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20. Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII.

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1. Papst Gregor VII. Auf dem päpstlichen Stuhle saß damals Gregor VII. Er war der Sohn eines Handwerkers in Italien und hatte eine Zeitlang als Mönch in einem Kloster gelebt. Durch Klugheit und Kraft ausgezeichnet, war er allmählich zum mächtigen Ratgeber der Päpste emporgestiegen und hatte endlich selbst die päpstliche Würde erhalten. Mit allem Eifer war er darauf bedacht, die Macht des Papsttums zu erhöhen. „Zwei Lichter," sagte er, „regieren am Himmel: die Sonne und der Mond. Die päpstliche Gewalt ist wie die Sonne, die königliche Macht gleicht dem Monde. Wie der Mond sein Licht von der Sonne hat, so sind Kaiser, Könige und Fürsten nur durch den Papst, der Gottes Stellvertreter und Christi Statthalter auf Erden ist. Also ist die Macht des päpstlichen Stuhles weit größer, als die Macht der Throne, und der König ist dem Papste unterthan und Gehorsam schuldig." Um die päpstliche Herrschaft recht fest zu gründen, erließ Gregor mehrere wichtige Gesetze. Die kirchlichen Würden sollten durch den Papst und dessen Bevollmächtigte, nicht mehr durch die Fürsten vergeben werden. Und damit die Geistlichen nicht durch die Sorge für Weib und Kind gebunden, sondern unabhängig von der weltlichen Gewalt ganz dem Papste ergeben seien, führte Gregor das Verbot der Priesterehe mit aller Strenge durch. Jedem, der sich diesen Anordnungen widersetzen würde, drohte er mit dem Banne.

2. Streit zwischen Kaiser und Papst. Heinrich IV. dachte nicht daran, des Papstes Befehle auszuführen. Da versuchte Gregor, ihn zum Gehorsam zu zwingen. Als die Sachsen Klage über des Kaisers Härte erhoben, schrieb ihm der Papst: „Künftige Fasten stellst du dich vor mir hier in Rom, um dich wegen der Verbrechen, die dir zur Last gelegt werden, zu verantworten. Erscheinst du nicht, so strafe ich dich mit dem Banne." Diese Drohung erwiderte Heinrich mit der Aufforderung an Gregor, von dem päpstlichen Stuhle herabzusteigen. Da sprach der Papst den Bann über Heinrich aus und entband alle seine Unterthanen vom Eide der Treue. Dieser Spruch des Papstes that eine gewaltige Wirkung. Die meisten deutschen Fürsten wollten dem Kaiser nicht mehr gehorchen und drohten einen neuen Kaiser zu wählen, wenn Heinrich nicht binnen kurzer Zeit des Bannes ledig sei.

3. Heinrich in Canossa (1077). Heinrich war in einer gefährlichen Lage. Er beschloß, sich vor dem Papste zu beugen. Mitten im härtesten Winter wanderte er, nur von seiner treuen Gemahlin Bertha und einigen Dienern begleitet, über die Alpen nach Italien. Es war eine höchst mühselige Reise. Auf dem steilen, mit tiefem Schnee und weiten Eisfeldern bedeckten Gebirge drohte jeder Schritt Lebensgefahr. Bald kroch man auf Händen und Füßen, bald glitt man auf dem Rücken einen schlüpfrigen Abhang hinunter; die Kaiserin mußte in eine Ochsenhant eingewickelt und an Seilen hinabgelassen werden. So erreichte man endlich Italien. Der Papst befand sich gerade auf dem Schlosse Canossa. Dorthin begab sich der Kaiser. Aber Gregor ließ ihn nicht gleich vor sich kommen, sondern erlaubte nur, daß er im Bußkleide den Schloßhof betrete. Da stand denn der deutsche Kaiser barfuß, entblößten Hauptes, nur mit einem wollenen Hemde angethan, drei Tage vom Morgen bis zum Abend gnadeflehend auf dem Burghofe. Nie hatte ein Kaiser solche Demütigung erduldet. Endlich, am vierten Tage, sprach ihn der Papst unter strengen Bedingungen vom Banne los.

4. Ein Gegenkönig, Gregors Tod. Heinrich kehrte nun nach Deutschland zurück. Allein die Buße in Canossa hatte ihm nicht einmal genützt; die Fürsten waren ihm dennoch untreu geworden und hatten den Herzog Rudolf von Schwaben zum Könige gewählt. Zwischen diesem und Heinrich kam es nun zum Kriege. Anfangs schien Rudolf Glück zu haben: schon übersandte ihm der Papst eine Krone und that Heinrich von neuem in den Bann. Bald aber starb Rudolf an einer Wunde, die er in einer Schlacht erhalten hatte. Als man ihm vor seinem Ende die Hand vorzeigte, die ihm im Kampfe abgehauen worden war, sprach er wehmütig: „Das ist die Hand, mit der ich meinem Kaiser Heinrich Treue geschworen habe." — Nach Rudolfs Tode wandte sich Heinrich gegen Gregor. Mit einem mächtigen Heere zog er über die Alpen und eroberte nach langer Belagerung die Stadt Rom. Gregor rettete sich nach Unteritalien, wo er im nächsten Jahre starb.

5. Empörung des jungen Heinrich. So war zwar der Kaiser seines furchtbaren Gegners entledigt, allein er sollte nicht zur Ruhe kommen. Gregors Nachfolger auf dem römischen Stuhle erneuerte gegen ihn den Bann; ja des Kaisers eigner Sohn, der junge Heinrich, lehnte sich wider den Vater auf. Er erklärte: „Einem Vater, auf dem der Bannfluch ruht, bin ich keinen Gehorsam schuldig," und ging darauf aus, sich selbst zum Kaiser wählen zu lassen. Als aber der alte Heinrich mit einem ansehnlichen Heere gegen ihn zog, ward ihm bange: er eilte zu dem Vater, warf sich ihm zu Füßen und bat ihn unter vielen Thränen um Verzeihung. Der Kaiser glaubte den Schwüren des Heuchlers und entließ seine Kriegsleute.

6. Heinrichs IV Ende. Bald aber ward der Verrat offenbar. Der Empörer nahm den wehrlosen Vater gefangen, ließ ihn nach Ingelheim am Rhein bringen und zwang ihn hier, im Palaste Karls des Großen, in Gegenwart mehrerer Fürsten der Regierung zu entsagen. Weder Bitten noch Thränen des Vaters rührten des entarteten Sohnes Herz. Bald darauf starb der alte Kaiser vor Gram- Fünf Jahre noch mußte die Leiche des Gebannten an ungeweihtem Orte über der Erde stehen. Da erst wurde der Bann aufgehoben und der Kaiser feierlich im Dome zu Speyer bestattet- — Mit seinem Sohne, der als Heinrich V. 19 Jahre regierte, starb das Geschlecht der fränkischen Kaiser aus.

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