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2.5 Industriezeitalter
ОглавлениеDie Industrialisierung rationalisierte nicht nur die Landwirtschaft und schuf neue Arbeit in der Industrie, sie führte auch die Frauen vom Kochtopf weg an die Maschinen.
Was bei der einen oder anderen Frau vielleicht noch ganz sinnvoll ist, weil sie am Fließband weniger Unsinn anstellen kann, bedeutete aber auch den Beginn des massiven Niederganges der weiblichen Kernkompetenzen. Nicht verwunderlich, dass in diese Zeit also auch der Beginn der Frauenbewegung fällt.
Der Beginn der modernen Frauenbewegung setzte mit der Französischen Revolution (1789 - 1799) ein, während der die Ideale Freiheit, Gleichheit und Menschlichkeit eingefordert wurden – allerdings erst einmal nur für die Männer. Deshalb verfasste 1791 die Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Olympe de Gouges (1748-1793) ihre „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“, in der sie für das „an Schönheit wie an Mut“ überlegene weibliche Geschlecht Gleichheit „in allen Rechten“ gegenüber den Männern reklamierte. Mit ihren Forderungen nach der vollen rechtlichen, politischen und sozialen Gleichstellung der Frauen war die Französin ihrer Zeit allerdings zu weit voraus. Wohl einer der Gründe, warum sie vom „Revolutionstribunal“ zum Tod durch die Guillotine verurteilt wurde. Da die Schrift ursprünglich nur in fünf Exemplaren erschien, ist ihre damalige Wirkung bis heute allerdings umstritten.
Apropos Französische Revolution: Ein gewisser weiblicher Übereifer, wenn es um die Gleichberechtigung der Geschlechter geht, ist übrigens keine Errungenschaft der Neuzeit. Bereits im Laufe der Französischen Revolution forderten einige Frauenklubs, wie der „Club des Citoyennes Républicaines Révolutionaires“[14] ihre Geschlechtsgenossinnen auf, männliche Kleidung zu tragen. Nachdem Frauen dann aber nicht nur Hosen anzogen, sondern sich auch noch bewaffneten, entzog der (männlich besetzte) Nationalkonvent ihnen das Versammlungsrecht und verbot 1793 alle Frauenklubs.
Kurz darauf, im Jahr 1792, veröffentlichte die englische Schriftstellerin Mary Wollstonecraft (1759 – 1797) ihr Buch „A vindication of the rights of woman”[15] (125), in dem sie begründete, dass Mann und Frau vor Gott gleich sind und damit auch das Recht auf Bildung für Frauen einforderte. Bei ihr liegen übrigens auch die gemeinsamen Wurzeln von Frankensteins Monster und der Frauenbewegung, denn Mary Wollstonecraft war auch die Mutter von Mary Shelley (1797 – 1851), der Verfasserin des Romans „Frankenstein“.
Danach war es dann erst einmal wieder für einige Generationen ziemlich still, was den Kampf um die Frauenrechte betraf. Die Diskussion über die Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen wurde erst wieder in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts angestoßen. Nicht unbeteiligt daran war sicherlich die Karriere von Florence Nightingale (1820 – 1910), der zur damaligen Zeit zweitberühmtesten Britin (nach Königin Victoria): Die aus wohlhabenden Verhältnissen stammende Krankenschwester bekämpfte während des Krimkrieg (1853 – 1856) die katastrophalen Hygienezustände in den britischen Lazaretts. In diesem Krieg kamen mehr Menschen durch schlechte Wundversorgung, Krankheiten und Unterernährung um, als durch die eigentlichen Kampfhandlungen. Durch Einführung grundsätzlicher Hygiene-Standards (Auskochen von Verbänden, regelmäßiges Wechseln der Bettwäsche) verbunden mit einer gesünderen Ernährung der Verwundeten und einer verbesserten Organisation der Krankenpflege gelang es Florence Nightingale, die Sterblichkeitsrate der verwundeten Briten drastisch zu senken.
Durch die hochintelligente und willensstarke Florence Nightingale erhielt nicht nur der Beruf der Krankenpflegerinnen weltweit eine Aufwertung, sie regte auch Henry Dunant zur Gründung des Roten Kreuzes an. Bei allem war sie aber keine Verfechterin der Emanzipation der Frau oder eine engagierte Kämpferin für das Frauenwahlrecht. Sie war vielmehr davon überzeugt, dass Frauen weit mehr Gelegenheiten offen stünden, als sie nutzten.
