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2.6 Gegenwart
ОглавлениеFrauen haben im letzten Jahrhundert erhebliche Rechte für sich erkämpft. Denken wir doch nur an die folgenden Ereignisse in Deutschland:
1911 wird der erste Internationale Frauentag in Berlin gefeiert,
1918 wird in Deutschland das Frauenwahlrecht eingeführt, bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts in fast allen Ländern Europas, Schlusslicht ist der Schweizer Kanton Appenzell, in dem dies erst seit 1990 (!) möglich ist,
1928 durch Abschaffung des „Züchtigungsrechts“ ist es Ehemännern nicht mehr erlaubt, ihre Frauen zu schlagen,
1949 in Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes wird der Passus „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ aufgenommen,
1957 das Gleichstellungsgesetz tritt in Kraft, damit entfällt zum Beispiel das Recht des Ehemannes, das Arbeitsverhältnis seiner Frau fristlos kündigen zu können und auch der „Letztentscheid des Mannes“ in Ehe- und Familienfragen,
1959 der Stichentscheid des Vater in Erziehungsfragen wird vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt,
1977 durch die Reform des Ehe- und Familienrechtes dürfen Frauen ohne Erlaubnis ihres Mannes arbeiten gehen, bei Scheidungen gilt das Zerrüttungsprinzip und Frauen müssen nicht mehr automatisch den Nachnamen des Mannes annehmen
1977 Alice Schwarzer gründet in Deutschland die Zeitschrift „EMMA“
Das war jetzt reichlich trocken, deshalb vielleicht noch ein paar Fakten, die eher im Gedächtnis haften dürften und die auch für uns Männer ein paar interessante Effekte hatten:
Der 15. Mai 1940 ging als „N-Day“ in die Geschichte ein. An diesem Tag begann in den USA der Verkauf von in Massenproduktion hergestellten Nylonstrümpfen. Auch zuvor gab es zwar bereits „Nylons“[18]. Diese waren allerdings mit dem damaligen exorbitanten Preis von 250 Dollar weitgehend nur Filmstars vorbehalten.
Am 5. Juli 1946, 4 Tage nach einem durch die USA auf dem Bikini-Atoll im Pazifischen Ozean durchgeführten Atombomben-Test, wurde zum ersten Mal der Bikini[19] in Paris der Öffentlichkeit gezeigt. Die von der Stripteasetänzerin Micheline Bernadini präsentierte zweiteilige Badebekleidung bestand praktisch nur aus 4 Stoffdreiecken, löste erwartungsgemäß einen Skandal aus und wurde erst einmal vorsorglich weltweit mit einem Badeverbot belegt. Es dauerte dann noch bis in die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts, bis der Bikini sich bei der Allgemeinheit durchsetzte.
1953 gibt Hugh Hefner in den USA den ersten Playboy heraus (in Deutschland erscheint erst im Jahr 1972 die erste Ausgabe).
1960 „Envoid“, die erste Antibaby-Pille kommt in den USA auf den Markt. Ein Jahr später gibt es sie auch in Deutschland unter dem Handelsnamen „Anvolar“.
1962 leistet die britische Modedesignerin Mary Quant mit der Erfindung des Minirocks ihren Beitrag zur Befreiung von alten Zwängen. Für ihren Mut und Kreativität erhält sie 4 Jahre später den „Order of the British Empire“. 1971 folgen dann die Hot Pants nach.
1968 wird schließlich mit der „Sexuellen Revolution“ ein tiefgreifender Wandel hinsichtlich der Sexualmoral eingeleitet.
Wer sich heutzutage immer noch nicht mit der 1-Frauen-Ehe anfreunden kann, dem bleibt wohl nichts weiter übrig, als auszuwandern. Zum Beispiel nach Afrika: Der gegenwärtige Regent von Swasiland, König Mswati III. brachte es bis zu seinem 38. Lebensjahr auf 13 Frauen, wobei noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht zu sein scheint.
Das südafrikanische Recht erlaubt ebenfalls Vielehen. So ist der südafrikanische Präsident Jacob Zuma selber Ehemann von drei Frauen. Der 44-jährige Südafrikaner Milton Mbhele heiratete 2009 sogar gleich vier Frauen an einem Tag. Während die Heirat für drei seiner Frauen eine Premiere war, ehelichte der Vater von elf Kindern die vierte Frau hingegen schon zum zweiten Mal, da er mit ihr bereits seit zwölf Jahren verheiratet war. Ehemann Mbhele wird künftig zwischen seinen Frauen rotieren, da diese in verschiedenen Haushalten leben werden. (126)
Auch in verschiedenen arabischen Ländern wird ein Mann nicht dazu gezwungen, mit einer Frau allein glücklich zu werden, da der Koran die Ehe mit bis zu vier Frauen erlaubt (eine Frau darf hingegen nur mit einem einzigen Mann verheiratet sein). In die USA auswandern und sich zu den Mormonen zu bekennen, bringt aus dieser Sicht allerdings nichts mehr. Die „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ verzichtete bereits im Jahr 1890 auf die Polygamie.
