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VORWORT

»Sie wird mich umbringen!«

Fangen wir mit dem Wichtigsten an: Ohne Vater geht es nicht. Egal wie, irgendwo muss er gewesen sein – jedes Kind hat einen.

In der tatsächlichen Familie kann Vaterschaft, Familie und Mutterschaft ganz verschiedene Formen annehmen: Klassische Familie – mit Trauschein oder ohne –, Patchwork-Familie, alleinerziehende Mutter oder Vater, zwei Väter, zwei Mütter, auch die größere Gruppe ist möglich. Wenn wir von »Vater« sprechen, sind hier immer diejenigen gemeint, die die entsprechende Rolle übernehmen.

Und egal, wie »Vater« in eurem Fall genau aussieht, es gibt eine gemeinsame Grundlage, die für alle gleich ist: Wie gut sich alle Beteiligten – egal welchen Geschlechts und welcher Identität – schon vor der Geburt vorstellen können, eine Familie zu sein, sagt viel darüber aus, wie es später tatsächlich sein wird. Forscher nennen das »pränatale triadische Kompetenz« – und das sagt uns, dass Familie mitnichten erst mit der Geburt losgeht, sondern schon viel, viel früher. Die gute Nachricht ist: Wir können schon viel früher die Weichen richtig stellen, wenn wir die richtigen Informationen haben, um kluge Entscheidungen zu treffen.

Sich in die Welt mit Baby einzufühlen – das wirkt sich ein ganzes Leben lang positiv auf dieses Baby aus, auf seine Schwangerschaft, auf die Geburt, auf die sensible Phase des Wochenbetts und auch insgesamt auf die nächsten Jahre in der Familie! Wenn ein Baby in eine Familie geboren wird, die schon in der Schwangerschaft als Team funktioniert und sich in ihr Baby »einfühlt«, hat es das Kind später im Leben leichter1.

Kein Sex, kein Spaß, keine Freunde?

Seien wir ehrlich: Forschung zu Schwangerschaft, Geburt und früher Erziehung ist immer noch vor allem frauenzentriert, nur wenige Forscher*innen fragen überhaupt danach, wie es Vätern mit ihren Babys geht. Schaut man zum Thema emotionale Verfügbarkeit, kommen 300 Studien zu Müttern auf weniger als 50 Studien zu Vätern2.

Viele Forscher konnten unsere Fragen nur mit einem Achselzucken beantworten sowie mit der Aussage: »Wir wissen noch so wenig über Väter!« Alles, was wir sicher wissen, haben wir hier für euch zusammengetragen. Fakten statt Meinungen – das ist das Motto des artgerecht-Projekts und aller Bücher von Nicola Schmidt. In »Vater werden« haben wir erstmals ein Thema speziell für Männer aufbereitet, zusammen mit Co-Autor Klaus Althoff, selbst mehrfacher Vater und Führungskräfte-Coach.

In Umfragen geben viele Väter an, dass sie ständig ein schlechtes Gewissen haben, weil sie weder ihrem Job noch ihrer Familie gerecht werden – und sie selbst kommen dabei auch noch ständig zu kurz. Denn die gesellschaftlichen Anforderungen an einen »guten Vater« wachsen ständig. Gleichzeitig ist man sich selten einig darüber, was ein wirklich guter Vater für seine Kinder ist. Der Dreiklang von »Kein Sex – kaum Freunde – zu viel Stress« steht als blauer Elefant immer mit im Raum, wenn es um die Frage geht: »Wollt ihr Kinder?«

Dabei haben Väter – oder Vaterfiguren – eine immense Bedeutung für das Kind:

Wenn das Kind ein positives Vaterbild hat, ist es sicherer an seinen Vater gebunden, weniger ängstlich, weniger zurückgezogen oder schüchtern und – wie praktisch! – hat später in der Schule ein besseres Verhältnis zu seinen Lehrern.

Und genau das will dieses Buch: Vatersein auf wissenschaftlichen Grundlagen greifbar machen. Es ist das Buch für eine neue Generation von Vätern, die nicht einfach Meinungen folgt, sondern auf wissenschaftlich basierten Fakten eigene Entscheidungen treffen will. Die gute Nachricht ist: Es ist zum Glück gar nicht so schwer, von Anfang an ein guter Vater zu sein.

