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Theologisch-christologische Aspekte

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Es bleiben noch die theologisch-christologischen Aspekte, das Wesentliche und Eigentliche der Kindheitsevangelien. Matthäus und Lukas haben hier ein kleines theologisches Kunstwerk geschaffen. Sie haben höchstkomplexe und vielschichtige Aussagen in eine schlichte Erzählung verpackt. Sie haben ihre theologische und christologische Botschaft in einprägsame und den Menschen ihrer Zeit vertraute Bilder gekleidet.

Die theologisch-christologischen Aspekte des Matthäusevangeliums lassen sich vielleicht so zusammenfassen:

 Jesus ist in den Schriften des Alten Testaments in vielfacher Weise angekündigt worden. Man muss nur genau hinschauen, um das zu erkennen. Man muss die versteckten Anspielungen der Propheten richtig deuten.

 Jesus ist zutiefst im Volk Israel beheimatet. In seinem Stammbaum spiegeln sich Höhen und Tiefen der Geschichte des Volkes, Menschlich-Allzumenschliches und Heroisches.

 Jesus ist der neue Mose. Er rettet sein Volk aus aller Knechtschaft und Unterdrückung und führt es in die Freiheit der Kinder Gottes.

 Jesus ist von einer „Jungfrau“ geboren: Menschliche Fruchtbarkeit allein hätte so etwas wie ihn nicht schaffen können. Hier war Gott am Werk. Jesus ist das Werk Gottes. Er ist das Geschenk Gottes an die Menschen.

 Jesus hat nicht nur eine Bedeutung für die Juden, sondern auch für die Heiden, ja für alle Menschen. Die Aufgeschlossensten unter ihnen haben ihn erkannt. Ihnen ist ein Licht aufgegangen. Sie sind dem Stern gefolgt. Sie haben Jesus aufgesucht, ihm gehuldigt und ihre Gaben dargebracht.

 Jesus erregt den Neid und die Missgunst der Mächtigen. Er wird kein ruhiges, bequemes Leben führen können. Sein gewaltsamer Tod zeichnet sich schon jetzt ab. Auch alle, die sich zu ihm bekennen, sind vor Verfolgung nicht sicher.

 Jesus und sein Schicksal sind in die Hände von Menschen gegeben. Sie müssen ihn in Sicherheit bringen. Später wird es die Aufgabe von Menschen sein, seine Botschaft zu hüten und weiterzugeben.

Lukas setzt etwas andere, aber nicht minder wichtige Akzente:

 Jesus ist eine „große Freude für das ganze Volk“. Die Botschaft, die er zu bringen hat, ist ein „Evangelium“, eine Botschaft überschwänglicher Freude. Lukas legt dem Engel die Worte in den Mund: „euangelízomai hymín charán megálän“ (wörtlich: „ich frohbotschafte euch eine große Freude“).

 Jesus ist der „Retter“, der gekommen ist, „um zu suchen und zu retten, was verloren ist“.

 Jesus ist vor allem gesandt zu den Armen und zu jenen, die keine besondere Wertschätzung im Volk erfahren. Die Hirten galten als Betrüger und zählten auch nicht zu den Frommen, weil sie bei ihrer Berufsausübung den gesetzlichen Reinheitsvorschriften nicht nachkamen.

 Jesus ist der „Sohn Davids“, in dem sich die Verheißungen und Erwartungen des Volkes Israel erfüllen.

 Jesus ist der eigentliche Friedensbringer, weil Friede nur möglich ist, wenn Gott ihn schenkt.

 Jesus ist nicht ein König, der mit Macht und Glanz daherkommt, sondern ein armer und heimatloser „Menschensohn“.

Die theologisch-christologischen Aussagen beider Evangelien lassen sich wie im folgenden Zitat zusammenfassen.

„Im Raum der Geschichte tritt ein Mensch auf, Mensch wie wir alle und doch in seinem ganzen irdischen Dasein, von der Geburt bis zum furchtbaren Kreuzestod, ein Mensch, der die Dimensionen des Menschlichen übersteigt und gerade dadurch auf die Transzendenz der menschlichen Existenz hinweist. Ein Mensch, der außergewöhnliche Zeichen tut und Worte spricht, die nicht untergehen; der Liebe übt wie kein anderer und der offenbart, was Liebe ist, welche die Menschen erlöst; der zum Bild und Zeichen Gottes in dieser Welt wird. Ein Mensch, in dem das Ewige in die Zeit einbricht; durch den die Menschen erfahren, was die Tiefen und Höhen menschlicher Existenz sind; der zur Hoffnung für die dem Tod ausgelieferten Menschen wird, weil er sterbend das Leben erwarb und eine neue Zukunft eröffnete. All dies offenbart sich schon in seiner Geburt: Das schwache Kind in der Krippe ist der Retter der Welt. Das ist die unvergängliche Weihnachtsbotschaft – ohne Legende und Mythos.“77

Als nüchternes historisches Faktum der Vorgeschichte Jesu ist nur so viel festzuhalten: Jesus ist geboren in der Zeit der Regierung Herodes I., des Großen, wahrscheinlich im Jahre 7 oder 6 vor der Zeitenwende (Herodes regierte von 37 bis 4 vor der Zeitenwende). In dieser Zeit herrschte Kaiser Augustus über das gesamte römische Imperium. Quirinius war sein Statthalter in Syrien. Jesu Mutter hieß Maria, sein Vater Josef. Ihr ständiger Wohnsitz war Nazaret.

Jesus von Nazaret

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