Читать книгу Mamas Alzheimer und wir - Peggy Elfmann - Страница 12
2 Wissen wollen, was kommt
Оглавление„Liebe Mama, ich schicke dir ein paar Broschüren und Zeitschriftenartikel. Darin geht es auch um Menschen, die Alzheimer haben. Es gibt sogar Betroffene, die leben weiter alleine zu Hause. Da kommt dann vielleicht mal der Pflegedienst, aber sonst haben die nichts in ihrem Alltag geändert. Schau mal, denen geht es sogar ganz gut. In den Broschüren stehen viele praktische Tipps. Ich habe ein paar Ratgeber von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft bestellt, die lasse ich gleich zu euch schicken. Darin geht es um die Krankheit und die Medikamente, aber vor allem auch um den ganzen rechtlichen Kram mit Vorsorgen und Vollmachten.
Ich habe mir ein Buch von einem amerikanischen Professor gekauft, der an Alzheimer leidet. Das fand ich beeindruckend. Selbst erkrankt sein und noch Bücher schreiben! Meine Kollegin hat mir auch zwei Bücher von zwei Betroffenen gegeben. Ich bringe das alles mit, wenn ich das nächste Mal zu euch komme. Ich habe in den vergangenen Tagen viel über Alzheimer gelesen. Am liebsten würde ich morgens aufwachen und der schreckliche Spuk namens Alzheimer wäre vorbei. Aber was jammere ich … Habe ich überhaupt ein Recht dazu?
Am Anfang war ich geschockt, momentan fühle ich mich einfach nur überfordert. Ich finde es schade, dass ihr so weit weg seid. Ihr fehlt mir und vor allem würde ich euch gerne mehr helfen. Papa kämpft sich durch das ganze bürokratische Zeug und schimpft die ganze Zeit. Aber wenn ich ihm dann anbiete zu helfen und ihn bitte, mir die Unterlagen zu schicken, dann will er nicht. ‚Ich will dich nicht noch mehr belasten, als du es sowieso schon bist‘, hat er gesagt. Wie kann ich euch denn helfen? Ich habe mal durchgerechnet, wie viele Urlaubstage ich für dieses Jahr noch habe. Es sind 14. Die werde ich irgendwie um die Wochenenden legen und die Zeit dann bei euch verbringen. Ihr fehlt mir sehr, und ich würde mich gerne um all die Dinge, die erledigt werden müssen, kümmern.
Ich hätte so gerne einen Masterplan, aber wie soll ich den aufstellen? Wer hilft mir dabei? Zu realisieren, dass du Alzheimer hast, ist immer noch schrecklich. Und die Tipps und Ratschläge von anderen helfen mir auch nicht. ‚Ihr könnt doch noch so viel Zeit zusammen verbringen‘, hat mir jemand gesagt. Ganz ehrlich: Das zählt null! Ich weiß nicht, wie lange diese Zeit ist und ich kann sie nicht genießen, ich habe immer den Zerfall vor Augen. Dieser schleichende Verlust, diese Ungewissheit ist einfach fürchterlich.
Ich freue mich wahnsinnig, dass ihr nächste Woche bei mir seid. Bei mir und meiner kleinen Maus. Ich wünsche mir ein zweites Kind. Trotz all der Trauer wäre das doch ein Hoffnungsschimmer. Ich hoffe inständig, dass ein Baby auch gedeihen kann, wenn seine Mutter manchmal sehr, sehr traurig ist.“