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Die Beschießung des russischen Kriegshafens Libau

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Fünf deutsche Dampfer „Wilhelm Hemsoth“ aus Emden, „Düsseldorf“ und „Albatros“ aus Bremen, „Prima“ aus Flensburg und „Saxonia“ aus Memel lagen am Abend des 1. August 1914 im Handelshafen von Libau vor Anker.

Während vier dieser Dampfer schon längere Zeit eingelaufen waren, kam der „Albatros“ erst am Samstag den 1. August nachmittags dort an, bekanntlich zu einer Zeit, wo die russische Mobilmachung schon befohlen war.

Man war denn auch nicht wenig erstaunt, trotzdem ein deutsches Schiff noch einfahren zu sehen.

Bei dem Unsicherwerden der Lage wollten die vier schon länger in Libau anwesenden deutschen Schiffe nach ihrer Heimat zurückkehren, was indessen nicht gestattet wurde.

Ein dänischer und ein englischer Dampfer erhielten jedoch die Erlaubnis zur Ausfahrt.

Der Kapitän der „Düsseldorf“ rief denn auch sofort den Kapitän des „Albatros“ an.

„Wie können Sie, nachdem die Kriegsgefahr zwischen russland und Deutschland zugenommen und uns infolgedessen die Behörde die Ausfahrt verbietet, hier noch einfahren?“

Die Antwort lautete: „Habe nichts Definitives gewusst, von See kommend, fragte ich den russischen Lotsen, wie es mit dem Krieg stehe. Der Lotse sagte, alles sei noch ruhig. Daraufhin hatte ich kein Bedenken und fuhr in den Hafen ein.“

Aber die Enttäuschung sollte gleich in Erscheinung treten.

Als der Kapitän des „Albatros“ verlangte wieder abfahren zu dürfen, verweigerte man ihm dies. Obwohl er absichtlich getäuscht worden war, erklärte man Schiff und Mannschaft für kriegsgefangen.

Gleichfalls wurden auch noch einige schwedische Schiffe festgehalten.

Am andern Tag Sonntag morgen schon um 4 Uhr holte man die Besatzung der deutschen Schiffe durch russische Marinesoldaten von Bord.

Sie wurden in das Emigrantenhaus eingesperrt.

Man gab jedem einen Topf und bedeutete ihnen, draußen im Hof sei eine Wasserleitung, da könne jeder nach Belieben sich satt trinken.

Dabei blieb es; den ganzen Tag bekamen die Gefangenen nichts zu essen.

Draußen im Hafen aber wurde von Sonntag früh bis abends gesprengt.

Die Besatzung hatte den Befehl bekommen, alles in Brand zu setzen und in die Luft zu sprengen, ebenso zu fliehen, wenn sich ein deutsches Kriegsschiff zeigen sollte.

Wohl aus Verwirrung oder missverständnis wurde aber die Sprengung gleich nach Eintreffen der Anweisung ausgeführt, obgleich kein deutsches Kriegsschiff gesichtet war.

Die deutschen Dampfer versenkte man in Gemeinschaft von zwei russischen Baggern in den drei Einfahrten zu dem Hafen.

In Brand gesetzt wurden gleichfalls schon am Sonntag vormittag die Kohlenlager nebst den Kriegs- und sonstigen Vorräten.

Es war ein kopfloses Tun und Treiben, das die Furcht vor deutschen Kriegsschiffen nicht gerade mildern konnte.

Sonntag abend zwischen 8 und 9 Uhr verkündeten Rauchsäulen draußen auf der Reede das Nahen des Feindes.

In der Tat da war er auch schon, und zwar der deutsche Kreuzer „Augsburg“.

Durch einen kleinen Wald eine Viertelstunde von der Stadt getrennt, liegt der Libauer Kriegshafen.

Auf ihn eröffnete der Kreuzer „Augsburg“ sofort das Feuer, während die Stadt selbst von der Beschießung verschont blieb.

Die Kriegswerft, die Forts und Leuchttürme an den Hafeneinfahrten wurden zusammengeschossen.

Eine Granate ging etwa 15 Meter vor einem schwedischen Dampfer nieder, aber das Schiff blieb unversehrt, weil sie nicht explodierte.

Die deutschen Seeleute hofften bei dem heftigen Angriff, dass die Besatzung der „Augsburg“ landen und sie befreien würde.

Aber ihr Hoffen war vergebens. Nachdem der deutsche Kreuzer seine Aufgabe gelöst, dampfte er wieder ab.

