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Der Mann aus Nazaret, der vom galiläischen Wanderprediger zum „eingeborenen Sohn Gottes“ aufstieg, hat keine schriftlichen Zeugnisse hinterlassen. Wir wüssten heute wahrscheinlich nichts von ihm, wenn sich nicht einige Frauen und Männer darangemacht hätten, ihre Erinnerungen an diesen außergewöhnlichen Menschen aufzuschreiben. Sie verbanden mit dem Leben und Werk Jesu eine ganz persönliche Erfahrung, die ihr Leben umgekrempelt hatte. Sie waren einem Menschen begegnet, der sie faszinierte. Sie hatten eine Botschaft vernommen, die sie betroffen machte und die sie nicht mehr losließ – die sie darum für wichtig und unbedingt erhaltenswert hielten.

Als Erster von ihnen hat sich vermutlich ein gewisser Markus darangemacht, das zu sammeln, was er über Jesus in Erfahrung bringen konnte – Berichte und Aufzeichnungen von Augenzeugen (sofern sie noch lebten), kleinere oder größere schriftlich geformte Überlieferungsstücke. Dann musste er sich überlegen, wie er das Material sortieren und ob er alles unter ein bestimmtes Leitmotiv stellen sollte, wie (und ob überhaupt) er die Interessen und Ansprüche seiner Gemeinde in das Ganze einbringen und verarbeiten konnte.

Eins war Markus klar: Er konnte keine Biografie dieses ungewöhnlichen Mannes aus Nazaret verfassen. Er wollte nicht einfach reine Fakten aneinanderreihen. Markus wollte eine Art Liebeserklärung an Jesus schreiben – subjektiv und voreingenommen. Er wollte bekennen und bezeugen, was dieser Jesus für ihn und für jene bedeutet, denen er sein Material zu verdanken hatte. Gewiss, seinen Ausführungen lagen objektive, handfeste Fakten zugrunde: Jesus von Nazaret war keine Fantasiegestalt. Aber Markus wollte vor allem zeigen, dass in Jesus noch etwas anderes aufleuchtete. Dass durch ihn in besonderer Weise Gott erfahrbar geworden war. Unmittelbar, geradezu „handgreiflich“.

Wer von Gott reden will, braucht dazu Bilder und Symbole. Nur sie können das zum Ausdruck bringen, wovon das Herz voll ist. Den Menschen der Antike war das geläufig. Sie wussten die Bilder richtig zu deuten. Sie konnten die Sprache der Symbole verstehen.

So ging Markus ans Werk, ganz ähnlich wie auch die anderen drei Evangelisten: Matthäus, Lukas, Johannes. Um das Jahr 70 hatte Markus sein Liebesgedicht fertiggestellt. Er nannte es „Eu-Angelion“, Evangelium, gute Nachricht, frohe Botschaft. Markus war zum „Evangelisten“ geworden.

Er und die anderen drei Evangelisten, die ihre Schriften 15 bis 30 Jahre später fertigstellten, haben Werke geschaffen, die in ihrer literarischen Qualität, in ihrer tief gehenden Theologie und in ihrer scheinbar schlichten Anschaulichkeit auch heute Beachtung verdienen. Wir dürfen nach dem heutigen Stand der Forschung davon ausgehen, dass die Evangelien ziemlich zuverlässig die Lebens- und Todesumstände Jesu, seine Botschaft, sein Verhältnis zu anderen jüdischen Gruppen und sein Selbstverständnis vermitteln. Umstritten bleibt lediglich die Frage, welche seiner Worte und Taten historisch hieb- und stichfest sind.

Ich möchte versuchen, in den folgenden Ausführungen den Evangelisten ein wenig über die Schulter zu schauen, sie bei ihren Überlegungen zu begleiten und das Entstehen ihrer Schriften zu verfolgen. Vielleicht kann es so gelingen, die immer wieder faszinierende Gestalt des Jesus von Nazaret neu zum Leuchten zu bringen.

Jesus von Nazaret

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