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Vorbereitung des Aufstands: Pläne, Termine, Anführer

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Als Salmen Gradowski in seinen Aufzeichnungen „Im Herzen der Hölle“ schrieb, die Mitglieder des Sonderkommandos seien so etwas wie eine große Familie gewesen, gab er sicherlich einen Wunschtraum für Wirklichkeit aus. Mit seinem Bericht über die Selektion und den Abschied der Männer will er wohl erreichen, dass das Sonderkommando der Nachwelt so menschlich wie nur möglich in Erinnerung bleibt. Tatsächlich aber war das Sonderkommando bei all seiner Einfachheit ein komplexer Mikrokosmos. Einige seiner Mitglieder wurden von Rachegelüsten und dem Wunsch nach Widerstand getrieben, andere (eine nicht kleinere Gruppe) hingen jedoch an jeder weiteren Stunde ihres Lebens, wiederum andere (und zwar die Mehrheit) waren „ganz apathisch. Ihnen war alles egal. Sie haben niemanden mehr gehabt. Das waren keine Menschen, sondern Roboter.“285

Die „Roboter“ waren als Gruppe ebenfalls gespalten: Es verlief eine natürliche Kluft zwischen den „roboterhaften Hilfsarbeitern“ und den „roboterhaften Funktionshäftlingen“. Letztere hatten schließlich die Aufgabe, die Malocher zur Arbeit zu zwingen – eine Aufgabe, die jede Art von Züchtigung ausdrücklich zuließ. Und da es unter den Oberkapos, Kapos, Vorarbeitern und Blockältesten nicht nur Deutsche und Polen, sondern auch Juden gab, war diese Kluft gewissermaßen auch eine innerjüdische.

Konfliktträchtig war auch die Sprache im Alltag: Griechische und ungarische Juden verstanden in der Regel kein Jiddisch oder Polnisch; die polnischen, litauischen und polnisch-französischen Juden waren des Griechischen, Ungarischen oder des Ladinos nicht mächtig. Wie viele Missverständnisse dies doch mit sich brachte. Es verliefen aber noch andere Spannungslinien durch das Sonderkommando, an denen es einer Zerreißprobe ausgesetzt war. Der Gegensatz zwischen den Aschkenasim und den Sephardim etwa – der wurde auch in der Hölle ausgetragen286. Seinen Höhepunkt erreichte dieser Konflikt sicherlich während der Selektionen: Die Sephardim waren stets die ersten Todeskandidaten, deren Listen zu erstellen eine Aufgabe der Aschkenasim-Kapos war. Auch das Verhältnis zwischen den Polen und den Russen war keineswegs freundlich287. Deshalb kommt es schon einem Wunder gleich, dass es in diesem bunten jüdischen Haufen im Grunde keine Verräter gegeben hat – jedenfalls nicht vor und nicht während des Aufstands288.

Jederzeit verräterfrei war das Sonderkommando jedoch nicht: Denunzianten fanden sich darin oft genug. Wir wissen sehr wenig über das Sonderkommando, das von Gradowski und seinen Leidensgenossen abgelöst werden sollte. Es wurde am 9. Dezember 1942 vollständig liquidiert, auch weil diese Gruppe einen Aufstand beabsichtigt und möglicherweise bereits tatkräftig vorbereitet hatte289. Die Mitglieder jenes Sonderkommandos wurden verraten und hingerichtet – vom Inhalt ihrer Pläne haben wir keine Kenntnis.