Die Grenzen haben sich verschoben

Bis vor 50 Jahren firmierte der Vater noch als unangefochtener gestrenger Familienvorstand, dessen Rolle nahezu ausschließlich darin bestand, das Familieneinkommen zu erwirtschaften. Seine Kinder sah er nach Feierabend oder am sonntäglichen Mittagstisch. Von diesen »abwesenden« Vätern wollten sich die 68er lösen. Und so wie ihre Ideale langsam in den gesellschaftlichen Mainstream einsickerten, veränderte sich auch unser Vaterbild. Inzwischen sind Väter bei der Geburt dabei, nehmen Elternzeit und wollen sich aktiv an der Erziehung ihrer Kinder beteiligen, während viele Mütter schon wenige Monate nach der Geburt wieder arbeiten gehen.

Heute bewegen wir uns vom Gehorsams-Haushalt zum Verhandlungs-Haushalt, jeder weiß, wie wichtig Bindung ist, und wir sind uns einig, dass auch Kinder Menschenrechte haben. Viele von uns arbeiten heute für ihre eigenen Kinder an einem Umgang, wie wir ihn uns als Kind selbst gewünscht hätten.

Doch Vorsicht: Oft sind die richtigen Entscheidungen völlig gegen das, was wir »intuitiv« getan hätten – weil Intuition sich eben aus Erfahrung speist und unsere Erfahrung oft nicht das ist, was wir wiederholen wollen.

Interessanterweise fängt das »Vatersein« nämlich schon lange vor der Geburt an. Wer schon in der Schwangerschaft einiges richtig macht, kann hinterher nicht mehr so wahnsinnig viel falsch machen. Aus Studien wissen wir: Wenn ein Vater schon in der Schwangerschaft Ideen, Träume und Fantasien hat, wie es mit dem Kind sein wird, ist er auch zugänglicher, wenn es geboren ist. Wer vor allem die »technische« Seite für sich in Anspruch nimmt, sich total in Karriere, Papierkram oder gar Hausbau verliert, hat es oft schwerer, in den »Babymodus« umzuschwenken, wenn es so weit ist.

NOT-TO-DO-LISTE

Es ist viel zu tun – aber oft ist es schon super, wenn wir die falschen Dinge einfach sein lassen!

Deshalb haben wir in diesem Buch viele Not-to-do-Listen für euch zusammengetragen. Die wichtigste Not-to-do-Liste findet ihr gleich hier:

Was nicht funktionieren wird:

 Frau, du kümmerst dich um das Baby, ich mach den Rest

 Das wird schon irgendwie

 Ich hab da ja eigentlich eh keine Aktien drin

 Besser nicht drüber reden

 Augen zu und durch

 Arbeite hart, ernähre die Familie

 Platz da für den Ober-Checker!

Väter wollen es oft anders machen – aber wie? Und warum eigentlich?

»Warum willst du dich informieren, warum willst du es anders machen, als es dein Vater gemacht hat?«, hat der australische Forscher Richard Fletcher seine Väter auf einer Wöchnerinnenstation gefragt. Die Antworten, die er bekam, lauteten immer ähnlich: »Weil man das heutzutage erwartet, weil ich eine andere Beziehung zu meinem Kind will« und schlussendlich regelmäßig: »Vor allem, glaub mir, wenn ich es so mache, wie mein Vater, dann bringt meine Frau mich um!«

Das können wir sicher verhindern!

Gleichzeitig ist dies kein Buch mit Rezepten à la »Lassen Sie das Kind kontrolliert zwei Minuten schreien und dann jedes Mal eine Minute länger ...« Das ist alles völlig veraltetes Training (und eine Erziehungstechnik, die übrigens von Zirkustieren und Angstpatienten auf Babys übertragen wurde). Wir werden in diesem Buch mit aktuellen Forschungsergebnissen arbeiten und uns nicht mit längst überkommenen Techniken herumschlagen.

Familie auf einem neuen Level

Wir wollen Väter stark machen, ihren eigenen Weg zu finden – mit ihrem Kind, mit ihrer Familie. Denkt immer dran: Niemand kann euch sagen, was für euch richtig ist. Auch wir nicht!

Es gibt eine Menge Dinge, die man tun KANN. Aber das heißt nicht, dass ihr sie auch tun MÜSST. Lest das Buch, arbeitet damit, nehmt es auseinander, klebt eure Lieblingsseiten an den Kühlschrank, macht die wichtigsten Stellen zum Bildschirmhintergrund, postet persönliche Notizen dazu auf Instagram – und überlasst alles, was nicht zu euch passt, getrost anderen.

Dieses Buch ist keine Pflichtveranstaltung. Es ist mehr … ein Fluchtplan raus aus dem spaßfreien, pflichtbewussten, tonnenschweren verantwortungsvollen Vatersein – rein in die Liebe, den Spaß, das Selbstbewusstsein, das Mannsein und den Kontakt, rein in das Abenteuer Familie …

… und damit in das größte Abenteuer, das das Leben für uns bereithält. Los geht’s!

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Vater werden

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