Heirat aus Liebe soll eine bürgerliche „Erfindung“ des 18. Jahrhunderts sein. Mittlerweile entwickelt sich diese Form des partnerschaftlichen Zusammenlebens allerdings schon wieder zum Auslaufmodell, denn in der Gegenwart ersetzt der Lebensabschnittsgefährte zunehmend den festen Partner auf Lebenszeit. Auch die Ehe als fester Bestandteil der Lebensplanung verliert zunehmend an Bedeutung. Durch die Formel „In guten wie in schlechten Zeiten bis der Tod Euch scheidet“ lässt sich wohl kaum noch ein Scheidungswilliger abschrecken. Selbst gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften lassen sich mittlerweile legalisieren.
Dieses Bild trifft allerdings im Wesentlichen nur auf den Kreis der entwickelten Industrieländer zu. Schaut man allerdings über die Grenzen der Industrieländer hinaus, ergibt sich in der heutigen Zeit bei weitem kein so einheitliches Bild mehr. Die Unterschiede sind zum Teil erheblich:
In Saudi Arabien ist es einer Frau bis heute nicht erlaubt, eine Fahrerlaubnis zu erwerben und damit ein Auto zu fahren (Im Jahr 2007 schaffte es die erste Frau, sie ließ sich vorher allerdings einer Geschlechtsumwandlung unterziehen).
Beim Stichwort Indien denkt man eher an Witwenverbrennung und daran, dass weiblicher Nachwuchs deutlich häufiger abgetrieben wird.
Der weltweit höchste Frauenanteil in einem Parlament ist nicht in einem führenden Industrieland anzutreffen, sondern in Ruanda. 44 der 80 Sitze im Parlament, also 55%, fielen im Jahr 2008 auf Frauen. Zum Vergleich – in Deutschland liegt der Frauenanteil im Bundestag bei etwa 32%.
Auch in heutiger Zeit ist sogar noch an verschiedenen Orten der Welt das Matriarchat anzutreffen. So z.B. bei den Mosu, einer nationalen Minderheit im Südwesten Chinas. Dies muss für den Mann nun bei weitem keine Gruselvorstellung sein: Bei den Mosu lebt der Mann in der Familie seiner Mutter. Frauen gründen einen eigenen Hausstand. Ist ihnen dann einmal nach körperlicher Nähe zum anderen Geschlecht, laden sie sich über Nacht einen Mann ein, der am Morgen aber wieder verschwunden sein muss.
Da es bei solcher Praxis nicht immer in letzter Instanz klar ist, wer der Erzeuger des Nachwuchses ist, gilt es in diesem Kulturkreis übrigens als ausgesprochen unhöflich, Kinder nach dem Namen ihres Vaters zu fragen.
Dem Arzt und Journalisten Ricardo Coler, welcher mehr als zwei Monate bei den Mosu lebte, scheint es dort gefallen zu haben: „Männer leben besser, wo die Frauen das Sagen haben: Du bist für fast nichts verantwortlich, du arbeitest viel weniger und du bist den ganzen Tag mit deinen Freunden zusammen. Jede Nacht
bist du mit einer anderen Frau zusammen. Und obendrein kannst du für immer bei deiner Mutter leben.“ (127)
Auch in der Kleinstadt Juchitán im Süden Mexikos herrscht noch das Matriarchat: Den Frauen gehört Grund und Boden, sie verwalten die Haushaltskasse und es ist durchaus nicht ungewöhnlich, dass sie Kinder von verschiedenen Männern haben. Allerdings werden hier die Zügel offensichtlich etwas straffer von den Damen gehalten, sofern man der Aussage eines lieber anonym bleibenden Vertreters des männlichen Geschlechts glauben darf: „Als Mann hast Du hier nichts zu bestellen. Wenn du mal einen trinken willst – frag vorher die Senora.“ (128)
Grundsätzlich gesehen hat das Matriarchat aus männlicher Sicht durchaus eine Reihe unbestreitbarer Vorzüge:
Sie werden nie zu Unterhaltszahlungen verdonnert werden.
Mama ist eh die Beste und die einzige Frau, die uns richtig versteht.
Ihnen wird niemals jemand vorwerfen, dass Sie sich nicht ausreichend um Ihre Kinder kümmern.