Salmen Lewenthal und Filip Müller schreiben über einen Aufstand, der laut Tauber und Müller für einen Freitag Mitte Juni 1944 angesetzt war290. Wohlgemerkt: Dieser von Kaminski ausgearbeitete Plan bezog sich auf eine Zeit und eine Situation, als das gesamte Sonderkommando zusammen in einem eigenen Block mitten im Lager wohnte – im Block 13 nämlich (die Aufspaltung des Sonderkommandos und dessen Verlegung in die Krematorien – von Birkenau isoliert – fanden erst Ende Juni statt)291. Dieser Plan sah folgendermaßen aus: Um vier Uhr nachmittags, noch vor dem Abendappell, fallen 140 Männer des Sonderkommandos in den Krematorien IV und V über ihre sieben SS-Wachen her, töten sie292 und schneiden die Telefonleitung durch. Auf gleiche Weise sollte auch in den Krematorien II und III vorgegangen werden. Dort hatte das Sonderkommando ganze 180 Männer (gegen zehn SSWachen). Wenn dann die Ablösung für die SS-Wachen kam, würden sie auch diese überwältigen und sich ihrer Waffen und Uniformen bemächtigen. In diesem Fall hätten die Rebellen automatische Schusswaffen in die Hände bekommen. Eine wichtige Rolle kam einem Lagerabschnitt zu: dem Effektenlager „Kanada“ (mit der darin befindlichen „Sauna“), das sich zwischen zwei umzäunten Krematoriumsbereichen befand. Dieser Bereich sollte zu einem Epizentrum des Aufstands werden.

Weiter ging der Plan so: Am Abend, wenn die große Postenkette um das Lager herum aufgehoben wird, „eskortieren“ die als SS-Männer verkleideten Aufständischen zehn Häftlinge mit Sägen und anderem Werkzeug ins Lager, wobei sie die Posten auf ihrem Weg mit schallgedämpften Kleinkalibergewehren beseitigen, Telefonleitungen durchtrennen und darüber hinaus die SSMänner der Blockführerstuben liquidieren. Dann ergreift der Aufstand das ganze Lager Birkenau und von dort aus auch das Stammlager. Die Häftlinge greifen ihre Blockführer an, ebenso den Krankenbau und das Frauen- und Männerlager, stecken die Baracken in Brand …

Zugleich schneidet die Gruppe aus dem Krematorium II – wo das Schießpulver aufbewahrt wurde – den Draht ins Frauenlager durch und sprengt alle Krematorien, eines nach dem anderen. Wegen des Stacheldrahts wurden vorher Drahtscheren mit Gummigriffen besorgt, für die Krematorien war Sprengstoff vorgesehen – das Schießpulver. Ausnahmslos jedes Krematorium sollte gesprengt werden. Allen war bewusst, dass die meisten dabei sterben würden. Doch genau so einen Tod wünschte sich jeder – wenngleich mit der Hoffnung im Herzen, der todgeweihten Mehrheit nicht angehören zu müssen und dem Tod durch irgendein Wunder zu entkommen.

Nun kam der Tag, der Termin war auf neun Uhr festgesetzt. Alles war bereit. Um zwei Uhr kam der V-Mann der Polen mit der Nachricht, dass der Termin bestehen bleibe. Doch kurz darauf eine völlig andere Botschaft: „Entwarnung, Kameraden! Wegen unvorhersehbarer Umstände wird alles vertagt. Man muss ein wenig warten.“ Was für ein Schock für alle. Und Ende Juni verlegte Moll dann nahezu alle Mitglieder des Sonderkommandos (außer der Krankenabteilung) unmittelbar auf das Krematoriumsgelände (auf die Dachböden der Krematorien II und III sowie in den Entkleidungsraum des Krematoriums IV). Dadurch wurde alles um ein Vielfaches komplizierter. Die Männer des Sonderkommandos waren nun nicht nur ihren schrecklichen Arbeitsstellen näher, sondern auch vom restlichen Lager vollständig abgekapselt. Den ausgearbeiteten und kurz vor der Verwirklichung stehenden Aufstandsplan konnte man jetzt vergessen.

Spannend ist, dass eine weitere Version dieses vereitelten Aufstands existiert, die von Leon Cohen. Von der soeben geschilderten unterscheidet sich diese durch einige kleinere Details – und durch ein größeres: das Datum, an dem der Aufstand stattfinden sollte. Statt von Mitte Juni ist in dieser Version von Mitte August die Rede293, weshalb sie dann doch als verzerrte Erinnerung verstanden werden müsste. Denn der Umzug aus dem Block in die Krematorien fand ja in jedem Fall Ende Juni statt294.

