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a) Anwendungsbereich der Regelungen des Verteidigerausschlusses
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In seinem „Schily“-Beschluss hat das BVerfG die Ausschließung des Verteidigers auf gewohnheitsrechtlicher Grundlage für unzulässig erklärt und eine gesetzliche Regelung der Ausschlussgründe und des dabei anzuwendenden Verfahrens gefordert.[87] Dem ist der Gesetzgeber mit der Einfügung der §§ 138a–138d in die Strafprozessordnung nachgekommen. Die gesetzliche Regelung ist einerseits zwingend, andererseits jedoch auch abschließend.[88]
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§ 138a StPO gilt für alle Verteidiger, d.h. für alle Personen i.S.d. § 138 Abs. 1 StPO (Rechtsanwälte und Rechtslehrer an deutschen Hochschulen) einschließlich unterbevollmächtigter Verteidiger, für die Verteidiger nach § 392 Abs. 1 AO (Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer in Steuerstrafsachen) sowie für die nach § 138 Abs. 2 StPO zur Verteidigung zugelassenen.
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Die Ausschlussregelungen der §§ 138a ff. StPO gelten wegen der grundsätzlichen Gleichstellung von Wahl- und Pflichtverteidigung auch für den bestellten Verteidiger. Abgesehen von den gesetzlichen Regelungen über die Rücknahme der Bestellung des Pflichtverteidigers in Fällen der Beauftragung eines Wahlverteidigers durch den Beschuldigten (§ 143 StPO) und wegen der Verweigerung der Verteidigung durch den Pflichtverteidiger (§ 145 Abs. 1 StPO) ist die Entpflichtung ausnahmsweise nur bei der Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen Verteidiger und Beschuldigten möglich. Sie darf jedoch nicht „aus wichtigem Grund“ wegen angeblichen Fehlverhaltens des Verteidigers erfolgen.[89] Insoweit sind ausschließlich die §§ 138a ff. StPO anzuwenden. Sonst würde die Möglichkeit der Rücknahme der Bestellung durch den Vorsitzenden zu einem Mittel des Gerichts, einen unbequemen „Konfliktverteidiger“ loszuwerden, um einen „kurzen“ (der BGH nennt ihn einen „reibungslosen“[90]) Prozess zu ermöglichen. Durch die Kompetenzzuweisung des § 138c Abs. 1 StPO an das OLG bzw. den BGH und das in §§ 138c Abs. 2–6, 138d StPO geregelte Verfahren ist die Gefahr, dass sich das Tatgericht eines unliebsamen Verteidigers auf elegante Weise entledigt, weitgehend ausgeschlossen.