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Kommunale Ordnungsdienste, »Stadtpolizeien«

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In Deutschland ist die Polizei eine staatliche Einrichtung. In der ersten Hälfte der 1970er Jahre wurden die letzten Großstadtpolizeien in Westdeutschland verstaatlicht, d.h. die Zuständigkeit ging von den Städten auf die Länder über. PolizistInnen sind seither BeamtInnen des Bundeslandes (oder des Bundes).

Erst seit den 1990er Jahren sind kommunale Vollzugsdienste wieder stärker thematisiert worden. Die Städte hatten die Verstaatlichung ihrer Polizeien begrüßt, weil damit die Kosten für die Polizei nicht länger von ihnen aufgebracht werden mussten. Im Laufe der Zeit stellte sich heraus, dass die Gemeinden durch den Verzicht auf eigenes exekutives Personal auch die Möglichkeit verloren hatten, mit ›eigenen Kräften‹ kommunale Kriminal- oder Sicherheitspolitik zu betreiben. Dieses Bedürfnis wuchs in dem Maße, wie die staatlichen Polizeien räumlich zentralisiert wurden, wie die Polizei sich stärker auf »Verbrechensbekämpfung« statt auf Ordnungswahrung konzentrierte, wie spezielle Aufgaben (etwa die Kontrolle des ruhenden Verkehrs) an die Ordnungsbehörden übertragen wurden und wie örtliche Sicherheit zu einem öffentlichen Thema wurde.

Der Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung kommt in Art. 28 Abs. 2 GG zum Ausdruck, der bestimmt, dass den Gemeinden »das Recht gewährleistet sein« muss, »alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln«. Diese Regelungen können die Gemeinden in Form von »Satzungen« umsetzen. Den so formulierten Regeln können sie mit Strafandrohungen Nachdruck verleihen, die auf den Strafrahmen von Ordnungswidrigkeiten, d.h. auf Geldstrafen beschränkt sind. Wollen Gemeinden diesen Bestimmungen durch eine entsprechende Kontrollpraxis Nachdruck verleihen und wollen sie nicht auf die lediglich subsidiäre Hilfe der Landespolizeien vertrauen, dann müssen sie eigene Kontrollkapazitäten ausbauen. Das geschieht in der jüngeren Vergangenheit vermehrt.

Die Zuständigkeiten und Befugnisse, auch die Bezeichnungen dieser kommunalen Vollzugsdienste sind regional unterschiedlich. Obgleich es auch Regelungen gibt, dass sie sich im Erscheinungsbild von der Polizei deutlich unterscheiden müssen (etwa in Rheinland-Pfalz), geht die neuere Entwicklung deutlich dahin, die Dienste wie Polizeien aussehen zu lassen: Einsatzfahrzeuge mit blau-silberner bzw. blau-weißer Farbgebung, dunkelblaue Uniform, die Aufschrift »Polizei« wird durch »Ordnungsamt« (Berlin, Nordrhein-Westfalen) oder »Kommunaler Ordnungsdienst« (Baden-Württemberg, Niedersachsen) oder »Stadtpolizei« (Hessen) ersetzt. Auch die Ausstattung ist in den Länder unterschiedlich: In Rheinland-Pfalz sind Schlagstock, Reizstoffsprühgeräte und Diensthunde sowie die Ausstattung mit Streifenfahrzeugen und Funk zulässig. Inwiefern das realisiert wird, hängt jedoch vom Willen und den Finanzen der Kommunen ab. Ein Dienstausweis ist obligatorisch (s. Telser 2020; Beck 2018).

Die »vertikale Struktur« der Polizeien ist durch »einen mehrstufigen pyramidenförmigen Aufbau« gekennzeichnet. An der Basis stehen Polizeireviere oder -stationen, deren Aufgabe in der Bewältigung des polizeilichen Alltagsgeschäfts besteht: Streifenfahrten, Aufnahme von Beschwerden und Anzeigen (und ggf. deren Bearbeitung), Aufnahme von Verkehrsunfällen, Einsätze bei Notrufen bilden die typischen Arbeitsbereiche. Je nach Größe sind hier auch bereits spezielle Zuständigkeiten verortet: Beauftragte für Prävention oder für Opferschutz, KonktaktpolizistInnen und JugendpolizistInnen sind häufig hier angesiedelt. Im Allgemeinen ist die Spezialisierung aber für die höheren Stufe der Organisationspyramide kennzeichnend. Insbesondere für die kriminalpolizeilichen Tätigkeiten gilt ein abgestuftes System von Ermittlungszuständigkeiten, das sich an der Schwere und der Bedeutung von Deliktsbereichen orientiert.

An der Spitze der Pyramide steht für die Kriminalpolizei ein Landeskriminalamt, für die Schutzpolizei gibt es in der Regel keine auf Landesebene zentralisierten operativen Einheiten. Mit steigender Hierarchieebene verfügen die Behörden auch über spezifische Ermittlungsmethoden oder kriminaltechnische Ressourcen. Die Stellung der Landeskriminalämter ist mit denen des Bundeskriminalamtes vergleichbar: Sie führen eigene Ermittlungen und als Zentralstelle unterstützen sie die anderen Teile der Landespolizei und stellen spezifische Kompetenzen und Ressourcen zur Verfügung.

Soziale Arbeit und Polizei

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