Ihre Frau wird Sie nie wegen Geld anpumpen oder Sie beim Sex mit der Forderung nach Gegenleistungen erpressen.
Und ganz so fern wie man nun meinen könnte, ist diese Konstellation auch in unseren Breiten nicht. Denken wir doch nur an die Mama-Söhnchen, die es sich auch im fortgeschrittenen Alter im Hotel „Mama“ bequem machen: Im Jahr 2007 lebten immer noch fast die Hälfte (46%) aller 24jährigen Männer im Haus ihrer Eltern. Mit 30 Jahren wohnten 14% und mit 40 Jahren immerhin noch 4% der Männer bei den Eltern. Von den 24jährigen Frauen wohnten hingegen nur noch 27% in ihrem Elternhaus. Mit 30 Jahren waren es lediglich 5% und mit 40 Jahren nur noch 1% der Frauen. (129)
Auch aus reproduktionssoziologischer Sicht sind Männer die Stubenhocker und Frauen die wahren Streuner. Laut den beiden amerikanischen Forschern Mark Seielstad (Havard) und Luca Cavalli-Sforza (Stanford) sind alle Frauen seit Eva auf der Suche nach Geschlechtspartnern insgesamt achtmal mehr umhergezogen als alle Männer seit Adam. Die Forscher konnten dies anhand der Verbreitung von bestimmten Abschnitten im Erbgut (die DNS der Mitochondrien welche nur von den Frauen an die Nachkommen weitergegeben werden bzw. die Y-Chromosomen, welche nur von den Männern an ihre Söhne weitervererbt werden), nachweisen. (130)
Auch die allerallerletzten Männerbastionen fallen Schritt für Schritt: Seit 2007 ist die Deutsche (!) Alexandra Hai, erste Frau, welche Touristen auf den Kanälen der Lagunenstadt Venedig befördert. Die Sache hat allerdings noch einen kleinen Schönheitsfehler: Sie darf nur die Gäste eines kleinen Hotels befördern und sich nicht offiziell als „Gondolieri“ bezeichnen, da sie bis jetzt viermal (!) durch die offizielle Fahrprüfung gerasselt ist (Entschuldigung: „Ich war einfach zu nervös“).
2007 fiel auch eine 500 Jahre währende Tradition in Groß Britannien. Die Schottin Moira Cameron darf seitdem als erste Frau den Tower of London gemeinsam mit 37 Beefeatern bewachen.
Einige andere vermeintliche Männerbastionen haben die Frauen allerdings schon vor erstaunlich langer Zeit erobert: Eine der ersten und bis heute bekanntesten Stierkämpferinnen war die peruanisch-portugiesische „Torera“ Conchita Cintrón (1922 – 2009), die bereits mit 13 Jahren das erste Mal in der Arena stand. Bei einem ihrer letzten Kämpfe, 1949 im spanischen Jáen, stieg sie zum Finale von ihrem Pferd ab und anstatt den Stier zu töten, lies sie mit einer dramatischen Geste ihren Degen fallen und berührte den an ihr vorbeitobenden Stier nur mit den Fingern im Nacken[20]. Das Publikum tobte. Conchita hingegen wurde beim Verlassen der Arena verhaftet, da für Frauen in Spanien zu dieser Zeit der Stierkampf zu Fuß verboten war. Orson Welles, ein bekennender Verehrer, äußerte sich einmal über sie: “Ihr Erfolg widerlegt jeden Mann, der jemals behauptet haben sollte, dass eine Frau etwas von ihrer Weiblichkeit verliert, wenn sie mit Männern konkurriert.“
Selbst eine der letzten Bastionen männlicher Vormacht - die katholische Kirche öffnet sich zunehmend gegenüber den Frauen: „Wir sind dabei, die Spitze der katholischen Kirche umzugestalten, es werden auch Frauen diese Spitzenstellungen besetzen.“ verkündete im Juli 2007 Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, immerhin die Nummer 2 im Vatikan nach dem Papst. (131) Teilweise ist die Öffnung der Kirche ein Gebot der Not: Aufgrund des in Galicien (Nordwestspanien) herrschenden akuten Priestermangels, müssen dort bereits oft Hausfrauen die Messe in den Kirchen lesen. Bis die Bildzeitung auf ihrer Titelseite einmal stolz vermelden kann „Wir sind Päpstin“ wird wohl aber noch einige Zeit ins Land gehen.
