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1.2 Legale und politische Aspekte

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Die Tabakindustrie ist ein umsatzstarker Wirtschaftszweig. Während in Westeuropa der Tabakkonsum zurückgeht, wird vor allem in Entwicklungsländern mit einem Anstieg gerechnet.

Die Werbung ist vielfältig und richtet sich gezielt an verschiedene Konsumentengruppen, vor allem Neueinsteigende sind für die Tabakindustrie interessant, da eine neue zukünftige Kundschaft angeworben wird. Je früher mit dem Rauchen begonnen wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, später regelmäßig zu rauchen, desto schwerer fällt das Aufhören (Sussman et al. 1998) und desto stärker ist die karzinogene Wirkung des Zigarettenrauchs (Wiencke et al. 1999). Eine große Anzahl wissenschaftlicher Studien kommt zu dem Ergebnis, dass Zigarettenwerbung sowohl den Einstieg in den Zigarettenkonsum als auch den Übergang vom Probieren zum regelmäßigen und gewohnheitsmäßigen Rauchen und damit die Festigung des Rauchverhaltens fördert (Gilpin und Pierce 1997; Pierce et al. 1998). Dies gilt nicht nur für die direkten Formen der Werbung, sondern auch für die indirekte Werbung für Tabakprodukte (MacFadyen et al. 2001).

Frauen wurden und sind zunehmend eine Zielgruppe als Konsumentinnen, die direkt beworben wird. Berufstätige Frauen sind dabei besonders interessant auch im Zusammenhang mit einem selbstbestimmten Lebensstil. Durch Bilder von Schlanksein, Emanzipation, Kultiviertheit spricht die Tabakindustrie schon lange die Sehnsüchte der Frauen an. Die Zigarettenpackungen wurden vom Aussehen her den Wunschbildern der Frauen angepasst oder auch mit ansprechenden Aussagen untertitelt oder mit Attributen wie Stil und Geschmack versehen.

Zigaretten sind für den Schmuggelmarkt interessant. Durch das Umgehen der Steuern entsteht eine hohe Gewinnspanne. Günstige Schwarzmarktzigaretten steigern den Zigarettenkonsum. Zigaretten gehören weltweit zu den meistgeschmuggelten Konsumgütern.

Die größten wirtschaftlichen Kosten beim Tabak verursachen die Behandlungen von tabakbedingten Krankheiten.

Beispiel Schweiz: Drei Milliarden Franken/2.742 Milliarden Euro zahlt die Gesellschaft pro Jahr in Form von Krankenkassenprämien und Steuern. Keine andere Sucht verursacht derart hohe Kosten im Gesundheitswesen. Zum Vergleich: Alkohol macht mit 477 Millionen Franken nur ein Sechstel aus, Drogen mit 274 Millionen Franken weniger als ein Zehntel. Tabak ist ebenfalls für den Großteil der suchtbedingten Todesfälle verantwortlich. Von 11.512 suchtbedingten Todesfällen im Jahr 2017 entfallen 9.430 auf Tabak, 1.940 auf Alkohol und 178 auf Drogen. Indirekt, also durch krankheitsbedingte Ausfälle am Arbeitsplatz oder durch frühzeitige Todesfälle, kostet der Tabakkonsum die Schweizer Volkswirtschaft jährlich zwischen 833 Millionen Franken und 3,1 Milliarden Franken – abhängig davon, wie breit die indirekten Kosten miteinbezogen werden. In die erste Rechnung werden lediglich die Kosten zur Beschaffung eines »Ersatzes« für die ausgefallene Person miteinbezogen. Die zweite Rechnung berücksichtigt zusätzlich den Verlust über das gesamte Erwerbsleben (AT Schweiz 2020).

Auf politischer Ebene existieren vielfältige Richtlinien durch Gesetzgebungen. Im Mai 2003 haben die WHO-Mitgliedstaaten gesundheitspolitisch »Geschichte geschrieben« durch die Annahme des WHO-Rahmenübereinkommens über Tabakkontrolle, der Framework Convention on Tobacco Control (FCTC)– der erste Vertrag speziell im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit. Heute sind 181 Parteien Unterzeichner, und das FCTC ist damit eines der am weitesten verbreiteten Instrumente der Vereinten Nationen (WHO 2003).

Ziele bis 2030 sind die Reduktion vorzeitiger Sterblichkeit durch nicht übertragbare Krankheiten um ein Drittel und die Stärkung der Umsetzung der FCTC.

Die australische Regierung hat beispielsweise 2012 veranlasst, dass Hersteller in Australien nur noch olivgrüne Einheitsverpackungen – bedruckt mit den bereits üblichen Schockfotos und Warnhinweisen – in den Handel bringen dürfen. Auf Logos oder Schriftzüge wird dabei verzichtet; Schriftart, Schriftgröße und Packungsgrundlage werden vereinheitlicht.

In Großbritannien haben die Einführung von Einheitsverpackungen und die Mindestabgabe die Zigarettenverkäufe deutlich gesenkt. Seit 2017 hat Großbritannien komplett auf Einheitsverpackungen umgestellt. Zu diesem Zeitraum trat auch eine Mindeststeuer in Kraft, die es den Verkaufsstellen erschwert, die Zigarettenpreise zu drücken. Diese kombinierten Maßnahmen reduzierten den Absatz von Tabakprodukten deutlich.

Den Nutzen von Plain Packing, also Einheitsverpackungen, erkennen immer mehr Länder und lassen es zu: Irland, Frankreich, Kanada, Neuseeland, Norwegen, Slowenien, Türkei, Niederlande.

Tabakwerbeverbote müssen umfassend sein, wenn sie wirken sollen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in ihrer Rahmenkonvention der Tabakkontrolle (FCTC) Grundsätze festgelegt für die Tabakprävention. Kinder und Jugendliche sollen nicht mehr zum Tabakkonsum angeworben werden. Promotion, Werbung und Sponsoring für Tabakwaren sowie zur Erhältlichkeit von Tabakwaren sind dort geregelt.

Merke: Die Tabakindustrie ist ein weltweiter Wirtschaftszweig mit einer vielfältigen Werbung, die sich gezielt an verschiedene Konsumentengruppen richtet, vor allem an Jugendliche und Neueinsteigende. Die größten wirtschaftlichen Kosten beim Tabak verursachen die Behandlungen von tabakbedingten Krankheiten. Auf politischer Ebene existieren vielfältige Richtlinien durch Gesetzgebungen, die die Denormalisierung des Rauchens und den Rauchstopp fördern.

Nikotinabhängigkeit und Tabakprävention

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