die während der Explosion anwesend gewesen waren, waren zu einer Nachbesprechung einberufen worden, wie die Polizisten es nannten. Ein Rettungsteam war außerdem unterwegs und sollte jeden Moment eintreffen. Ben sah auch einige Männer und Frauen, die er nicht kannte und die sich gerade leise mit einzelnen Mitgliedern der Parkverwaltung über die Ereignisse dieses Morgens unterhielten.

Bestimmt sind die von der Regierung, dachte er. Eine der Frauen kam nun auf ihn zu. Sie war schlank, sportlich, und trug einen eng anliegenden Anzug, der ihr Auftreten widerspiegelte – die Art von Person, die sich selbst immer viel zu ernst nimmt.

Während die Frau auf ihn zusteuerte, sagte Ben beinahe etwas, was er nicht sagen sollte.

Doch ihre Worte verließen ihren Mund, noch bevor sie zum Stehen kam. »Dürfte ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«

Ben antwortete nicht. Er ließ seinen Blick von oben nach unten über sie wandern, und richtete sein Augenmerk dann auf das einzige Fenster auf dieser Seite des Gebäudes.

»Mr. Bennett, richtig?«, fragte sie.

Wieder antwortete er nicht.

»Die meisten Leute nennen Sie Ben, stimmt’s?«

Widerwillig nickte er.

»Mr. Bennett, Sie sind Ranger hier im Yellowstone-Park, oder? Sie arbeiten seit dreizehn Jahren hier, korrekt? Erst als eine Art Praktikant und dann in Ihrer jetzigen Funktion?«

Das waren keine richtigen Fragen. Sie ließ sich nur Informationen bestätigen, die ihr irgendein Angestellter gegeben hatte.

»Laut der Standardprozedur sollten Sie sich erst einmal vorstellen«, sagte Ben knapp.

Doch die Frau ließ sich nicht beirren und fuhr fort: »Sie waren neunzehn, als Sie hierhergezogen sind und leben mittlerweile in einem Wohnwagen gleich außerhalb des Parkgebiets. Darf ich fragen, wovor Sie davongelaufen sind?«

Ben presste die Zähne aufeinander und hielt seinen Blick weiter starr auf das Fenster gerichtet.

Ich bin nicht davongelaufen, dachte er. Ich brauchte nur etwas Abstand.

»Gut, dann klären wir das später. Was ist mit Mr. Rivera? Mr. Carlos Rivera, fünfundzwanzig Jahre alt, aus Albuquerque, New Mexico stammend. Wie lange hatten Sie schon mit ihm zusammengearbeitet?« Die Verwendung des Wortes hatten war nicht an Ben vorbeigegangen.

»Stellen Sie irgendwann auch mal Fragen, auf die Sie nicht bereits die Antwort kennen?«, fragte er zurück.

Die Frau zögerte kurz, bevor sie nickte. »Nun gut. Mr. Bennett. Können wir darüber reden, was Sie heute Morgen gesehen haben? Die Explosion?«

Ben dachte einen Moment lang nach. »Sah wie eine Bombe aus. Es gab eine Pilzwolke und alles drum und dran.«

»Okay. Wie haben Sie und Mr. Rivera reagiert, als Sie das bemerkt haben?«

»Wir hatten keine Zeit zu reagieren. Es gab ein Erdbeben und dann …« Er führte den Gedanken nicht zu Ende. Sie trug einen Ausweis, den er nicht kannte. »Für wen arbeiten Sie überhaupt?«, fragte er.

»CDC, Seuchenschutzbehörde, FBB-Abteilung, aus der hiesigen Stelle in Billings, Montana.«

Ben erhob sich von der Couch und blickte auf sie herab. »Hören Sie, Lady vom CDC, FBB, was auch immer«, sagte er, als er an ihr vorbeiging. »Ich habe jetzt eine knappe Stunde lang Fragen beantwortet. Wenn Sie mehr Informationen haben wollen, dann lesen Sie einfach die Berichte.« Er drängte sich durch die Menschenansammlung in Richtung Ausgang, schob die Tür auf und trat auf die Veranda hinaus, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Er hörte die Fliegengittertür hinter sich zuschlagen und dann, wie sie sich quietschend wieder öffnete. Schritte polterten hinter ihm die Stufen herab und Sekunden später hatte die Frau ihn eingeholt. Er behielt seine Geschwindigkeit trotzdem bei.

»Es tut mir sehr leid, Mr. Bennett, ich weiß, Sie haben einen schrecklichen Morgen, aber …«

»Einen schrecklichen Morgen?« Ben blieb stehen und fuhr herum, um sie anzufunkeln. »Riveras Familie hat einen schrecklichen Morgen. Die Familien der etwa einhundert Leute, die in der Explosion umkamen, haben einen schrecklichen Morgen. Ich versuche nur, überhaupt eine Art von Morgen zu haben, aber das ist hier ja gerade offensichtlich nicht drin.«

»Ich … ich weiß, Mr. Bennett, aber ich muss …«

»Hören Sie auf, mich so zu nennen.«

»Okay, aber ich muss trotzdem ganz genau wissen, was passiert ist.«

»Sie wissen, was passiert ist. Sie und alle anderen. Eine Bombe ist hochgegangen und eine Menge Menschen sind gestorben. Es gab ein Erdbeben, der Boden hat sich aufgetan und Rivera ist hineingefallen. Was wollen Sie denn noch von mir wissen? Ich habe versucht, ihn zu retten, okay? Ich habe seinen Arm gehalten und dann ist er trotzdem hinuntergefallen. Wollen Sie mich vielleicht des Mordes verdächtigen?«

Sie fuhr mit gesenkter Stimme fort. »Nein, ich will das ganz bestimmt nicht, Ben. Aber mein Boss ist nicht die Art von Mann, der so etwas einfach fallen lässt. Er wird Fragen stellen – einige sehr spezifische Fragen – und ich werde sie zu seiner Zufriedenheit beantworten müssen. Ich will nur wieder nach Hause, nach Montana.«

Ben trat gegen ein Steinchen vor seinen Füßen und sah der Frau dann wieder in die Augen. »Wo genau ist denn ihr Zuhause?«

»Außerhalb von Billings, eine kleine Stadt namens Lockwood.«

Er dachte einen Moment lang nach. »Würden Sie mir einen Gefallen tun, äh … wie war noch gleich Ihr Name?«

»Julie. Juliette Richardson.«

»Okay. Würden Sie mir einen Gefallen tun, Julie?«

Sie wartete.

»Wenn Sie dafür sorgen können, dass ich mit niemandem sonst über diesen Schlamassel reden muss, dann sage ich Ihnen alles, was ich weiß. Mehr kann ich nicht für Sie tun. Aber ich möchte mich nicht mit noch mehr Regierungstypen abgeben müssen. Abgemacht?«

Ihr Mundwinkel zuckte nach oben, und sie zeigte beinahe ein Lächeln. »Ich glaube, dafür kann ich sorgen.«

DER ENIGMA-VIRUS

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