Читать книгу Liebst Du mich auch? - Patricia B. McConnell - Страница 17
IHR HUND BEOBACHTET SIE
ОглавлениеUnd was ist mit unseren Hunden? Beobachten sie uns und machen sie ihre eigenen Deutungen? Ihr Hund stellt zwar vielleicht keine komplizierten intellektuellen Analysen jeder einzelnen Ihrer Bewegungen an, aber ich vermute, dass der bekannte Trainer und Autor Brian Kilcommons Recht hat, wenn er sagt, dass Hunde brillant darin sind, den Gefühlszustand ihrer Menschen zu erkennen. Was sonst haben sie schon den ganzen Tag lang zu tun, fragt er, als uns mit Adleraugen zu beobachten und buchstäblich in jeder Minute unseren Puls zu fühlen? »Ist sie glücklich?« fragen sich Ihre Hunde vielleicht. »Sauer? Sollte ich lieber rausgehen?« Es leuchtet ein, dass es für Hunde wichtig und relevant sein muss, eine Vorstellung davon zu haben, was wir, ihre Sozialpartner, denken und fühlen. Das heißt ja nicht, dass Hunde uns zu Füßen liegen und sich fragen, ob wir uns fragen, was sie sich gerade fragen. Aber ganz bestimmt ist es für sie vorteilhaft, wenn sie so viel von unseren Gefühlen verstehen, um einzuschätzen, wie das sich auf die unmittelbare Zukunft auswirken könnte (»Oh je, sie sitzt am Computer und hat gerade dieses tiefe Zischgeräusch gemacht, das immer kommt, bevor sie laut und unangenehm zu schreien beginnt. Am besten stehe ich unauffällig auf und gehe mich ins Wohnzimmer legen.«).
Eine tolle Frage, die Sie sich einmal stellen könnten, ist: Wie würde Ihr Hund Ihr Verhalten beschreiben und wie würde er es deuten? Einer der häufigsten Fehler von Hundebesitzern ist, dass sie annehmen, ihr Hund »wüsste«, was sie denken oder fühlen. Oft beruht das auf wenig mehr als nur einem frommen Wunsch, denn nicht einmal ein anderer Mensch kann das erraten. Gehen Sie doch zum Beispiel zu einer beliebigen Hundeschule und Sie werden früher oder später einen schroffen Typen sehen, der seinen Sheltie dafür knufft und klopft, dass er auf Zuruf gekommen ist. Mit tiefer Stimme sagt er »GUTER HUND!« und klopft auf den Hund wie einem guten alten Kneipenkumpel auf die Schulter, während der Sheltie zittert und sich klein macht, weil er das Ganze als Strafe deutet.
Versuchen Sie einmal, sich ein oder zwei Tage lang in die Haut Ihres Hundes zu versetzen und fragen Sie sich, wie der Ihr Verhalten beschreiben würde, wenn er es aufschreiben könnte. (Dem Himmel sei Dank, dass Hunde das nicht können.) Vermutlich ist Ihr Hund im Beobachten wesentlich besser als Sie – wir Menschen achten so stark auf die gesprochene Sprache, dass es uns oft daran hindert, zu sehen, was um uns herum vorgeht. Eine besonders nützliche (und manchmal für uns schmerzliche) Methode, sich selbst mit den Augen des Hundes zu betrachten, ist es, wenn Sie sich von jemandem dabei filmen lassen, wie Sie mit dem Hund umgehen. Wie die meisten Menschen tun Sie wahrscheinlich Dinge, von denen Sie gar nichts wussten. Ihr Hund kennt Sie, aber da Sie ihn nicht fragen können, sind Sie am besten damit beraten, sich so zu betrachten zu versuchen, wie Ihr Hund das tut. Jeder von uns macht gewohnheitsmäßige Bewegungen oder zeigt gewohnheitsmäßige Gesichtsausdrücke, die unsere Freunde eher bemerken als wir selbst. Das ist nicht weiter erstaunlich – schließlich haben wir nicht einen Spiegel vor uns installiert, in den wir den ganzen Tag hineinschauen. Wir sehen uns selbst von innen heraus, aber unsere Freunde und unsere Hunde haben eine ganz andere Perspektive. Sie (und Ihr Hund) können auch davon profitieren, andere Menschen im Umgang mit ihren Hunden zu beobachten und zu versuchen, deren Aktionen mit den Augen der Hunde zu betrachten. Wenn wir uns bemühen, uns selbst einmal mit den Augen unseres Hundes zu sehen, bringt dies mehr, als nur Licht auf das Verhalten unserer eigenen Spezies zu werfen. Es kann uns auch vieles über das Verhalten unserer Hunde lehren, weil vieles davon als Reaktion auf uns geschieht.