Bekanntheit erzielten erst wieder zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Suffragetten, welche - wie schon der Name sagte[16] - hauptsächlich für das Wahlrecht der Frauen kämpften. Eingeklagt wurden aber auch andere grundsätzliche Bürgerrechte, wie das Recht auf Bildung oder das Recht auf Privateigentum und Erwerbstätigkeit. Sie machten – hauptsächlich in den USA und Großbritannien - nicht nur durch öffentliche Proteste und Hungerstreiks auf sich aufmerksam, sondern fielen auch durch demonstratives Rauchen in der Öffentlichkeit und rot geschminkte Lippen auf.
Nach dem Ende des 1. Weltkrieges wird das damalige Hauptziel der Frauenbewegung, das Wahlrecht für die Frauen, in vielen Industrieländern erreicht.
Im Umfeld von Wirtschaftskrisen, Diktatur und Zweitem Weltkrieg bleib es danach aus Sicht der Frauenbewegung erst einmal für einige Jahrzehnte relativ ruhig.
Neuen Schwung bekam die Frauenbewegung erst wieder in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, als ein allgemeiner gesellschaftlicher Umbruch einsetzte, der sich in den USA z.B. auch in der Bürgerrechtsbewegung der Afroamerikaner und den Protesten gegen den Vietnamkrieg zeigte. In den 60er Jahren wurde mit der Erstarken der Studentenbewegung auch die traditionelle Rollenverteilung von Mann und Frau und das Patriarchat in Frage gestellt. So klagte das 1963 erschienene Buch „Der Weiblichkeitswahn“ („The Feminine Mystique“) der US-amerikanischen Feministin und Publizistin Betty Friedan (1921 – 2006) an, dass Frauen durch die Konzentration auf Familie und Kinder ihre eigene Identität verlieren.
Ich will es mit der Geschichte der Frauenbewegung hiermit erst einmal belassen, schließlich kommen wir auf das Thema noch einmal beim Abschnitt zum Feminismus zurück. Überhaupt hatte die Industrialisierung einen viel stärkeren Einfluss auf das unmittelbare Alltagsleben der Frauen als die Frauenbewegung. Denn mit der zunehmenden technischen Entwicklung und industriellen Produktion wurde auch die Hausarbeit revolutioniert und rationalisiert. Zum einen ergaben sich durch die zunehmende Verbreitung von Gas- und Stromanschlüsse für Privathaushalte Ende des 19. Jahrhunderts neue, bisher ungeahnte Möglichkeiten. Zum anderen konnten durch die industrielle Produktion die gewünschten Waren auch massenhaft und kostengünstig hergestellt werden[17]:
Elias Howe (1819 - 1867) erhielt zwar bereits 1846 ein Patent für eine Nähmaschine. Den kommerziellen Durchbruch erzielte aber erst die Nähmaschine von Isaac Merritt Singer (1811 - 1875), der 1851 für seine Nähmaschine ein Patent erhielt. Das Unternehmen entwickelte sich innerhalb von zwei Jahren zum führenden Nähmaschinenhersteller der USA.
Um 1870 wurden erste Staubsauger in den USA entwickelt, 1901 entwickelte der britische Ingenieur Hubert Cecil Booth (1871 - 1955) einen Staubsauger und 1907 brachte er seinen ersten „Haushaltsstaubsauger“ auf den Markt, der allerdings immer noch etwa 40 kg wog. Der 1906 vom Amerikaner James Murray Spangler (1848 – 1915) gebaute elektrische Staubsauger, war kommerziell wesentlich erfolgreicher, allerdings nicht für den Erfinder, sonder für seinen Cousin, da er seine Idee an dessen Firma „Hoover“ verkaufte hatte.
Ab 1880 wurde in deutschen Städten zunehmend mit dem Gasherd gekocht.
Bereits 1882 erhielt der New Yorker Henry W. Weely (1854 - 1908) ein Patent auf sein elektrisches Bügeleisen. Da Strom in der Privatwohnung zu dieser Zeit noch nicht selbstverständlich war und hauptsächlich auch nur zur abendlichen Beleuchtung benutzt wurde, dauerte es noch einige Jahrzehnte, bis die Durchschnittsfrau aus dieser Erfindung Nutzen ziehen konnte.