Diese Version darzulegen, ist dennoch so überflüssig nicht. Schließlich enthält sie zahlreiche Details, die so manch einen Punkt aus der ersten Version in neuem Licht erscheinen lassen – insbesondere die gänzlich andere, sehr viel aktivere Rolle der Häftlinge aus der „Sauna“ und dem „Kanada“-Lager. Demnach wurde der Plan im Sommer ausgearbeitet. Erst war der Aufstand für den 19. August angesetzt worden, dann wurde er auf den 15. vorverlegt. Die erste Etappe: Während der Wachablösung der SS müssen die Wachen im Sektionsraum geknebelt werden. Die zweite: Um 16 Uhr wird der Dampfdruck in der Desinfektionskammer bis zum Anschlag erhöht – dadurch soll das Gebäude explodieren. Die Mitarbeiter von „Kanada“ zünden die Effektenmagazine an, schalten die Telefone ab; ein anderes Kommando schneidet den Draht des Frauenlagers durch und lässt die Frauen frei. Die Verwundeten aus den eigenen Reihen hatte man beschlossen zu erschießen, damit sie den SS-Männern nicht in die Hände gerieten. Leon Cohens Aufgabe war es, mit vier weiteren Männern das Krematorium in Brand zu stecken. Doch am 12./13. August hörten die Männer plötzlich Kanonendonner: Die Russen etwa? So nah? Und wenn dem so ist, dann braucht man sich ja nicht zu erheben! Also verwarfen viele den Plan. Viele, aber nicht alle. Am 15. August dann beorderte die SS, wie Leon Cohen berichtet, die zwei Schichten des Sonderkommandos zum Appell, um es aus ihnen rauszupressen: „Wo sind eure Waffen und die Munition?“ Vier Russen wurden daraufhin abgeführt …295

Es ist eine recht schwierige Aufgabe, das ursprüngliche Datum des geplanten Aufstands zu bestimmen; dabei ist dieses Datum maßgeblich, um die Handlungskette nachzuvollziehen, die zur Erhebung am 7. Oktober 1944 geführt hat. Andreas Kilian hat auf diese Frage eine klare Antwort: Freitag, der 28. Juli. Dabei stützt er sich auf drei Faktoren, die alle an diesem und nur an diesem Tag zusammenfallen: Der Aufstand konnte erst stattfinden, nachdem die Ungarn-Aktion beendet worden war (was bald nach dem 11. Juli passierte); anberaumt wurde er für einen Freitag; und der Aufstand fiel zufällig auf einen Tag, an dem ein Transport aus Majdanek unter sehr starker Aufsicht in Auschwitz ankam296.

Sollte der Transport an der Rampe in Birkenau tatsächlich angekommen sein, haben die Aufständischen aus dem Sonderkommando der Krematorien II und III unter der Leitung des Oberkapos Kaminski ihn bestimmt mit eigenen Augen gesehen297. In solch einem Fall könnte Kaminski von sich aus – ohne die Bitte oder Anweisung der „Kampfgruppe Auschwitz“ – befohlen haben, den Tag des Aufstands zu verschieben. Derweil war eine äußerst heikle Situation entstanden: Viele der Mitglieder des Sonderkommandos, die in die Vorbereitung des Aufstands nicht eingeweiht worden waren, hatten inzwischen davon erfahren, sodass die Gefahr eines Verrats um ein Vielfaches gewachsen war.

Kaminski blieb indes nur eine Woche zum Leben. Am 2. oder 3. August wurde er von Moll persönlich erschossen (der auch eigenhändig seine Leiche verbrannte). Was der Hauptscharführer dem Kapo Kaminski anlastete, war jedoch nicht die Vorbereitung des Aufstands, sondern eines Anschlags auf eine andere SS-Bestie: Erich Mußfeldt298. Einer anderen Version zufolge wurde er im Krematorium II gefasst und ins Krematorium IV verschleppt, wobei man ihn den ganzen Weg lang mit Schlägen malträtierte. Dort wurde er hingerichtet und eingeäschert299. Zu der Zeit wurden in dem Krematorium Sinti und Roma verbrannt, deren Lager am Tag zuvor liquidiert worden war. Der dritten Version (jener von Leon Cohen) zufolge wurde Kaminski am 14. August getötet, just als er das Lagergelände ablaufen wollte, um alle über den erneuten Aufschub zu benachrichtigen.

Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Hinrichtung Kaminskis mit dem Aufstand nicht zusammenhängt. Dass hier ein Fall von Denunziation vorliegen könnte, die dem polnischen Kapo Morawa oder dem Blockältesten Szawinski zugeschrieben wird300, ist durchaus möglich. Doch wie dem auch sei: Die Politische Abteilung war Kaminski offenbar auf der Spur und schlug als Erste zu – jedoch so, dass es den „Arbeitsprozess“ nicht beeinträchtigte (der erste Schlag war der Umzug in die Krematorien; die Septemberselektion war der dritte; eine weitere Selektion im Oktober hätte der vernichtende vierte Schlag sein sollen, fand aber nicht statt).

Kaminski war der wichtigste Stratege und Organisator des Aufstands in den Krematorien. Es half ihm dabei die relativ große Bewegungsfreiheit, die er als Kapo (und zeitweise Oberkapo aller Krematorien) im Lager genoss. Er hatte persönlichen Kontakt zum Frauenlager (nämlich zu Roza Robota), zum polnischen Lageruntergrund301 und über diesen auch zu den Partisanen. Nach Kaminskis Tod gingen die Leitung des Aufstands und dessen Vorbereitung an andere, sehr wahrscheinlich mehrere Personen über – darunter waren mit Sicherheit Gradowski, Dorębus (Warszawski) und Handelsman.

Salmen Lewenthal, ein Mensch mit linksliberalen Ansichten, widmete dem Aufstand und dessen Vorbereitung viele Seiten seines Manuskripts. Besonders emphatisch schreibt er über Josel Warszawski, den er in den Jahren 1920–21 persönlich gekannt hatte, als einen Kommunisten und Arbeiterführer in der Warschauer Gewerkschaftsbewegung. Später zog Josel nach Paris, wo er mit kommunistischen Zeitungen zusammenarbeitete. Lewenthal beschreibt ihn als einen „sehr intelligenten Menschen, der sich durch seinen guten, ruhigen Charakter auszeichnete. Zugleich war er Feuer und Flamme für den Kampf.“ Der Name „Josef Warszawski“ war sein Pseudonym, das er noch zu Zeiten des Klassenkampfs in Warschau zu Konspirationszwecken nutzte. Sein anderer Spitzname war „Josele di mameles“ – „Muttersöhnchen“. Sein echter Name: Josef Dorębus. Geboren wurde er 1906 in Żyrardów.

Sein engster Freund Jankiel Handelsman, ein Damenschneider und ebenfalls Kommunist, wurde 1908 in Leipzig geboren, lebte in Radom, besuchte eine Jeschiwa in Sandomir, weshalb man ihn scherzhaft einen „Sozialisten im Namen Moses“ oder einen „Jeschiwa-Kommunisten“ nannte. Auf der Suche nach Arbeit waren beide 1931 nach Frankreich emigriert. In Paris waren sie als weiterhin polnische Bürger aktive Mitglieder der Gewerkschaftsbewegung jüdischer Migranten und der „Kulturliga“. Während der Besatzung waren beide in der Resistance aktiv, wurden verhaftet und interniert. Am 2. März 1943 wurden sie aus Drancy deportiert und kamen am 4. März in Auschwitz an302.

Zu den besten Männern des Sonderkommandos zählte laut Lewenthal auch Salmen Gradowski. Im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Aufstands spricht Lewenthal zudem über „seine engsten Freunde“, deren Andenken er besonders in Ehren halten möchte: Lejb Langfuß aus Makow, Ajzyk Kalniak und Lajb-Herszko Panicz aus Lomza sowie Josef Deresinski aus Lunna. Pliszko und Sokol halten Gradowski – auf fremden Hinweis allerdings – für den einzigen und wichtigsten Anführer des Aufstands303. Sabotschen nennt noch die Namen Gradowski, Panicz, Jiezkel Rybak und Moshe Sobotka304. Den Namen Henryk Fuchsenbrunner alias Tauber aus Krakau – dieser kannte das Umland von Auschwitz besonders gut – erwähnt Shlomo Dragon305. Im selben Kontext kommt auch der Name Daniel Finkelstein vor306.