Dafür durften aber am Montag früh die deutschen Seeleute nach eingetroffener Erlaubnis in die Stadt gehen. Abends 9 Uhr hatten sie wieder im Emigrantenhause zu sein. Wer nicht pünktlich zur Stelle, würde bei Ergreifen ohne Gnade erschossen. Das war nicht misszuverstehen.

Während des ganzen Montags brannten die von dem Kreuzer „Augsburg“ zusammengeschossenen Werftanlagen, sowie die Kohlenlager lichterloh.

In der Stadt Libau befand sich wenig russisches Militär, das mochte wohl auch mit die Ursache sein, dass vier deutsche Matrosen, welche einen gesonderten Trupp bildeten, den Plan bei ihrem Spaziergang durch die Stadt fassten, einen Fluchtversuch zu wagen.

Sie beobachteten jetzt alles scharf. Als ihr Weg sie an die Hafenanlagen führte und zu der Stelle, wo die Dampfer von den Russen versenkt worden waren, verdoppelten sie ihr Spähen und hatten Glück.

In einer der Hafeneinfahrten, an deren Südmole der Dampfer „Saxonia“ zugrunde gehen sollte, hatte die Versenkung nicht das ganze Schiff betroffen.

Es ragte mit seinem Vorderteil noch aus dem Wasser und ein Rettungsboot, das gänzlich unversehrt geblieben war, befand sich darauf. Das war ein günstiger Zufall.

Er konnte die Rettung bringen.

Aber die Dunkelheit musste abgewartet werden. Bei deren Eintreten kurz nach 9 Uhr entkleideten sich die jungen Seeleute eiligst und schwammen behend zum Wrack der „Saxonia“ hinüber.

Sie erreichten es auch unbemerkt und konnten Nachsuchung in dem über Wasser stehenden Teile des Schiffes nach Lebensmitteln und anderen für die Flucht brauchbaren Gegenständen halten, die sich aber nicht vorfanden. Nur ein Kompass war vorhanden, der ihnen willkommen war. Geräuschlos traf das von der „Saxonia“ heruntergleitende Boot alsdann aufs Wasser.

Die Matrosen ruderten ans Land zurück und holten ihre Kleider wieder.

Die Nacht über hielten sie sich im Hafen versteckt; erst am andern Vormittag 11 Uhr bot sich dann günstige Gelegenheit zur unbehinderten Ausfahrt.

Zunächst mit Kurs nach See, hielten sie später der Sicherheit halber mehr der Küste entlang.

Nach Wunsch ging alles vonstatten. Niemand belästigte sie, schien es doch, als sei die ganze Küste ausgestorben.

So senkte sich der erste Abend hernieder, Hunger und Durst stellten sich bei der anstrengenden Fahrt in verschärfter Weise ein.

Zehn Uhr abends konnte man noch in der Ferne den Feuerschein des brennenden Libauer Hafens sehen.

Die Weiterfahrt während der Nacht brachte das Boot noch näher an die Küste heran. Und jetzt wurde es gesichtet.

Es war in der zweiten Stunde, als eine Kosakenabteilung die Flüchtlinge bemerkte und durch den Schein ihrer Laternen genau erkennen konnte.

Ihr Anrufen und Auffordern, an Land zu kommen wurde nicht befolgt, im Gegenteil, die vier Flüchtlinge verdoppelten ihre Anstrengungen, um möglichst rasch die offene See zu gewinnen, weil die Kosaken sogleich von ihren Karabinern Gebrauch machten und nachhaltig eine zwar wirkungslose, aber heftige Beschießung erfolgen ließen.

Nach abermaliger zweistündiger anstrengender Fahrt morgens 4 Uhr war die deutsche Grenze in Sicht.

Dort bot die Grenzstadt Nimmersatt ihnen den rettenden Schutz.

Über Memel und Königsberg, so berichtet der Lübecker Anzeiger, ging dann ihre weitere Beförderung in die Heimat vonstatten.

Die Deutsche Marine aber erhielt am 2. August ein Funkentelegramm des kleinen Kreuzers „Augsburg“ um 9 Uhr abends: „Bombardiere den Kriegshafen Libau, bin im Gefecht mit feindlichen Kreuzern, habe Minen gelegt. Der Kriegshafen Libau brennt.“

Als die „Augsburg“ wieder zur Flotte zurückgekehrt war, erschien Prinz Heinrich von Preußen an Bord und teilte der Mannschaft mit, dass den Kaiser der kecke Handstreich überaus gefreut habe.

Im Kampf ums Vaterland 1914

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