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Warum mögen sie uns nicht?

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Weil wir so anders sind und eine Schwarze als Heilige verehren, fürchten sie sich. Vor allem, was wir tun. Mehr noch vor dem, was wir tun könnten. Mögliches halten sie für wirklich. Entfacht die üble Seite ihrer Fantasie. Sie haben Angst, wir könnten ihre Sitten verderben. Kinder stehlen, Rüben vom Bauernfeld, Schokolade aus Läden. Ertappen sie eine oder einen auf frischer Tat, sperren sie sie ein. Schieben sie ab bei nächster Gelegenheit.

Der ein oder andere von uns wird es getan haben. Weil er drei Tage nichts gegessen hatte oder seinen Kindern Süßes mitbringen wollte. Eine Rômni, die keine Kinder bekommen konnte, mitansehen musste, wie eine Mutter das jüngste ihrer sieben Kinder verprügelte. Wegen nichts und wieder nichts. Bei mir hätte das Kind es besser, denkt sie. Versteckt es rasch unter ihrem Kittel, als seine Mutter im Spirituosenladen, die Türe hinter ihr zugefallen.

Nicht, dass ich solches Tun billige. Aber ich verstehe jede Rômni, die schwach wird. Kinder sind bei uns die Zukunft. Wir päppeln und umarmen sie. Erklären ihnen, was sie tun und lassen sollen. Damit sie ihr Leben meistern, Liebe erfahren und später weitergeben können. Überzeugt, dass nur Liebe die Menschen zu besseren Menschen macht.

Verstehe auch die jungen Roma, die einbrechen, Geld und Schmuck stehlen, um die geliebten Sportschuhe kaufen zu können. Ein Abendessen für die hungernde Familie. Sie dürfen keine Schule besuchen und haben nichts anderes gelernt als herumzulungern und auf Gelegenheiten zu warten. Gäbe man ihnen die gleiche Chance wie Einheimischen, hätten sie keinen Grund mehr, straffällig zu werden. Leider haben sie diese Chance nicht.

Ich weiß, dass Roma auch regelrecht kriminell werden können. Banken überfallen, alleinstehende vermögende Witwen. Kleine Mädchen locken, um sie Bordellbesitzern zu verkaufen. Einzig nur, um Geld in die Hand zu bekommen. Geld, das sie nicht verdienen können wie andere. Weil niemand ihnen Arbeit gibt. Geld aber ist ihr Traum. Die ersten Automobile schon unterwegs mit einem Roma am Steuer. Fahren nach Paris oder Mailand, um unerkannt mit Händlern neue Geldquellen zu erschließen. Gefälschte Kunstwerke oder Drogen verkaufen auf eigenes Risiko. All das Anlass zu heftigem Streit in der eigenen Familie. Mehr aber schadet es dem Ruf aller Roma. Läuft ihnen voraus, sodass wir uns nicht wundern dürfen, dass niemand uns bei sich wohnen lässt.

Also ziehen wir weiter, wohl oder übel. Den schlechten Ruf der Roma im Gepäck, wohl oder übel. Wer will schon dort leben, wo alle ihn verachten? Jeden persönlichen Kontakt vermeiden? Hätten wir nicht Wagen und Pferd, müssten wir zu Fuß gehen. Schuhe aus Eisen tragen, die nie verschleißen. Muskeln aus Kupferdraht in Armen und Beinen, die nicht streiken. Und traben, immer nur traben. Vorwärts irgendwie, ohne festes Ziel vor Augen. Rückwärts sind alle Tore verschlossen. Zigeuner will niemand auf seinen Straßen sehen, in keinem Geschäft. Dulden sie nur für eine Stunde. Als Musikanten auf dem Markt. Auf Festivitäten Geige spielende Sonderlinge. Deshalb müssen wir draußen, vor einer Stadt eine Bleibe suchen, nicht drinnen. Erlaubt nur für eine begrenzte Zeit. Da, wo man uns nicht sieht.

Hört vielleicht bei günstigem Wind eine Geige schluchzen. Harmonika den Ton in die Länge ziehen, als könnte er nicht aufhören. Ich träume, eines Tages werde ich als der Welt bester Geiger ein Schloss besitzen. Und allen Roma, die ich kenne, eine Parzelle meines Grundbesitzes schenken. Die sie ihr eigen nennen können, und ein Haus darauf bauen, zuhause sein. Ihren Kindern einen Hauslehrer besorgen und Vernünftiges lernen lassen. „Heilige Sara hilf mir der beste Geiger zu werden“ bete ich jeden Tag.

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