Auch im Fußball ist es mit der männlichen Vorherrschaft nicht mehr weit her:
Bereits im Jahr 1894 wurde zwar das erste britische Frauen-Fußballteam, der „British Ladies Football Club“ gegründet und ein Jahr später fand das erste offizielle weibliche Fußballspiel, England-Nord gegen England-Süd (7:1) statt, welches von immerhin 10.000 Zuschauern verfolgt wurde. In den darauffolgenden Jahrzehnten blieb es aber relativ ruhig um den Frauenfußball. In verschiedenen Ländern wurde er sogar zwischenzeitlich verboten. So war unter dem Motto „Diese Kampfsportart ist der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd.“ Frauenfußball vom DFB noch in den Jahren 1955 - 1970 untersagt. Die Frauen hielten sich allerdings nicht daran. Mittlerweile wirbt der DFB für den Frauenfußball und die Schranken fallen:
Seit 2007 gestattet der Deutsche Fußballbund Freundschaftsspiele zwischen Frauen- und Herrenteams.
Bibiana Steinhaus ist die erste Schiedsrichterin, die seit 2007 auch im deutschen Männer-Profi-Fußball pfeifen darf.
Der DFB ist stolz darauf, dass Deutschland im Jahr 2011 die Frauen-Fußballweltmeisterschaft ausrichten durfte.
Nach dem erstmaligen Gewinn der Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2003 durch unsere Frauen-Mannschaft wurde in den Medien sogar ernsthaft diskutiert, ob vielleicht bald die erste Frau in einer Männer-Profiliga mitspielen würde.
Selbst in eine andere bisherige reine Männer-Domäne dringen die Frauen zunehmend ein. Ab den Sommerspielen 2012 in London gehört Frauenboxen sogar zu den olympischen Disziplinen. Viele Männer, wie der Box-Weltmeister Wladimir Klitschko, sehen dies aber noch kritisch: „Ich habe großen Respekt vor Regina Halmich. Doch Boxen ist Männersport. Ich kann da nicht hinschauen!“ (132)
Box-Weltmeisterin Regina Halmich war von 1995 bis 2007 ungeschlagene Weltmeisterin und musste in 56 Profikämpfen nur eine Niederlage einstecken. Ihr letzter Kampf gegen die Israelin Hagar Shmoulefeld Finer im November 2007 wurde von 8,80 Millionen Zuschauern im Fernsehen verfolgt.
Zwei Showkämpfe gegen den Entertainer Stefan Raab erzielten Einschaltquoten von jeweils deutlich über 7 Millionen, den zweiten Kampf verfolgten 19500 Zuschauer live am Ring in der Köln-Arena. Der in beiden Kämpfen deutlich unterlegene Fernsehmoderator bezeichnet sich seitdem stolz als Vizeweltmeister im Frauenboxen.
Auch auf anderen sportlichen Gebieten sind die Veränderungen unübersehbar: Im Jahr 2007 durften sich beim traditionsreichen Tennisturnier von Wimbledon die beiden Finalgewinner Venus Williams (USA) und Roger Federer (Schweiz) erstmals über ein gleich hohes Preisgeld in Höhe von 700 000 britischen Pfund (ca. 1 Million Euro) freuen. Da die Männer über 3 Gewinnsätze, die Frauen hingegen nur über 2 Gewinnsätze spielen, ist ihr durchschnittlicher „Stundenlohn“ mittlerweile sogar deutlich höher. Außerdem treten bei den Frauen viele der Spitzenspielerinnen auch noch im Doppel oder Mix an, wodurch sich ihre Einkommenschancen weiter gegenüber den Männern verbessern.
Tabelle 3: Entwicklung der Preisgelder beim Tennisturnier von Wimbledon
Quelle: http://www.wimbledon.org
Von einer solchen Gleichberechtigung können allerdings die deutschen Frauen, welche im Jahr 2007 zum zweiten Mal nach 2003 Fußball-Weltmeisterinnen wurden, nur träumen. Für den Gewinn der Trophäe bekommen sie vom DFB 55 000 Euro pro Spielerin. Als die Männer ein Jahr vorher ins Halbfinale einzogen, erhielten sie dafür das Doppelte.
2015 endet nach 183 Jahren eine weitere Frauen-Benachteiligung im Bereich des Sportes. Dann dürfen auch die Damen der beiden Elite-Unis Oxford und Cambridge im berühmten „Boat Race“ auf der 7,2km langen Ruderstrecke gegeneinander antreten.
Eine der wenigen Bereiche, die noch weitgehend in Männerhand sind, ist der Bergbau, denn „Frauen dürfen im Bergbau unter Tage nicht beschäftigt werden.“ (133) Ausnahmen gibt es allerdings auch hier, wenn die Damen keine schwere körperliche Arbeit verrichten müssen, oder sich nur kurzfristig dort aufhalten.