Читать книгу Mamas Alzheimer und wir - Peggy Elfmann - Страница 8
1 Die große Panik
Оглавление„Liebe Mama, wie kann das sein? Wie kannst du – mit 55 Jahren an Alzheimer erkranken? Das ist doch etwas, das nur alte Leute haben. Und nicht du! Du bist jung, du hast mir erst vor einer Weile gesagt, dass du kurz dachtest, du wärst noch mal schwanger. Es waren doch erst die Wechseljahre. Wie kann es sein, dass du Alzheimer hast?
Als Papa mich angerufen und gesagt hat, dass du Alzheimer hast, war es mit einem Mal schwarz in meinem Kopf. ‚Was?‘, habe ich gerufen. Es war Abend, du warst noch im Krankenhaus, schon seit zwei Tagen. Ich dachte, du bist überarbeitet, hast zu viel zu tun und brauchst Ruhe und eine Auszeit – aber ALZHEIMER? Papa hatte gesagt: ‚Peggy, setz dich bitte hin!‘ So ein Quatsch, dachte ich. Was sollte er mir schon sagen? Mich haut so schnell nichts um. Ich als berufstätige Mutter habe doch nie Zeit. Also hing ich weiter die Wäsche auf, während wir telefonierten. Und dann musste ich mich doch setzen. ‚Deine Mutti hat Alzheimer‘, hatte Papa gesagt. Ich hielt ein feuchtes Shirt in den Händen und rief geschockt: ‚WAS?‘ ALZHEIMER. ALZHEIMER. ALZHEIMER. Wie so ein Werbebanner, das die Flugzeuge durch den Himmel ziehen, flog das Wort durch meinen Kopf. Wie kann das sein?
Ich bin fassungslos. Am liebsten würde ich mich in mein Bett legen und einfach nur weinen. Alzheimer, damit verbinde ich Pflegeheim und ein grausames Vergessen. Ich weiß nicht, was ich denken soll. Du sollst Alzheimer haben? Ich kann es nicht glauben.
Am Tag danach bin ich zur Arbeit gefahren, weil ich so verdammt pflichtbewusst bin. Mein Leben hatte sich geändert, aber ich wollte so weitermachen wie immer. Ich ging in mein Büro, setzte mich, schaltete den Computer an. Ging zu meiner Chefin und wollte ihr einen ‚Guten Morgen‘ wünschen, aber dann liefen schon die Tränen. Sie kommen die ganze Zeit einfach so. Eine meiner Lieblingskolleginnen meinte, ich solle meine Kraft für etwas anderes als Weinen aufbewahren. Aber ich komme nicht dagegen an. Ich muss einfach immer weinen. Wieso verdammt noch mal hast du Alzheimer? Du bist doch meine liebe, schöne, schlaue Mama. Halt mich fest und geh nicht weg! Weißt du bald nicht mehr, wer ich bin? Was wird nun aus mir und meinem Leben? Ich wollte doch ein zweites Kind bekommen. Darf ich das jetzt überhaupt, wo du vielleicht bald Pflege brauchst und mich als Tochter? Ich habe Angst vor der Zukunft. Was bringt der Alzheimer? Tief in meinem Herzen ist nun etwas Dunkles und Schweres. Es legt sich über alles andere. Ich glaube, mein Leben wird nie wieder gut.“