2 Ich stelle mir gerade Tulip vor, wie sie auf der Couch liegend rieben einer Reihe von Überwachungskamera-Bildschirmen aus dem Fenster schaut und in ihr Headset spricht: »Kojote am Westtor, Kojote am Westtor.«
3 Luke ist nicht mehr da, er starb an Nierenversagen, aber ich liebe ihn immer noch genauso wie zu seinen Lebzeiten und bringe es noch nicht über mich, »liebte« in der Vergangenheitsform zu sagen.
4 Es war gar nicht meine Absicht, das Wort »sich grämen« in einen Satz über Geflihle einzubauen. Aber das ist mal wieder eine schöne Erinnerung daran, welch zentrale Rolle Geflihle in unserer Existenz spielen.
5 Sie können allerdings bekannte Gesichter wiedererkennen, weil für die Gesichtserkennung ein anderer Gehirnbereich zuständig ist. Nur, ob diese Person glücklich, traurig oder wütend ist, können sie ohne vollständig funktionierende Amygdala nicht erkennen.
6 Manche Menschen argumentieren, dass Tiere zwar diese Gefühle hätten, die Wahrnehmung derselben – die tatsächlichen Gefühle, die mit Wut, Traurigkeit oder Freude einhergehen – aber ohne ein Bewusstsein nicht existieren könnten. Wenn Sie gerne in einen intellektuellen Sumpf eintauchen möchten, der so klebrig und zäh ist wie Zuckeirübensimp, dann beteiligen Sie sich an einer Debatte über das Bewusstsein nicht-menschlicher Säugetiere. Wir werden das später in diesem Buch noch tun (denken Sie daran, Sirup schmeckt süß und nicht alles daran ist schlecht), aber für den Moment bleiben wir besser erst einmal dabei, was wir über Geflihle wissen.
7 Damals war ich verheiratet und hatte der Vereinbarung »nicht mehr als zwei Hunde im Haus« zugestimmt. Heute schlafen sogar die Herdenschutzhimde im Haus. Den Hunden und mir gefällt es so besser, auch wenn mein Wohnzimmersofa nie mehr das sein wird, was es mal war.
8 Biritis Pfleger hatten ihr mit einem Stofftier geholfen, ihre mütterlichen Fähigkeiten zu entwickeln, ganz ähnlich wie kleine Kinder das von ihren Eltern mit Puppen lernen.
9 Wölfe flittern ihre Welpen immer, auch, wenn sie selbst zu verhungern drohen. Löwen dagegen fressen zuerst selbst und lassen ihre Kleinen sterben, wenn nicht genug Nahrung vorhanden ist. Ich liebe meine Katze mehr, als ich sagen kann, aber ich würde mich nicht darauf verlassen wollen, dass sie ihr Leben riskiert, um meins zu retten.
10 Im 19. Jahrhundert sahen die Menschen (zumindest in der westlichen Welt) die Tiere wesentlich stärker als denkende, fühlende Wesen. Romantisierende Tierbeschreibungen waren häufig.
11 Mein Aufsatz wurde angenommen, obwohl mindestens einer der Prüfer meine »unwissenschaflliche« Terminologie ankreidete und riet, die Namen in Nummern umzuändern. Der Chefredakteur, Gott segne ihn, stand auf meiner Seite.
12 Wenn Sie einen unterhaltsamen und interessanten Überblick über die verschiedenen von Wissenschaftlern vertretenen Meinungen zu Gefühlen bei Tieren haben möchten, dann lesen Sie das Buch »The Smile ofa Dolphin: Remarkable Accounts of Animal Emotions« (nur in englischer Sprache erschienen – deutsche Übersetzung des Titels: »Das Lächeln eines Delfins. Bemerkenswerte Berichte von Gefühlen bei Tieren«),
13 Ich habe das Wort »wüten« hier bewusst gebraucht. Die Wissenschaft an sich mag objektiv sein, aber indivduelle Wissenschaftler sind es nicht. Wenn sie unterschiedlicher Meinung sind, werden sie mitunter hitzig, persönlich und in seltenen Fällen sogar körperlich gewalttätig. In einem berühmt gewordenen Vorfall aus den 1970er Jahren schüttete jemand auf einer akademischen Konferenz E. O. Wilson einen Eimer Wasser ins Gesicht, weil dieser menschliches und tierisches Verhalten miteinander in Verbindung gebracht hatte.
14 Im 19. Jahrhundert hatte ein Pferd namens Kluger Hans fast ganz Europa glauben machen, es könne addieren, multiplizieren und dividieren, bis ein Wissenschaftler namens Oskar Pfungst herausfand, dass es auf unabsichtlich gegebene visuelle Signale von Menschen reagierte, die das richtige Ergebnis kannten. In den Literaturangaben finden Sie ein Buch zum Thema »Kluger Hans«.