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1 7. Heinrich I., der Finkler.

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1. Heinrichs Wahl. Die Ungarn. Die Sage erzählt, die ausgesandten Boten hätten den Sachsenherzog auf der Jagd gefunden, als er gerade mit Finkenfang beschäftigt war. Daher hat man ihm den Beinamen der Finkler oder Vogelsteller gegeben. Aber er verdiente noch eher der Große zu heißen. Denn dieser Heinrich I., mit dem nun die Reihe der Kaiser aus dem Stamme der Sachsen (919—1024) beginnt, war ein vortrefflicher Herrscher. Er wußte die widerspenstigen Herzöge bald zum Gehorsam zu zwingen. Dann galt es, die äußeren Feinde des Reiches zu bekämpfen, vor allen die gefürchteten Ungarn. Aber dazu war Heinrichs Macht anfänglich noch zu gering; er mußte sein Volk erst zu dem schweren Kampfe tüchtig machen. Daher schloß er zunächst einen neunjährigen Waffenstillstand mit den Ungarn, wobei er sich freilich zu einem jährlichen Zins an die Feinde verstehen mußte. Allein nun hatte er doch fürs erste Ruhe, und diese Zeit benutzte er aufs beste.

2. Städtegründungen. Es fehlte damals in Deutschland noch an festen Plätzen. Die Orte lagen offen da, ohne Mauern, ohne Gräben; niemand konnte beim Eindringen der Feinde seine Habe in Sicherheit bringen. Daher legte Heinrich befestigte Städte an; man nannte sie Burgen und ihre Bewohner Bürger. Aber es hielt schwer, Leute zu finden, die in diesen Städten wohnen mochten. Denn die Deutschen liebten von alters her das Wohnen auf dem Lande und sagten: „Sollen wir uns ins Gefängnis setzen? Die Städte mit ihren engen Mauem sind nichts anders, als Gefängnisse." Da befahl Heinrich, die Leute sollten losen, und jeder neunte Mann mußte vom Lande in die Stadt ziehen. In der Stadt aber wurde ein Teil des Ertrages der Felder in Speichern aufbewahrt und dem Landmanne in Kriegszeiten eine sichere Zuflucht gewährt. Allmählich blühten diese Städte empor. Die Bürger, die im Kriege die Waffen zu führen hatten, trieben im Frieden Handel und allerlei Gewerbe, und so fanden sie hinter ihren Stadtmauern nicht nur Schutz vor Gefahr, sondern gelangten auch nach und nach zu Wohlstande.

3. Errichtung einer Reiterei. Slaven und Normannen. Heinrich wollte aber sein Land nicht durch Festungen vor den Räubereien der Ungarn schützen; er wollte den wilden Feinden auch eine wohlgerüstete Kriegsmacht entgegenstellen. Deshalb übte er seine Scharen aufs eifrigste in den Waffen, namentlich schuf er eine tüchtige Reiterei. Denn gerade durch ihre raschen Pferde waren die Ungarn am meisten gefährlich. Nachdem sich Heinrich so auf den Krieg vorbereitet hatte, zog er, noch ehe der Waffenstillstand mit den Ungarn abgelaufen war, zuerst gegen die Slaven aus. Mitten im Winter rückte er über das Eis gegen ihre Hauptstadt Brennabor (jetzt Brandenburg) an der Havel und eroberte sie samt dem umliegenden Lande. Zum Schutze der deutschen Grenze gegen die Einfälle der Slaven gründete er die Nordmark (auf der linken Seite der Elbe; s. Nr. 28,1). Dann zog er gegen die Normannen, besiegte sie und nahm ihnen das Land Schleswig weg.

4. Die große Ungarnschlacht (933). Nach diesem glücklichen Erfolge fühlte sich Heinrich stark genug, den Kampf mit den gefürchteten Ungarn aufzunehmen. Der neunjährige Waffenstillstand war zu Ende. Sogleich kamen ungarische Gesandte und forderten wieder den alten Zins. Aber Heinrich wies sie zurück. Ja man erzählt, er habe ihnen einen räudigen, an Schwanz und Ohren verstümmelten Hund reichen lassen, um die Übermütigen recht zu verhöhnen. Bald brachen nun die räuberischen Feinde in zahlloser Menge, gleich einem Heuschreckenschwarm, ins Land ein. Aber die Bauern konnten jetzt ihr Vieh und ihre sonstigen Habseligkeiten in die ummauerten Städte flüchten, wo die Ungarn nicht einzudringen vermochten. König Heinrich sammelte schnell seine mutigen Krieger und feuerte sie zur Schlacht an. „Gedenket des Elends," rief er, „das die wilden Feinde über euch gebracht haben; gedenket daran, wie sie eure Hütten verbrannt, eure Habe geraubt, eure Frauen und Kinder gemordet, eure Kirchen und Altäre zerstört haben. Krieger! der Tag der Vergeltung ist gekommen. Seid Männer und betet zu dem dort oben, der Hilfe sendet in der Stunde der Not." Nicht weit von der Stadt Merseburg kam es zur Schlacht. Der König selbst führte seine Scharen zum Kampfe; vor ihm flatterte die Reichsfahne mit dem Bilde des Erzengels Michael. Als nun das wohlbewaffnete, stattliche Heer mutvoll gegen die Raubhorden losstürmte, da war der Sieg bald entschieden. So schnell sie konnten, ergriffen die geschlagenen Feinde die Flucht. Aber Heinrich war rasch hinter ihnen her; die Widerstand leisteten, ließ er niederhauen, die Gefangnen aber als Räuber und Mörder hängen. Das Lager der Ungarn mit allem Raube, den sie zusammengeschleppt hatten, fiel in die Hände der Deutschen. Da sank der fromme Heinrich mit seinem ganzen Heere auf die Kniee und dankte Gott für den herrlichen Sieg. Das deutsche Volk aber frohlockte; es pries seinen König als Retter und Schützer des Vaterlandes, und durch alle Lande verbreitete sich der Ruf von Heinrichs Tugend und Tapferkeit. Denn er war es, der Deutschland aus schwerer Bedrängnis wieder aufgerichtet und zu Macht und Ehren gebracht hatte.

5. Heinrichs Ende und seine Gemahlin Mathilde (936). Die Früchte dieses großen Sieges hat Heinrich nur wenige Jahre genossen. Als er im Schlosse Memleben an der Unstrut sein Ende nahe fühlte, ließ er seine fromme, ihm treu ergebene Gemahlin Mathilde zu sich kommen und sprach zu ihr: „Du mir immer Treue, mit Recht so innig Geliebte! Ich danke Christo, daß ich dich lebend zurücklasse. Keiner hatte wohl je ein treueres, in allem Guten erprobteres Weib. Habe Dank, daß du mich im Zorne gemäßigt, mich stets weise beraten, von Unbilligkeit mich oft zur Gerechtigkeit zurückgeführt und mich gelehrt hast, mich der mit Gewalt Unterdrückten zu erbarmen. Jetzt empfehle ich dich und unsere Kinder und meine schon scheidende Seele dem Schutze des allmächtigen Gottes und dem inbrünstigen Gebete der Auserwählten des Herrn." Alsbald starb er. Seine sterbliche Hülle wurde in der Schloßkirche zu Quedlinburg beigesetzt, neben ihm später Mathilde, die ihrem Gemahl eine unvergleichliche Stütze, ihren Söhnen eine vortreffliche Mutter und ihrem Volke eine mildthätige Königin gewesen ist.

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