Filip Müller nennt zwei weitere Namen: Jukl Wrobel und den des polnischen Kapos Wladek (noch aus der Zeit von Auschwitz I). Dies war ein gewisser Władysław Tomiczek, ehemals polnischer Kommunist. Er war das einzige nichtjüdische Mitglied des Sonderkommandos, dem die Juden vertrauten und den sie in ihre Pläne einweihten. Er war lange Zeit der wichtigste Verbindungsmann zum polnischen Untergrund. Die Gestapo überwachte ihn und beorderte ihn wegen Verdachts auf Kontakte zu den Kommunisten und dem Untergrund zweimal zu sich, in den Block 11 des Stammlagers. Im August 1943 kehrte er zum letzten Mal ins Krematorium zurück, in einem Leichensack307.

Es gibt zahlreiche Zeugnisse über die außerordentliche Bedeutung ehemaliger Militärs – griechischer Juden (unter ihnen waren viele Armeeangehörige) und sowjetischer Kriegsgefangener – bei der Vorbereitung und der Durchführung des Aufstands. Langbein zufolge hatten sich an der Ausarbeitung des Plans zwei griechische Offiziere beteiligt, einer von ihnen war Alessandro (anderen Quellen zufolge Alberto) Errera aus Larisa308. Isaak Kabeli, später Professor an der Athener Universität, nannte auch folgende Namen: Oberst Josef Baruch, Leutnant Josef Levy, Leutnant Maurice Aaron, Yitshak Baruch, Sam Carasso und Yomtov Yakoel. An Baruch erinnert sich auch Yakov Gabai.

Er spricht auch über einen sowjetischen kriegsgefangenen Major (von der Herkunft her Jude) aus dem Krematorium II309. Und Shlomo Dragon berichtet über einen russischen „Oberst“310 und einen Franzosen, der im Spanischen Bürgerkrieg Erfahrungen gesammelt hatte311. Eliezer Eisenschmidt aber spricht über einen sowjetisch-jüdischen Kriegsgefangenen – einen Artilleristen im Dienstgrad eines Majors, der in Stalingrad gekämpft hatte – als über den alleinigen Anführer des Aufstands312. Sein Name ist leider unbekannt geblieben, möglicherweise handelt es sich um N (Nikolai?). Motin ist der einzige sowjetische Kriegsgefangene, dessen Namen Sabotschen in seinem Artikel über den Widerstand in Auschwitz erwähnt313. Zudem gab es noch Filatow, an den sich Eiger erinnerte314.

Lewenthal zufolge kam es mit einem gewissen russischen Major zu einem besonders engen Verhältnis, obwohl der Festigung dieses Verhältnisses etwas im Weg stand. Dass der Organisator des Aufstands ein gewisser sowjetischer Kriegsgefangener aus dem Krematorium II gewesen sei, sagte auch Leon Cohen. Es ist sehr wahrscheinlich so, dass in allen diesen Aussagen ein und dieselbe Person gemeint ist: jener Artilleriemajor, über den auch Eisenschmidt und Gabai sprachen. Sie bemerkten auch, dass außer dem Major drei weitere sowjetische Kriegsgefangene den Aufstand vorbereiteten – ebenfalls ethnische Juden315.

Auffällig ist, dass Lewenthal den Russen genau das vorwirft, was der polnische Untergrund den Juden vorwarf: Mangel an Geduld und politischer Weitsicht, Nachlässigkeit bei der Geheimhaltung, Unfähigkeit, sich an vereinbarte Pläne zu halten, fehlendes Verständnis für das große Ganze. Dennoch schrieb Lewenthal, die Russen hätten es zwar herbeigeführt, dass der Aufstand auf die Art stattfand, wie er stattfand, doch bei alledem seien sie auch dessen beste „Komponente“ gewesen. Im Gegensatz dazu bezeichnet Dov Paisikovic die Russen nicht anders als „nichtsnutzige Säufer“316.

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