1901 erhielt der Amerikaner Alva J. Fisher (1862 – 1947) ein Patent auf eine elektrische Waschmaschine.
Kälte konnte zwar auch schon vorher künstlich erzeugt werden. Aber erst 1913 kam in den USA der erste Haushaltskühlschrank in den Handel. In Europa wurde 1929 der erste Kühlschrank für den Hausgebrauch von den Zschopauer Motorenwerken J.S. Rasmussen entwickelt.
Auffallend aber letztendlich nicht verwundernd ist, dass viele Erfindungen für den Haushalt in den USA erfolgten, denn da dort billige Haushaltshilfen Mangelware waren, mussten gerade in diesem Land viele technische Lösungen entwickelt werden, um die Hausarbeit effektiver zu gestalten. So haben wir den USA unter anderem auch den Haarfön (1920), das elektrische Dampfbügeleisen (1926) und die Mikrowelle (1947) zu verdanken.
Und damit ich mich nicht dem Vorwurf aussetzen muss, die weiblichen Erfinder zu unterschlagen, hier einige den Haushalt betreffende Erfindungen, die wir Frauen zu verdanken haben:
1908 erfand die Deutsche Melitta Bentz (1873–1950) die Kaffeefiltertüte
1886 wurde von der Amerikanerin Josephine Cochrane (1839 - 1913) ein Patent auf eine mit Wasserdruck arbeitende Geschirrspülmaschine eingereicht (Die in wohlhabenden Verhältnissen lebende Frau hatte sich über ihre Dienstboten geärgert, die zuviel Geschirr zerbrachen, wollte aber auch nicht selber abwaschen und kam deshalb auf die Idee. Die Firma Miele baute 1929 die erste elektrisch betriebene Geschirrspülmaschine.
Die amerikanische Sekretärin Bette Nesmith Graham (1924 - 1980) erfand in den 50-er Jahren des vorigen Jahrhunderts eine Flüssigkeit zur Korrektur von Tippfehlern, die sie unter dem Trademark Liquid Paper ("flüssiges Papier") vermarktete.
Der US-amerikanischen Erfinderin Marion Donovan (1917 - 1998) haben wir die Einwegwindel zu verdanken, 1951 bekam sie dafür ein Patent.
1949 ersann die Berlinerin Herta Charlotte Heuwer (1913 – 1999) eine pikante Sauce auf Basis von Tomatenmark und indischen Gewürzen (= Curry), für die inzwischen weltweit bekannte Currywurst.
1910 erfand die New Yorkerin Mary Phelps Jacob (1891 – 1970) einen Büstenhalter.
Aber nicht nur technische Geräte trugen dazu bei, die Hausarbeit zu erleichtern, Lebensmittel wurden zunehmend industriell hergestellt oder vorgefertigt, ihre Haltbarkeit erhöht und dadurch auch die häusliche Speisezubereitung selber wesentlich rationalisiert:
1804 gründete der französische Erfinder und Konditor Nicolas Appert die weltweit erste Konservenfabrik.
Ab 1852 entwickelte der deutsche Chemiker Justus von Liebig (1803 – 1873) „Liebigs Fleischextrakt“, ein Extrakt aus Rindfleisch, das zur Herstellung von Fleischbrühe oder Anreicherung von Suppen und Soßen verwendet werden kann.
1886 wurde durch den Schweizer Julius Maggi (1846 – 1912) die auf Pflanzenbasis hergestellte Maggi-Würze als preiswerter Ersatz für den Fleischextrakt erfunden.
um 1856 erfand der Amerikaner Eben Norton Horsford, ein Schüler Justus von Liebigs, das Backpulver. Liebig selber verbesserte die Rezeptur. Ein kommerzieller Erfolg in Deutschland war aber erst August Oetker vergönnt, der sein Backpulver für die Hausfrauen fertig portioniert in Tüten verkaufte.
1865 entwickelte Justus von Liebig die erste Fertignahrung für Babys („Suppe für Säuglinge“). Der Schweizer Henri Nestlé kombinierte Liebigs Rezeptur mit kondensierter Milch und brachte das „Kindermehl“ 1868 auf den Markt.
Ab 1930 werden in den USA Tiefkühlkonserven verkauft
Einige Produkte wie „Liebigs Fleischextrakt“, Oetkers Backpulver oder die Maggi-Würze werden übrigens noch heute in fast unveränderter Zusammensetzung hergestellt.