Читать книгу Almas Rom - Patrizia Parolini - Страница 32

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XXVII

Alma war wütend. Missmutig packte sie Teller um Teller in Zeitungspapier ein. Nach Mutters Willen hätte sie all ihre Schulbücher und Schulhefte in Rom lassen sollen. Das kam nicht in Frage.

«Was willst du im Puschlav damit?»

«Lesen!»

«Alma, du kannst deine Bücher mitnehmen, aber die Schulsachen kommen weg.»

Alma verzog das Gesicht und packte eines der Kristallgläser auf dem Küchentisch, um es ebenfalls in eine Zeitung einzuwickeln.

«Halt, lass die Kristallgläser! Das mache ich. Nimm das Silberbesteck oder die Küchengeräte!»

«Dann nehme ich meine Bücher mit in den Zug!» Alma wollte sich nicht von Antonios meerblauem Buch trennen. Sie hatte erst die ersten Seiten gelesen und wollte wissen, wie es Regina, der Tochter aus dem kleinen Dorf im Veneto, mit dem frisch angetrauten Bräutigam bei ihrer Ankunft in Rom erging.

«Das geht doch nicht! Alma!»

Romeo brachte Tischtücher und legte sie mit dem nicht eingebundenen Arm auf den Tisch.

«Ach, wie mir graut vor dieser Zugfahrt!» Mutter presste eine Hand auf ihren Magen.

«Diamine!» Alma stellte das Glas auf den Tisch zurück und verliess die Küche.

Im Arbeitszimmer waren Kisten, Koffer und Körbe aufgetürmt. Nazzarenas Schlafplatz war fast zugebaut. Sie, deren Ordentlichkeitssinn ohnehin schon arg strapaziert wurde, wagte sich nun nachts kaum noch zu bewegen aus Angst, irgendetwas könnte auf sie hinunterstürzen.

Folco stapelte alle Spielsachen in eine Ecke.

«Und welche lässt du hier?», fragte ihn Alma.

Folco schaute sie mit grossen Augen an und schüttelte den Kopf. «Keine!»

«Hmm!» Alma lachte auf. Sie hörte zia Ludovicas Stimme aus der Küche.

Die Tante war gekommen, um anzugeben, was ihr Sohn übernehmen würde und was nicht. Clemente würde nach ihrer Abreise in die Wohnung einziehen. Seine Verlobte, die noch im Puschlav lebte, würde nachkommen, sobald sie geheiratet hätten. Mutter und zia Ludovica sprachen über die Unmengen von Gegenständen, die nützlichen und weniger nützlichen, die vergessenen und verloren geglaubten, den Staub und den Dreck, die zum Vorschein gekommen waren.

Nazzarena rief aus dem Esszimmer. Sie brauche Hilfe. «Ohimè!», entfuhr es ihr, als Alma ihr half, den schweren Teppich unter dem Tisch hervorzuholen, zusammenzurollen und wegzutragen. Nazzarena war einmal mehr kurz davor, in Tränen auszubrechen.

Die Arme, dachte Alma. Sie wollte nach Gavignano zurückkehren.

Nun versuchte Nazzarena, dem Abschiedsschmerz beizukommen, indem sie ohne Rücksicht auf die Haushaltskasse und mit den verbliebenen Küchenutensilien die Lieblingsspeisen der Kinder zubereitete: Reiskroketten, maccheroni mit Tomatensauce, Eierflöckchensuppe und Erbsen mit Thunfisch, Kirschkuchen und Ricotta-Eis.

Mit zittrigen Händen nahm Cristoforo das gerahmte Hochzeitsfoto von der Wand im Schlafzimmer und entschied sich, die Madonnenstatue hier zu lassen. Dafür sollten die Pendeluhr und das Kruzifix, der Globus, der Nussbaumtisch und der Sekretär aus dem salottino mitkommen. Ihm war schwindlig, er wollte schlafen, doch dafür war es viel zu laut. So flüchtete er sich, wie immer öfter in den letzten Tagen, wenn er keine Kraft zum Helfen mehr hatte, in eine der umliegenden Kirchen. Das Beten beruhigte ihn.

In diesen Tagen kamen die Freunde und Bekannten der Familie vorbei, um sich zu verabschieden. Alma lauschte den Gesprächen der Erwachsenen, hörte die gut gemeinten Ratschläge, mit denen sie die Sorge um Cristoforo überspielten, die Versprechen, dass sie sich bald einmal besuchen würden. In diesen Momenten packte Alma heftige Wehmut, und sie hielt die Tränen nur mit Mühe zurück.

An Allerheiligen ging sie mit der Familie zur Messe in San Giovanni in Laterano, zündete Kerzen an und betete um Schutz und Trost. An Allerseelen, als der Monsignore auf dem Friedhof die Gräber segnete, nahm die Familie Abschied von den Verstorbenen. Auch von Amelia und Alfredino. Als Alma vor den kleinen Gräbern ihrer Geschwister stand, spürte sie ein Reissen in ihrer Brust. Verstört und mit Tränen in den Augen starrte sie auf das schmiedeeiserne Kreuz auf Amelias Grab. Die Fragen, was Sterben bedeutete, was der Tod, waren zu gross für sie. Wo waren nur die Leichtigkeit und Zuversicht geblieben, die sie in der Kirche San Martino ai Monti nach dem Besuch beim Notar gespürt hatte? Gegen den jetzt aufwallenden Schmerz kam sie nicht an.

Sie wandte sich um. Neben ihr stand Romeo. Er nahm ihre Hand und drückte sie fest, während sie schweigend auf den Ausgang des Friedhofs zugingen. Zu Hause angekommen, bangte Alma einmal mehr, ob Antonio sich noch melden würde. Es dauerte nur noch eine Woche bis zu ihrer Abreise!

In der Wohnung stand nichts mehr an seinem Platz.

Almas Rom

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